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Allein nach unten
Es wird einsam um Donald Trump: Hochrangige Republikaner werfen ihm nach dem Sturm aufs Kapitol öffentlich Verrat vor, immer mehr ehemalige Parteifreunde wenden sich von ihm ab.
WASHINGTON Noch bevor das amerikanische Repräsentantenhaus am Mittwoch zum zweiten Mal innerhalb von 13 Monaten über ein Impeachment Donald Trumps abstimmte, machte Liz Cheney klar, wie sie entscheiden würde. Der Sturm aufs Kapitol, ließ die Republikanerin in einem Statement wissen, müsse die Absetzung des Staatschefs zur Folge haben. „Der Präsident der Vereinigten Staaten hat diesen Mob herbeigerufen und die Flammen des Angriffs entzündet“, schrieb sie. Nie zuvor habe es einen größeren Verrat durch den einen Präsidenten der Vereinigten Staaten gegeben.
Die Abgeordnete aus Wyoming, Tochter Dick Cheneys, des Vizepräsidenten von George W. Bush, gehört zu den Hoffnungsträgerinnen in den republikanischen Reihen. Es gibt Parteifreunde, die 2024 mit ihrer Kandidatur fürs Weiße Haus rechnen. In der Hierarchie der Konservativen im Repräsentantenhaus ist sie die Nummer drei. Nach der Attacke auf das Parlament hatte sie sich tagelang bedeckt gehalten. Doch als Trump vor die Kameras trat und jegliche Verantwortung für die Szenen bestritt, ohne auch nur eine Spur von Reue erkennen zu lassen, war das Maß voll. Cheney brach ihr Schweigen, und dass sie die Amtsenthebung nunmehr in kompromissloser Eindeutigkeit forderte, lässt auf einen Sinneswandel in Teilen ihrer Partei schließen.
Als die Demokraten eine Impeachment-Klage ankündigten, um Trump zu bestrafen, zog es die konservative Parteiprominenz im Großen und Ganzen noch vor, den Fall öffentlich nicht zu kommentieren.
Diejenigen, die sich zu Wort meldeten, äußerten Zweifel: Warum einen Mann seines Amtes entheben, der das Oval Office am 20. Januar ohnehin verlassen muss? Nun aber hat mindestens ein halbes Dutzend republikanischer Abgeordneter angekündigt, dass man sich mit den Demokraten verbünden werde.
Zu ihnen zählt John Katko, ein ehemaliger Staatsanwalt aus dem Bundesstaat New York, der von einem Moment spricht, der ihn ganz einfach zum Handeln zwinge. Würde die Anstiftung zum Angriff aufs Kapitol keine Konsequenzen nach sich ziehen, wäre dies eine Gefahr für die Zukunft der Demokratie, so Katko. Er höre die Argumente von Kollegen, die davor warnten, dass ein Impeachment das Land nur noch mehr spalten würde. „Ich stimme zu. Ich glaube aber auch fest daran, dass ich dem Recht und den Fakten folgen und diesen Präsidenten für seine Taten zur Rechenschaft ziehen muss.“Adam Kinzinger, ein früherer Luftwaffenpilot aus Illinois, sieht es ähnlich. Wenn das, was Trump getan habe, nicht durch ein Impeachment bestraft werde, dann wisse er nicht, was überhaupt ein Impeachment verdiene.
Es ist nicht so, dass die Demokraten angewiesen wären auf diese Stimmen. Mit einer Mehrheit von 222 der 435 Abgeordneten könnten sie auch ohne die Unterstützung der Opposition den Fall an den Senat delegieren, der über Schuld oder Unschuld Trumps befinden müsste. Allerdings wäre ein Zeichen parteiübergreifenden Protests
gegen den Präsidenten symbolisch von enormer Bedeutung. Vor gut einem Jahr, als das House of Representatives schon einmal ein Impeachment-Verfahren gegen Trump einleitete – im Zuge der Ukraine-Affäre –, hielten die Republikaner der größeren Parlamentskammer noch geschlossen zu ihrem Präsidenten. Angesichts der schockierenden Bilder aus dem Kapitol kann davon keine Rede mehr sein. Politiker wie Cheney, Katko und Kinzinger könnten stellvertretend für andere stehen, die sich zwar nicht so weit aus dem Fenster lehnen, aber ebenfalls ausschließen möchten, dass sich der Populist irgendwann zurückmeldet auf der großen Bühne der Politik.
Eine förmliche Amtsenthebung hätte zur Folge, dass Trump nie wieder für ein Bundesamt kandidieren kann, auch nicht 2024 fürs
Weiße Haus. Voraussetzung ist eine Zweidrittelmehrheit im Senat, was bedeutet, dass mindestens 17 republikanische Senatoren mit ihren 50 demokratischen Kollegen zusammengehen müssten. Nachdem dies eine Weile eher unwahrscheinlich aussah, lässt nun eine überraschend klare Aussage Mitch McConnells aufhorchen. Mit Bemerkungen, die er offenbar gezielt an die „New York Times“durchstechen ließ, machte der Chef der republikanischen Senatsfraktion deutlich, dass er sich einen Schuldspruch durchaus vorstellen kann. Trumps Handlungen seien der Amtsenthebung würdig. Mehr noch, er begrüße, dass die Demokraten das Impeachment-Verfahren einleiten. Ein politischer Paukenschlag: Falls es sich McConnell nicht noch anders überlegt, dürften ihm etliche Parteigranden folgen.