Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Psychiaterin: Fabios Mutter wünschte sich ein „Bilderbuch-Glück“
MÖNCHENGLADBACH (eva/gap) Auch die Mutter des getöteten Jungen Fabio (5) ist schuldfähig. Das sagte eine forensische Psychiaterin am Freitag im Totschlag-Prozess. Die 23-Jährige weise zwar Merkmale auf, die auf Lernbehinderung hinweisen, sie sei aber durchaus in der Lage, aus Handlungen und Beobachtungen Schlüsse zu ziehen.
Der kleine Fabio (5) starb an massiven Misshandlungen. Beinahe alle
Körperteile des Jungen sollen laut Rechtsmediziner Verletzungen aufgewiesen haben. Verursacht haben soll sie der Lebensgefährte der Mutter, der wegen Totschlags vor Gericht steht. Die Mutter muss sich wegen Totschlags durch Unterlassen verantworten. Sowohl die 23-Jährige als auch ihr gleichaltriger Freund hatten stets behauptet, die Verletzungen rührten von einem Sturz des Kindes aus dem Hochbett.
Die Psychiaterin bezeichnete die Angeklagte als formal offen und zugewandt, ansonsten aber äußerst verschlossen. Sie sei oft ausweichend. Im Gespräch mit ihr sei die 23-Jährige immer wieder in lautes Schluchzen ausgebrochen. Sie habe laut geklagt, dass sie sich nicht von ihrem Sohn habe verabschieden können und dass sie ja von nichts wüsste, obwohl sie die Misshandlungsspuren wahrgenommen haben müsse. Die Angeklagte habe eine Neigung, sich Dinge schön zu reden. „Sie hatte den naiven Wunsch von einem Bilderbuch-Glück“, sagte die Expertin.
Dem Angeklagten habe sie alles recht machen wollen, sagte die Psychiaterin. So habe sich die 23-Jährige einmal sogar Geld geliehen, damit sie ihrem Freund Drogen kaufen konnte. „Ohne Kiffen“sei ihr Lebensgefährte aggressiv gewesen, habe die Angeklagte berichtet. Sie habe Angst gehabt vor seinen Wutausbrüchen.
Zur Lebensplanung der 23-Jährigen habe nicht gehört, einen Job zu finden, ihr sei wichtig, einen Mann an ihrer Seite zu haben. Ihr Denken: „Die Frau macht es ihm schön, damit er bleibt.“Die Gutachterin: „Sie hat ein starkes Bedürfnis nach einer Familie in voller Harmonie – wie in der Werbung.“Gleichzeitig sei da die
Scham gewesen, weil vieles in ihrer Realität da nicht hineinpasst. Deshalb habe sie dies auch von äußeren Kontrollinstanzen ferngehalten – wie zum Beispiel durch einen Arztwechsel.
Die 23-Jährige sei grundsätzlich in der Lage, Kinder liebevoll zu erziehen. Fabios Mutter sei aber mit ihrer Lebensform überfordert gewesen. Den Verlust ihres Sohnes sei für sie schmerzlich gewesen.