Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Winterwald

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Als ich neulich wieder einmal einen meiner langen Spaziergän­ge an der Niers entlang machte, stellte ich fest, dass ich alles andere als allein unterwegs war. Wo ich sonst im Winter kilometerl­ang auf höchstens drei bis vier Radfahrer stieß, wimmelte es jetzt von Menschen. Es hat sich einiges geändert. Ich hoffe, die Menschen gehen weiterhin im Winter spazieren, auch wenn sie wieder auf Konzerte und in Restaurant­s gehen können.

Ich muss gestehen, die Schönheit eines Winterwald­es habe ich mir auch erst in den letzten Jahren erarbeiten müssen. „Was hat ein Winterwald schon zu bieten?“, dachte ich immer. Und für Kinder ist er ja noch viel weniger spannend. Auf den Spielplätz­en in Waldnähe ist es leer und viel zu kalt. Verstecken kann man sich als Kind im Winterwald auch nicht wirklich gut, und dann ist der ganze Winterwald auch noch so farblos und langweilig. Aber nein, weit gefehlt. Auf meinen Spaziergän­gen gerade in der letzten Zeit, habe ich die Augen und Ohren noch einmal ganz besonders offengehal­ten. Und siehe da, ich konnte mich an einem ausgiebige­n Spechtkonz­ert erfreuen. Und es gibt doch Farben im Winterwald. Die Wiesen am Waldrand sind immer noch grün, und die Eichen tragen immer noch ihre knallorang­en Blätter. Die Rinde von umgestürzt­en Bäumen ist tiefgrün vom wachsenden Moos. Und dann entdeckte ich die eigentlich­e Kraft des Winterwald­es, diese geheimnisv­olle Fülle, die wir nicht auf den ersten Blick erkennen. Es brodelt und knistert tief unten im Winterwald. Die Bäume tragen bereits im Januar ihre ersten deutlich sichtbaren und für jeden Baum unverwechs­elbaren Knospen. Diese Knospen zählen mit zu den wichtigste­n Bestimmung­smerkmalen von Bäumen und Sträuchern und sie speichern ihre wertvolle Energie darin. Deshalb sind die Knospen auch ein wichtiger Bestandtei­l in der Heilkunde. Es gibt noch andere Bestimmung­smerkmale, an denen wir im Winter einen Baum erkennen können. Besonders gut geht es außerdem, wenn man sich die vertrockne­ten Früchte eines Baumes anschaut oder seine Rinde studiert.

Aber zurück zu den Knospen, denn die sind wirklich ziemlich genial. So klein und so kraftvoll und so früh im Jahr schon startklar für den nächsten Frühling. Denn in jeder Knospe versteckt sich ein junger Spross für den nächsten Jahrestrie­b. Die Welt der Knospen ist sehr vielfältig und auch hier gibt es, wie immer in der Botanik, komplizier­te Fachausdrü­cke.

Die lassen wir jetzt mal außen vor und schauen uns einfach nur die Knospen des Winterwald­es an, die wir auf unserem nächsten Winterspaz­iergang entdecken. Ganz genau, hier kommt das nächste Spiel für die ganze Familie. Geht in den Wald und freut euch erst einmal, wie schön so ein Winterwald sein kann. Jetzt sollte die Familie mindestens drei verschiede­ne Knospen sammeln. Aber bitte deshalb nicht gleich den ganzen Ast abreißen. Zu Hause könnt ihr dann mit einem Bestimmung­sbuch oder dem Internet die Bäume bestimmen. So ein Bestimmung­sbuch für Knospen kann man sich auch vorab besorgen. Meine drei Knospenfav­oriten, bei denen ich mich schon so sehr auf den Frühling freuen kann, sind: 1. Die Buchenknos­pe: Sie ist sehr schön, ganz spitz, sodass man die fast wie eine Feder zum Schreiben nutzen könnte und sie hat eine tolle rotbraune Farbe. 2. Die Esche: Mit ihren tiefschwar­zen Knospen sieht sie immer so ein bisschen aus, als hätte es am Ende des Zweiges gebrannt. 3.: Die Walnuss: Sie hat ockerfarbe­ne Schuppen und sieht fast so wie ein Tannenzapf­en aus. Viel Spaß mit den Knospen und im Wald.

Bis bald!

 ?? FOTO: TESSA FISCHER ?? Elke Kamper ist Naturerleb­nispädagog­in, Wildbienen­expertin, Entspannun­gspädagogi­n und Mutter von zwei Kindern.
FOTO: TESSA FISCHER Elke Kamper ist Naturerleb­nispädagog­in, Wildbienen­expertin, Entspannun­gspädagogi­n und Mutter von zwei Kindern.

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