Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
,, Wechselmodelle sind moglich"
Die NRW-Schulministerin spricht über Fernunterricht, eigene Fehler und darüber, wie es im Februar für die Schüler weitergehen könnte.
Frau Gebauer, seit Montag findet Distanzunterricht statt. Wie ist der Start aus Ihrer Sicht gelaufen?
GEBAUER Der Start ist gut gelungen. Wenn landesweit 5500 Schulen zeitgleich in den Distanzunterricht wechseln, ist klar, dass dies nicht reibungslos verläuft. Die Schulen waren aber viel besser vorbereitet, daher funktioniert es auch besser als im Frühjahr des vergangenen Jahres.
Viele Server sind abgestürzt. Was ging schief?
GEBAUER Das ist natürlich vor Ort ein großes Ärgernis. Aber: Das System des Landes, Logineo NRW, hat verlässlich gearbeitet. Wir hatten gut vorgesorgt und ausreichend Kapazitäten geschaffen. Zu den kommerziellen Systemen, die manche Schulen einsetzen, kann ich nicht viel sagen. Das Land bietet eine Infrastruktur, die gut funktioniert, und wir freuen uns über jede Schule, die dieses Angebot annimmt.
Uns wurden vielfach auch Probleme mit Logineo gemeldet…
GEBAUER Ich gehe gerne jedem konkreten Hinweis nach. Was wir erfahren haben ist, dass die Plattform Moodle nicht zuverlässig funktioniert hat, wie der Anbieter selbst eingesteht. Das ist aber nicht ein Problem der Landesregierung, denn unser eigenes System Logineo NRW lief verlässlich. Einige Schulträger, also meist Kommunen, hätten im Vorfeld mit ihren Anbietern von Lernplattformen noch einmal reden sollen, damit diese für ausreichend Hardware-Kapazitäten sorgen. Mit Logineo NRW arbeiten inzwischen übrigens 1771 Schulen und 2226 mit dem entsprechenden Lernmanagement-System.
Selbst die Abschlussklassen sind im Distanzunterricht – anders als in anderen Ländern. Warum?
GEBAUER Wir haben diese Frage mit den betroffenen Verbänden sehr intensiv erörtert. Die Mehrheit war der Meinung, dass der Distanzunterricht gerade für die älteren Schülerinnen und Schüler funktioniert, auch kurz vor Prüfungen, und eine einheitliche Lösung am besten für die Schulen umzusetzen ist. Für die Lehrer verringert sich dadurch die Doppelbelastung erheblich, weil sie neben dem Distanz- nicht auch noch Präsenzunterricht vorbereiten müssen. Das steigert die Qualität des Distanzunterrichts.
NRW erklärt Präsenzunterricht zum obersten Ziel – und weitet jetzt den Distanzunterricht stärker aus als andere Länder?
GEBAUER Beim Präsenzunterricht als oberstem Ziel bleibt es auch weiter. Aber in Pandemiezeiten nicht um jeden Preis. Die allermeisten Länder haben konsequent auf Distanzunterricht im Januar umgestellt, NRW schert hier nicht aus. Die Situation in NRW ist ernst. Wir müssen vorsichtig sein und konsequent handeln. Die Intensivstationen laufen voll, die Sterbezahlen sind hoch. Hinzu kommt die Unsicherheit, wie ansteckend das mutierte Virus aus Großbritannien ist. In dieser Situation muss auch Schule einen Beitrag zur notwendigen Kontaktreduzierung leisten, es war aber gut und richtig, dass wir so lange Präsenzunterricht für stets mehr als 95 Prozent der Schülerinnen und Schüler hatten.
Es ist schon viel Unterricht ausgefallen. Sollten die Oster- oder Sommerferien verkürzt werden?
GEBAUER Grundsätzlich sind alle Ferien bundesweit festgelegt, das müsste man also mit allen anderen Bundesländern abstimmen. Eine Verkürzung der Ferien ist bisher nicht vorgesehen.
Ansonsten böte sich ein Verzicht auf die Karnevalstage an. Wie stehen Sie dazu?
GEBAUER Vier bewegliche Ferientage stehen den Schulen in diesem Schuljahr zu, darunter ist auch ein Brauchtumstag, zum Beispiel für Heimatfeste oder den Rosenmontag. Darüber entscheidet jeweils die Schulkonferenz mit dem Schulträger. Wir empfehlen den Schulen, die beweglichen Ferientage in diesem Jahr auf die Zeit nach den Prüfungen zu verschieben oder gegebenenfalls auch als Unterrichtstage zu nutzen. Eine Streichung dieser Ferientage ist nicht geplant.
Abiturienten und Zehntklässler sorgen sich zunehmend. Werden sie ihre Abschlüsse machen können?
GEBAUER Es ist mein Ziel, und wir haben alle Chancen, dass wir auch in diesem Jahr zu guten und fairen Abschluss- und Abiturprüfungen auf der Basis von Prüfungen kommen, die dann allerorts anerkannt werden.
Müssen die Termine noch einmal nach hinten verlegt werden?
GEBAUER Der Start der Abschlussprüfungen ist bereits um neun Tage verschoben, damit sind wir noch im Zeitplan für das Zentralabitur. Ich kann aber auch nicht ausschließen, dass wir die Prüfungen noch einmal weiter verschieben müssen, sollte sich das Infektionsgeschehen nicht verbessern und die Vorbereitung der Abschlussklassen darunter leiden.
Wie geht es nach dem 31. Januar weiter?
GEBAUER Wenn es zu Lockerungen kommt, dann sind die Schulen von Anfang an dabei. Wir müssen wieder Türen öffnen für das soziale Miteinander und für mehr Anwesenheitszeiten von Schülerinnen und Schülern in den Schulen. Eine schlichte Fortsetzung des Distanzunterrichts in seiner jetzigen Form ist nach dem 31. Januar schwer vorstellbar. In welcher Form und mit welchen Präsenzanteilen müssen wir sehen.
Wer darf als Erstes wieder zur Schule gehen?
GEBAUER Auch das muss man dann sehen, aber unsere Jüngsten und unsere Förderschulkinder sollten unter den Ersten sein. Wie das gehen kann, muss man weiter in Anbetracht des Infektionsgeschehens sehen. Das kann ein rollierendes Verfahren wie nach den Osterferien im vergangenen Jahr sein, als die Jahrgangsstufen abwechselnd unterrichtet wurden, aber auch andere Wechselmodelle sind möglich. Dies werden wir mit den Schulleitungen, Eltern, Lehrern und Schülern ebenfalls erörtern.
Sie wurden vielfach für zu spätes und teils missverständliches Kommunizieren kritisiert. Was würden Sie aus heutiger Sicht auch im Wechselspiel mit dem Ministerpräsidenten anders machen?
GEBAUER Ich bin seit Beginn unserer Zusammenarbeit in einem konstruktiven Austausch mit dem Ministerpräsidenten. Wir ziehen gemeinsam an einem Strang für beste Bildung unserer Schülerinnen und Schüler. Gleichwohl: Wo viel gearbeitet wird, passieren auch Fehler – dazu stehe ich dann auch.
Welche Fehler genau meinen Sie in diesem Zusammenhang?
GEBAUER Zum Beispiel hätte ich manches Mal gerne früher gegenüber den Schulen kommuniziert – was aber nicht in meiner Hand lag, weil zunächst auf bundesweite Grundsatzentscheidungen gewartet werden musste. Und es bleibt dabei: Die Lage ist dynamisch und braucht weiterhin dynamische Entscheidungen.