Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Digital ist relativ – Netzwerken als Chance
An manchen Schulen verzweifeln Lehrer, Schüler und Eltern am Distanz-Unterricht. An anderen Schulen ist man relativ entspannt – weil die Ausstattung stimmt oder man sich mit kreativen Lösungen vorbereitet hat. Der Blick über den Tellerrand könnte helfen.
Es klingt wie ein Traum: Fast alle Schüler sind mit personalisierten digitalen Geräten in Form von Tablets ausgestattet, sie können auf eine gut funktionierende Lernplattform zugreifen, der Umgang mit alldem ist von allen Seiten eingeübt. Eingeführt wurde das nicht hopplahopp mit dem Zwang zu Distanz-Unterricht in der Pandemie, sondern über Jahre, einem Medienentwicklungsplan folgend. Das spielt sich nicht in einem seit Jahren durchdigitalisierten Vorzeige-Staat wie Estland ab, sondern mitten in NRW, etwa 60 Kilometer von Mönchengladbach entfernt, nämlich in Monheim.
Jetzt wird mancher in unserem Rathaus mit den Augen rollen und betonen, dass Monheim schuldenfrei und Mönchengladbach hochverschuldet sei, deshalb weniger Spielraum habe. Das stimmt. Aber auch hier wird bereits seit Jahren über Digitalisierung in Schulen gesprochen, vieles geplant, manches auch schon auf den Weg gebracht. Aber es wirkt doch etwas unsortiert. Corona warf ein Schlaglicht auf die digitalen Schwächen und verpassten Chancen. Das ist im Übrigen keine Mönchengladbacher Spezialität, sondern in vielen anderen, auch weit größeren und reicheren Städten ebenso. Von jetzt auf gleich lässt sich das schwer ändern. Und so müssen Schüler, Lehrer und Eltern das jetzt zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate ausbaden.
Doch kommen wir zu den Lichtblicken. Hunderte Tablets sind inzwischen eingetroffen. Es gibt Schulen, die ohnehin schon digitaler aufgestellt waren und die Sommermonate genutzt haben, um das noch zu vertiefen. Es gibt auch Schulen, in denen sich Leitung und Lehrerkollegium im ersten Lockdown
mit kreativen Ideen geholfen haben, um ihre Schüler bestmöglich zu erreichen, und die trotz nicht allzu optimaler Ausstattung die Erfahrungen aus dem Frühjahr in Konzepte für jetzt übersetzt haben. Es ist sehr wahrscheinlich, das noch hunderte gute Ideen durch Mönchengladbach schwirren. Auch von Eltern, die ihre Kinder zu Hause unterrichten müssen.
Was lässt sich daraus lernen? Eine Menge. Denn wie bei den meisten Dingen im Leben muss nicht jedes Mal das Rad neu erfunden werden. Gut abgeschaut und kopiert, kann auch helfen. Außerdem sind in Mönchengladbach viele digital kompetente Akteure unterwegs. Der Haken: Man muss von all dem erfahren. Wichtig wäre jetzt also, sich zu vernetzen, um die unterschiedlichen Erkenntnisse, Ideen und Möglichkeiten möglichst vielen Beteiligten – Lehrer,
Schulleiter, Eltern – zugänglich zu machen. Eine Plattform des Austauschs. Selbstverständlich digital. Denn das persönliche Netzwerken wird uns noch auf Wochen verwehrt bleiben.
Da trifft es sich gut, dass im Rathaus seit November mit Felix Heinrichs ein nicht nur junger, sondern auch digital-affiner Oberbürgermeister sitzt. Wer einmal in seinem Büro war, weiß, dass Papier dort nicht zu finden ist, dafür aber ein gut ausgestatteter digitaler Schreibtisch. Im Wahlkampf hat Heinrichs „Mehr Mut“versprochen, der ist zum Beispiel für die Schulen jetzt nötig. Dazu noch eine Portion Kreativität fern von Formalien.
In Monheim ist übrigens Daniel Zimmermann der Chef im Rahaus. 2009 war er der jüngste Bürgermeister von Nordrhein-Westfalen. Damals noch in einer verschuldeten Stadt ohne digitale Schulen.