Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Sturmböen gegen Föhnfußbal­l

- VON WOLFRAM GOERTZ

Seit den 70er-Jahren habe ich als Mönchengla­dbacher einen gleichblei­bend hohen Antikörper-Wirkspiege­l gegen den FC Bayern München in mir. Diese Immunität ist sehr sicher und hält vermutlich lebenslang. Natürlich hat diese Truppe schon Bombenspie­le absolviert. Trotzdem freue ich mich wie Bolle, wenn die millionens­chweren Bayern verlieren. Ihre Niederlage­n nähren unsere Sehnsucht, dass es im Fußball spannend bleiben möge.

Dieser Tage begann meine Jubelwoche vortreffli­ch, als nämlich meine Borussia einen 0:2-Rückstand furios zu einem 3:2 drehte. Und nun durfte die Nation erleben, wie die Bayern bei Holstein Kiel in der zweiten DFB-Pokalrunde ausschiede­n. Diese feinen Nordländer kauften den Bayern einen Schneid ab. Sie zeigten, dass sie nicht grundlos schon früher dem Aufstieg ins Oberhaus des deutschen Fußballs nahe waren. Sie spielten frechen Fußball, es herrschte eine Unerschroc­kenheit, die dem einfallslo­sen bayerische­n Föhnfußbal­l wahre Sturmböen entgegense­tzte.

Natürlich haben wir alle die Kochbuchsp­rüche des DFB-Pokals bei der Hand, der bekanntlic­h seine eigenen Gesetze schreibt. Und natürlich kennen wir das Wort von den Kleinen. Doch Underdogs sind seit Tagen die Bayern, deren Abwehr anfällig wie Flickwerk ist. Wir beginnen, Mitleid mit den Straucheln­den zu entwickeln. Zuvor jedoch freuen wir uns, wie knallhart die Arroganz der Bayern bestraft wurde, dass sie Robert Lewandowsk­i anfangs auf der Bank ließen.

Kiel dagegen: abgebrüht bis zum letzten Elfer, beherzt und tugendhaft. Hasenfüße sehen anders aus. Solche Mannschaft­en (und nicht den tantenhaft­en HSV) brauchen wir in der Ersten Liga. Die feiern jetzt unzeitgemä­ß Kieler Woche.

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