Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Bayern-Besieger: Dem Fluch trotzen
Nach Erfolgen gegen den Rekordmeister sinkt Borussias Punkteschnitt. Doch es gibt genügend Beispiele, wie es besser laufen kann.
Nach Erfolgen gegen den Rekordmeister sinkt Borussias Punkteschnitt. Doch es gibt genügend Beispiele, wie es besser laufen kann.
Jonas Meffert von Holstein Kiel hatte vor dem Duell mit dem FC Bayern im DFB-Pokal keine Zweifel an seinen Prioritäten gelassen. „Ich würde lieber beide Punktspiele am Wochenende gewinnen und das Bonusspiel unter der Woche mit 0:10 verlieren“, sagte der 26-Jährige. Wenn man so will, hat davon bislang gar nichts hingehauen. Beim FC St. Pauli, Vorletzter der 2. Bundesliga, holte Kiel am vergangenen Samstag nur ein 1:1. Am Mittwoch dann gelang den „Störchen“die Sensation im Elfmeterschießen: In der zweiten Runde endete für die Bayern der DFB-Pokal so früh wie seit 20 Jahren nicht.
Dass Profis sich Gedanken machen, welchen Einfluss ein Spiel gegen den Rekordmeister im Vorhinein und im Nachgang hat, ist verständlich. Borussia durfte sich in den vergangenen Jahren häufig mit dem „Bayern-Besieger-Fluch“befassen, den es in dieser Zeit erwiesenermaßen gegeben hat. 2018 bereiteten die Gladbacher ihm mit einem 4:0 gegen den FSV Mainz 05 vorerst ein Ende. Zuvor hatten zwölf Bundesliga-Mannschaften nach einem Sieg gegen die Bayern ihr folgendes Punktspiel nicht gewonnen.
Die Regel ist das auch für die Gladbacher nicht, zuletzt haben sie das 2019 leidvoll erfahren. Als Tabellenführer der Bundesliga empfingen sie nach dem 2:1 gegen die Bayern in der Europa League Istanbul Basaksehir, benötigten nur einen Punkt fürs Weiterkommen und schieden nach einem 1:2 in der 89. Minute aus. Drei Tage später verlor Marco Roses Mannschaft durch ein 1:2 gegen den VfL Wolfsburg auch Platz eins in der Liga. Kein Wunder, dass der Trainer vergangene Woche nach dem 3:2 gegen die Münchner sagte, er wolle den Effekt des Erfolges erst „in einigen Wochen“bewerten.
Die nächste Aufgabe heißt Stuttgart, am Samstag um 18.30 Uhr ist Borussia beim VfB zu Gast. „Da müssen wir die Dinge wieder auf den Platz bringen, besonders nach einem Sieg gegen die Bayern, wonach viele Mannschaften in ein Fahrwasser kommen, in dem sie nicht mehr so punkten, wie sie sich das vorgestellt haben“, sagt Rose. Die Konstellation weckt Erinnerungen an den Januar 2012: Auch damals ging es nach einem Sieg gegen die Bayern (3:1) ins Schwabenland, Gladbach gewann 3:0. Den Fünf-Spiele-Block nach dem Bayern-Coup zum Rückrundenauftakt beendete Lucien Favres Team damals mit vier Siegen, einem Unentschieden und 10:1 Toren.
Positiver war der Bayern-Effekt in Borussias Historie nur zweimal: 1977 und 1995. Vor mehr als 43 Jahren gab es nach einem 2:0-Heimsieg gegen Bayern ein 6:0 bei Eintracht Braunschweig, dann ein 5:1 im Landesmeister-Pokal gegen Roter Stern Belgrad, ein 6:1 gegen den 1. FC Saarbrücken, ein 2:1 beim FC Schalke 04 und ein 3:0 im DFB-Pokal gegen den VfL Bochum. Vor gut 25 Jahren trieb die Borussen ihr erster Sieg im Münchner Olympiastadion zu drei Siegen in der Liga und zu zwei Erfolgen im Pokal der Pokalsieger gegen AEK Athen an.
Schaut man sich alle Spiele direkt nach den bislang 25 Siegen gegen Bayern München an, sinkt der Punkteschnitt jedoch. Neun Siege gab es, fünf Unentschieden und elf Niederlagen. Besonders negativ ging es 2015 nach dem Erfolg unter André Schubert weiter. Das 3:1 war das zwölfte Spiel in Folge ohne Niederlage, es folgten vier Pleiten in fünf Partien, darunter das Aus im Europapokal (2:4 gegen Manchester City) und im DFB-Pokal (3:4 gegen Werder Bremen). Einen Zusammenhang kann es kaum geben, aber: 2015 (zweimal), 2017 und 2018 schied Borussia kurz nach ihren Siegen gegen Bayern aus dem Pokal aus. Am 2. oder 3. Februar geht es im Achtelfinale wieder nach Stuttgart.
Die Flow-Voraussetzungen sind da, und es gibt nach diesem Start ins Jahr 2021 keine Gründe, sie nicht zu nutzen. Vor neun Jahren hat Gladbach in Stuttgart gezeigt, wie es geht.