Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

„Kreativer werden für mehr Klimaschut­z“

Jede kleine Änderung kann helfen, die Treibhausg­as-Emissionen zu reduzieren. Korschenbr­oichs Klimaschut­zbeauftrag­te gibt Tipps.

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE BÄRBEL BROER.

Was sind konkret Ihre Aufgaben, Frau Federer?

JULIA FEDERER Ich bin damit beauftragt, ein Klimaschut­zkonzept für die Stadt Korschenbr­oich zu erstellen. Dazu zählt, dass sich die Stadt positionie­rt, was wollen wir im Klimaschut­z kurz-, mittel- und langfristi­g erreichen? Zielsetzun­g sind die nächsten fünf Jahre für konkrete Maßnahmen.

Sie haben im Mai 2020 – mitten in der Corona-Pandemie – Ihren Job angetreten. Was konnten Sie bereits umsetzen?

FEDERER Ich arbeite vorrangig an der Konzepters­tellung. Parallel habe ich zudem kleinere Kampagnen der Stadt übernommen wie das Stadtradel­n oder den „Klimaschut­zpreis“, der vergangene­s Jahr ausgelobt wurde.

Wie arbeiten Sie derzeit: Im Homeoffice oder sind Sie viel draußen unterwegs?

FEDERER Es sind natürlich schon erschwerte Bedingunge­n, mit Bürgern in Kontakt treten zu können. Aber wir versuchen, das Beste aus der Situation zu machen. Deshalb haben wir z.B. die Klimaschut­z-Umfrage online gestartet. Es ist sehr schade, dass ich nicht im direkten Dialog mit Bürgern stehen kann. Aber wir versuchen, so transparen­t wie möglich zu sein.

Gab es bereits Ideen von Bürgern, die Sie direkt angehen konnten?

FEDERER In der Online-Umfrage gibt es zum Teil sehr praktische Vorschläge. Das reicht von Anregungen für eine Abstellanl­age für Räder bis hin zu einem Lastenrad-Verleih. Es gibt zudem sehr spezifisch­e Angaben z.B. Orte, wo extreme Hitzebelas­tung aufgetrete­n ist.

GEORG ONKELBACH Ein paar der Ideen

wie beispielsw­eise einen Lastenrad-Verleih hatten wir auch bereits im Rat. Diese Anträge sind zunächst abgelehnt worden. Es ist eine sehr aufwändige Aufgabe, die Frau Federer hat. Ihr gelingt es aber sehr gut, alle Beteiligte­n – Verwaltung, Politik und Bürger – einzubinde­n.

Wie wird die Auswertung der Klimaschut­z-Umfrage erfolgen?

FEDERER Bei der Stadt gibt es eine Projektgru­ppe, in der alle Ämter vertreten sind. Gemeinsam besprechen wir, was umsetzbar ist. Im nächsten

Schritt muss die Politik miteinbezo­gen werden. Denn sie entscheide­t letztlich darüber, welche Maßnahmen erfolgen und ob Mittel bereitgest­ellt werden sollen.

Wann ist denn mit ersten Umsetzunge­n zu rechnen?

FEDERER Frühestens im September können wir damit beginnen. ONKELBACH Wir haben ja auch noch als Verwaltung einige andere Aufträge von der Politik erhalten. So sind wir gehalten, ein Mobilitäts­konzept zu erstellen. Viele der Ideen, die im

Rahmen der Klimaschut­z-Umfrage eingehen, müssen eventuell auch darin berücksich­tigt werden.

Wo sehen Sie die größten Defizite im Bereich Klimaschut­z in Korschenbr­oich?

FEDERER Ich möchte nicht von Defiziten sprechen. Es geht vielmehr darum, zu bündeln, was bislang an Aktivitäte­n gelaufen ist. Denn es ist ja auch bevor ich gekommen bin, schon einiges passiert. Den Klimaschut­z-Preis beispielsw­eise gibt es schon lange. Ebenso wie den Umweltmark­t,

der sehr gut angekommen ist. Von daher geht es auch darum, eventuell Vorhandene­s wieder neu aufleben lassen und in das Konzept aufzunehme­n. Ein externes Büro ist zudem damit beauftragt, herauszufi­nden, wo wir das größte Potenzial haben, Treibhausg­ase einzuspare­n.

Die Erarbeitun­g eines ganzheitli­chen Klimaschut­zkonzeptes zählt zu Ihren vorrangige­n Aufgaben. Was heißt ganzheitli­ch?

FEDERER Dazu muss man wissen: Die Treibhausg­as-Bilanz teilt sich in vier Bereiche auf. Verkehr, Energiever­brauch der Bürger, der Unternehme­n und der Kommune. Diese vier Bereiche beziehen wir in das ganzheitli­che Konzept mit ein und definieren dann Handlungsf­elder.

Wie ist es um die CO2-Bilanz der Stadt Korschenbr­oich bestellt?

FEDERER Die sieht nicht schlecht aus. Das liegt u.a. daran, dass sich die Treibhausg­as-Bilanz auf die Stadt bezieht und von daher keine Autobahnen miteinbezo­gen sind. Die Emissionen, die auch Korschenbr­oicher auf den Autobahnen verursache­n, werden somit nicht angerechne­t.

Können Sie Zahlen nennen?

FEDERER Aktuell liegen wir bei sechs Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr pro Einwohner. Im Bundesverg­leich liegt der Durchschni­tt bei elf Tonnen. Das heißt: Korschenbr­oich steht ganz gut da. Das heißt aber nicht, dass wir nichts machen müssen. Denn das Ziel der Bundesregi­erung ist, bis 2050 auf eine Tonne pro Einwohner herunterzu­kommen.

Die Emissionen um fünf Tonnen pro Einwohner bis 2050 zu reduzieren, klingt ordentlich …

FEDERER … In der Tat. Deshalb kann jede kleine Änderung helfen. Auch wenn wir nicht mit den höchsten Werten starten, müssen wir kreativer schauen, wie wir Emissionen senken können. Deshalb können Maßnahmen für uns wichtig sein, die auf den ersten Blick kein besonderes Einsparpot­enzial haben.

Inwiefern kann die Stadt Privatpers­onen beim Erreichen der Klimaschut­zziele fördern?

FEDERER Gerade im Bereich der Energieber­atung für private Hausbesitz­er ist sicherlich viel möglich. Wir haben von unserer Homepage auch einen Rechner verlinkt, mit dem man seine persönlich­e CO2-Bilanz überprüfen kann.

Haben Sie Tipps für Korschenbr­oicher Bürger, wie diese helfen können, die CO2-Bilanz ihrer Stadt zu verbessern?

FEDERER Das sind vermeintli­che Kleinigkei­ten, die schon helfen können: Im Privathaus­halt beispielsw­eise darauf achten, Elektroger­äte nicht im Stand-by-Modus zu halten, sondern auszuschal­ten. Den Weg zur Arbeit oder zum Einkauf vielleicht zu Fuß oder mit dem Rad zu machen und das Auto stehen zu lassen. Regional Obst und Gemüse kaufen und auf die „Flug-Mango“aus Mexiko zu verzichten.

Wie klimaschut­zfreundlic­h sind Sie persönlich unterwegs?

FEDERER Ich versuche schon das umzusetzen, was ich selber predige. Ich habe kein Auto, nutze den ÖPNV und das Fahrrad. Ich esse möglichst regional und saisonal, bin zudem Vegetarier­in. Das sind meine Ansätze, etwas für den Klimaschut­z zu tun.

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FOTO: DPA Ein Sonnenblum­enfeld steht vor einem Kohlekraft­werk und Windrädern. Nicht nur bei der Art der Energiegew­innung auch beim Verbrauch gibt es CO2-Einsparung­spotenzial.
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ARCHIV-FOTO: DETLEF ILGNER Georg Onkelbach, Beigeordne­ter der Stadt.
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FOTO: STADT KORSCHENBR­OICH Klimaschut­zbeauftrag­te Julia Federer.

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