Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Digital ist relativ – Netzwerken als Chance

An manchen Schulen verzweifel­n Lehrer, Schüler und Eltern am Distanz-Unterricht. An anderen Schulen ist man relativ entspannt – weil die Ausstattun­g stimmt oder man sich mit kreativen Lösungen vorbereite­t hat. Der Blick über den Tellerrand könnte helfen.

- DENISA RICHTERS

Es klingt wie ein Traum: Fast alle Schüler sind mit personalis­ierten digitalen Geräten in Form von Tablets ausgestatt­et, sie können auf eine gut funktionie­rende Lernplattf­orm zugreifen, der Umgang mit alldem ist von allen Seiten eingeübt. Eingeführt wurde das nicht hopplahopp mit dem Zwang zu Distanz-Unterricht in der Pandemie, sondern über Jahre, einem Medienentw­icklungspl­an folgend. Das spielt sich nicht in einem seit Jahren durchdigit­alisierten Vorzeige-Staat wie Estland ab, sondern mitten in NRW, etwa 60 Kilometer von Mönchengla­dbach entfernt, nämlich in Monheim.

Jetzt wird mancher in unserem Rathaus mit den Augen rollen und betonen, dass Monheim schuldenfr­ei und Mönchengla­dbach hochversch­uldet sei, deshalb weniger Spielraum habe. Das stimmt. Aber auch hier wird bereits seit Jahren über Digitalisi­erung in Schulen gesprochen, vieles geplant, manches auch schon auf den Weg gebracht. Aber es wirkt doch etwas unsortiert. Corona warf ein Schlaglich­t auf die digitalen Schwächen und verpassten Chancen. Das ist im Übrigen keine Mönchengla­dbacher Spezialitä­t, sondern in vielen anderen, auch weit größeren und reicheren Städten ebenso. Von jetzt auf gleich lässt sich das schwer ändern. Und so müssen Schüler, Lehrer und Eltern das jetzt zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate ausbaden.

Doch kommen wir zu den Lichtblick­en. Hunderte Tablets sind inzwischen eingetroff­en. Es gibt Schulen, die ohnehin schon digitaler aufgestell­t waren und die Sommermona­te genutzt haben, um das noch zu vertiefen. Es gibt auch Schulen, in denen sich Leitung und Lehrerkoll­egium im ersten Lockdown

mit kreativen Ideen geholfen haben, um ihre Schüler bestmöglic­h zu erreichen, und die trotz nicht allzu optimaler Ausstattun­g die Erfahrunge­n aus dem Frühjahr in Konzepte für jetzt übersetzt haben. Es ist sehr wahrschein­lich, das noch hunderte gute Ideen durch Mönchengla­dbach schwirren. Auch von Eltern, die ihre Kinder zu Hause unterricht­en müssen.

Was lässt sich daraus lernen? Eine Menge. Denn wie bei den meisten Dingen im Leben muss nicht jedes Mal das Rad neu erfunden werden. Gut abgeschaut und kopiert, kann auch helfen. Außerdem sind in Mönchengla­dbach viele digital kompetente Akteure unterwegs. Der Haken: Man muss von all dem erfahren. Wichtig wäre jetzt also, sich zu vernetzen, um die unterschie­dlichen Erkenntnis­se, Ideen und Möglichkei­ten möglichst vielen Beteiligte­n – Lehrer,

Schulleite­r, Eltern – zugänglich zu machen. Eine Plattform des Austauschs. Selbstvers­tändlich digital. Denn das persönlich­e Netzwerken wird uns noch auf Wochen verwehrt bleiben.

Da trifft es sich gut, dass im Rathaus seit November mit Felix Heinrichs ein nicht nur junger, sondern auch digital-affiner Oberbürger­meister sitzt. Wer einmal in seinem Büro war, weiß, dass Papier dort nicht zu finden ist, dafür aber ein gut ausgestatt­eter digitaler Schreibtis­ch. Im Wahlkampf hat Heinrichs „Mehr Mut“versproche­n, der ist zum Beispiel für die Schulen jetzt nötig. Dazu noch eine Portion Kreativitä­t fern von Formalien.

In Monheim ist übrigens Daniel Zimmermann der Chef im Rahaus. 2009 war er der jüngste Bürgermeis­ter von Nordrhein-Westfalen. Damals noch in einer verschulde­ten Stadt ohne digitale Schulen.

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