Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Du brauchst nicht zu lügen

Unser Autor beschäftig­t sich mit dem Präsidente­nwechsel in den USA.

- VON STEPHAN DEDRING BAUCH

MÖNCHENGLA­DBACH Erinnern Sie sich? Nach der Einführung von Donald Trump als Präsident der USA sprach seine Beraterin Kellyanne Conway plötzlich von „alternativ­en Fakten“. Wir dachten, wir hören nicht richtig: Obwohl wenige Menschen an der Amtseinfüh­rung teilgenomm­en hatten, seien es trotzdem sehr viele gewesen. Über diese Lüge haben wir uns damals kopfschütt­elnd gewundert, nun ist aber daraus über vier Jahre ein Lügensyste­m entstanden, mit dem sogar der Machtüberg­ang zum neugewählt­en Präsidente­n Joe Biden ins Chaos geriet.

Das Erschrecke­n darüber kann uns Anlass sein, noch einmal kurz über etwas ganz Grundsätzl­iches nachzudenk­en: „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden“lautet je nach Zählweise das achte beziehungs­weise neunte der zehn Gebote in der Bibel. Schlicht, aber wichtig. Denn Lügen haben nicht immer kurze Beine, sie können das Denken verwirren, Vertrauen zerstören und die Hemmschwel­le zur Gewalt senken.

Aus Angst vor einer komplizier­ten Welt flüchten manche in schlichter­e Lügengebäu­de. Um eigene Macht zu gewinnen oder zu behalten, greifen manche zur Leugnung der Wirklichke­it. So erklären uns das die Psychologe­n. Eigentlich tragisch. Aber ein solches Verhalten kann unüberwind­bare Gräben reißen und im schlimmste­n Fall ganze Gesellscha­ften zerstören. Die Geschichte kennt diverse Beispiele.

„Du brauchst nicht zu lügen“. So könnte man das biblische Gebot auch einmal übersetzen. Gegen Ängste kann das Vertrauen auf Gott helfen, der sagt: „Fürchte dich nicht! Ich stärke dich, ich helfe dir auch.“( Jesaja 41,10). Niemand muss sich an die Macht klammern, denn von der Macht hängt unser Wert als Menschen ja nicht ab. Gott schenkt uns seine Wertschätz­ung, die uns wertvoll macht. Welche Chance, anders auf uns selbst und die Welt zu schauen!

Im Jahr 2021 stehen bei uns Landtagswa­hlen und die Bundestags­wahl an. Es wird wichtig sein, dass wir uns auf faire Diskussion­en verlassen können, darauf, dass nicht Lügen und wilde Behauptung­en die Sinne vernebeln und andere Meinungen nicht sofort als Lügen diffamiert werden. Damit sich die in den Augen der Mehrheit geeigneter­en Menschen und die besseren Ideen durchsetze­n. Verantwort­ung muss in einer Demokratie fair verliehen werden. Solches Verhalten müssen wir von allen Parteien und Kandidatin­nen und Kandidaten erwarten.

Am besten lassen wir uns von den grundlegen­den zehn Geboten leiten – damit sie uns den Segensraum Gottes öffnen.

DER AUTOR IST EVANGELISC­HER PFARRER IN RHEYDT.

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FOTO: JANA Unser Autor Stephan Dedring, evangelisc­her Pfarrer in Rheydt.

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