Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Das Museum Abteiberg feiert das Beuys-Jahr
Zum 100. Geburtstag des weltberühmten Künstlers will das Haus am Abteiberg besondere Akzente setzen. Derweil wartet die Ausstellung von Hiwa K wegen des Lockdowns vergeblich auf Zuschauer. Ein Film über ihn, der sich mit Fremdheit beschäftigt, ist auf der
MÖNCHENGLADBACH Noch ist es still im Museum Abteiberg. Wie in allen Kultureinrichtungen. Dabei hat sich das Team um Direktorin Susanne Titz viel vorgenommen für dieses Jahr, das im Zeichen des berühmten wie umstrittenen Aktionskünstlers Joseph Beuys steht. Mit zwei besonderen Ausstellungen will das Museum das Beuys-Jahr begehen und dabei nicht in einer Retrospektive stecken bleiben. Doch auch abgesehen vom „heiligen Jupp“hält das Museum für bildende Kunst des
20. und 21. Jahrhunderts feine Ausstellungen parat – wenn die Pandemie-Lage es denn zulässt.
Noch bis Anfang Mai soll die Ausstellung „All Cities have destruction in common“(Allen Städten ist die Zerstörung gemein) des irakischen Künstlers Hiwa K gezeigt werden. „Wir haben uns im letzten Jahr gut auf die neuen Herausforderungen vorbereitet“, sagt Susanne Titz. Durch eine „glückliche Planung“konnte die Ausstellung verschoben werden. Eigentlich wäre im November vergangenen Jahres Eröffnung gewesen. Hiwa Ks Arbeiten und Filmprojekte sind derzeit im Museum aufgebaut – ungesehen wegen des Lockdowns.
„Im Moment geht es noch darum, zu signalisieren: „Bleibt zu Hause!“, sagt Susanne Titz. Aber sie ist optimistisch: „Sie und wir wollen wieder Kultur.“Derweil ist der Film „View From Above“(2017) von Hiwa K auf der Homepage des Museums zu sehen: eine Kamerafahrt über das Trümmermodell von Kassel 1945, die von einem Audio begleitet wird, das von den Tests der Ortskenntnisse bei Asylbewerbern aus unsicheren Zonen handelt. Durch die Kombination entsteht eine düstere und absurde Erzählung, denn der kurdisch-irakische Exilant Hiwa K thematisiert gern die Fremdheit.
Ab dem 3. Juni – der Lockdown ist dann hoffentlich deutlich gelockert – wirft der große Beuys zu seinem 100. Geburtstag lange Schatten. Mit zwei Projekten will das Museum Abteiberg die Beuys-Zeit und die Gegenwart zueinander in Bezug setzen und auch an die besondere Beziehung von Beuys und Mönchengladbach erinnern.
Unvergessen ist die erste große Museumsausstellung von Beuys 1967, zu der Museumsdirektor Johannes Cladders einlud – damals noch ins Städtische Museum auf der Bismarckstraße. Vier Jahre später hinterließ Beuys die „Exit“-Spur auf dem Portal der Münsterkirche. Nach der Eröffnung des Museums auf dem Abteiberg zog er eine neue Spur auf die gegenüberliegende Mauer: „Haus Zoar muss bleiben“.
Doch das Museum will nicht einfach erinnern, sondern den Beuys’schen Blick auf die Welt fortsetzen. „Beuys hat immer auch Institutionskritik betrieben. Jetzt geht es um Fragen wie: Was ist die Aktualität des Museums? Was ist anders geworden? Woran äußern wir jetzt Kritik?“, erklärt Titz.
Unter dem Motto „Institutionskritik – Das Museum als Ort der permanenten Konferenz“zeigt das Museum zwei Ausstellungen vom 3. Juni bis 24. Oktober: eine Einzelausstellung mit der in London lebenden Künstlerin Ghislaine Leung sowie eine Archivausstellung mit Dokumenten von Joseph Beuys aus der Sammlung des Archiv Andersch mit Materialien zu Fluxus und weiteren Künstlern der 1960er- bis 1980er-Jahre.
Die Einzelausstellung von Ghislaine Leung umfasst Arbeiten, die das Museum in Auftrag gegeben hat. Susanne Titz kuratiert die Ausstellung selbst.
Das zweite Beuys-Projekt reflektiert die Arbeit der Museumsfachleute hinter den Kulissen. Dabei gehe es um die neuen, heutigen Aufgaben des Museums. Seit dem Erwerb der Sammlung und des Archivs Andersch beschäftigen sich Filicia Rappe und Denise Wegeer vom Museum Abteiberg damit, den Bestand zu inventarisieren und eine langfristige Präsentation vorzubereiten. Die Sammlung umfasst auch Arbeiten und Dokumente von Joseph Beuys.
Was sonst noch anliegt im Museum: In zwei Präsentationen, 18. März und 16. September, wird die Schenkung von sechs Werken von den Kunstwerken, unterstützt durch die Julia Stoschek Collection und der Sammlerinitiative Outset-Germany Switzerland vorgestellt.
Am Ende des Jahres, ab 12. Dezember, steht der Schauraum Provenienzforschung im Mittelpunkt. Das Museum Abteiberg erforscht bereits seit vielen Jahren die Herkunft seiner Sammlung.
Kunstvermittlung steht 2021 ebenfalls hoch im Kurs. „Das schönste Klassenzimmer der Stadt“heißt ein Projekt. Das Museum soll dabei – auch ganz im Sinne seines Architekten Hans Hollein – offen sein und soll als Klassenzimmer genutzt werden.
Für die Erwachsenen solle es Ausstellungsgespräche, Lesungen, Filmvorführungen, Performances oder Konzerte begleitend zu den Ausstellungen geben. Die MG-Artfriends sprechen mit ihrem „dritten Donnerstag“vor allem junge Erwachsene an.
Durch die Corona-Pandemie seien neue Formate vor allem auch im Freien entstanden, sagt Titz. Es gibt Planungen, den Skulpturengarten zu einem Veranstaltungsort für die freie Szene zu entwickeln. So sei man auch vorbereitet, wenn es weiterhin Corona-Beschränkungen gibt, sagt die Museumsdirektorin.
„Sie und wir wollen wieder Kultur“
Susanne Titz Museumsdirektorin