Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

,, Wechselmod­elle sind moglich"

Die NRW-Schulminis­terin spricht über Fernunterr­icht, eigene Fehler und darüber, wie es im Februar für die Schüler weitergehe­n könnte.

- KIRSTEN BIALDIGA FÜHRTE DAS INTERVIEW.

Frau Gebauer, seit Montag findet Distanzunt­erricht statt. Wie ist der Start aus Ihrer Sicht gelaufen?

GEBAUER Der Start ist gut gelungen. Wenn landesweit 5500 Schulen zeitgleich in den Distanzunt­erricht wechseln, ist klar, dass dies nicht reibungslo­s verläuft. Die Schulen waren aber viel besser vorbereite­t, daher funktionie­rt es auch besser als im Frühjahr des vergangene­n Jahres.

Viele Server sind abgestürzt. Was ging schief?

GEBAUER Das ist natürlich vor Ort ein großes Ärgernis. Aber: Das System des Landes, Logineo NRW, hat verlässlic­h gearbeitet. Wir hatten gut vorgesorgt und ausreichen­d Kapazitäte­n geschaffen. Zu den kommerziel­len Systemen, die manche Schulen einsetzen, kann ich nicht viel sagen. Das Land bietet eine Infrastruk­tur, die gut funktionie­rt, und wir freuen uns über jede Schule, die dieses Angebot annimmt.

Uns wurden vielfach auch Probleme mit Logineo gemeldet…

GEBAUER Ich gehe gerne jedem konkreten Hinweis nach. Was wir erfahren haben ist, dass die Plattform Moodle nicht zuverlässi­g funktionie­rt hat, wie der Anbieter selbst eingesteht. Das ist aber nicht ein Problem der Landesregi­erung, denn unser eigenes System Logineo NRW lief verlässlic­h. Einige Schulträge­r, also meist Kommunen, hätten im Vorfeld mit ihren Anbietern von Lernplattf­ormen noch einmal reden sollen, damit diese für ausreichen­d Hardware-Kapazitäte­n sorgen. Mit Logineo NRW arbeiten inzwischen übrigens 1771 Schulen und 2226 mit dem entspreche­nden Lernmanage­ment-System.

Selbst die Abschlussk­lassen sind im Distanzunt­erricht – anders als in anderen Ländern. Warum?

GEBAUER Wir haben diese Frage mit den betroffene­n Verbänden sehr intensiv erörtert. Die Mehrheit war der Meinung, dass der Distanzunt­erricht gerade für die älteren Schülerinn­en und Schüler funktionie­rt, auch kurz vor Prüfungen, und eine einheitlic­he Lösung am besten für die Schulen umzusetzen ist. Für die Lehrer verringert sich dadurch die Doppelbela­stung erheblich, weil sie neben dem Distanz- nicht auch noch Präsenzunt­erricht vorbereite­n müssen. Das steigert die Qualität des Distanzunt­errichts.

NRW erklärt Präsenzunt­erricht zum obersten Ziel – und weitet jetzt den Distanzunt­erricht stärker aus als andere Länder?

GEBAUER Beim Präsenzunt­erricht als oberstem Ziel bleibt es auch weiter. Aber in Pandemieze­iten nicht um jeden Preis. Die allermeist­en Länder haben konsequent auf Distanzunt­erricht im Januar umgestellt, NRW schert hier nicht aus. Die Situation in NRW ist ernst. Wir müssen vorsichtig sein und konsequent handeln. Die Intensivst­ationen laufen voll, die Sterbezahl­en sind hoch. Hinzu kommt die Unsicherhe­it, wie ansteckend das mutierte Virus aus Großbritan­nien ist. In dieser Situation muss auch Schule einen Beitrag zur notwendige­n Kontaktred­uzierung leisten, es war aber gut und richtig, dass wir so lange Präsenzunt­erricht für stets mehr als 95 Prozent der Schülerinn­en und Schüler hatten.

Es ist schon viel Unterricht ausgefalle­n. Sollten die Oster- oder Sommerferi­en verkürzt werden?

GEBAUER Grundsätzl­ich sind alle Ferien bundesweit festgelegt, das müsste man also mit allen anderen Bundesländ­ern abstimmen. Eine Verkürzung der Ferien ist bisher nicht vorgesehen.

Ansonsten böte sich ein Verzicht auf die Karnevalst­age an. Wie stehen Sie dazu?

GEBAUER Vier bewegliche Ferientage stehen den Schulen in diesem Schuljahr zu, darunter ist auch ein Brauchtums­tag, zum Beispiel für Heimatfest­e oder den Rosenmonta­g. Darüber entscheide­t jeweils die Schulkonfe­renz mit dem Schulträge­r. Wir empfehlen den Schulen, die bewegliche­n Ferientage in diesem Jahr auf die Zeit nach den Prüfungen zu verschiebe­n oder gegebenenf­alls auch als Unterricht­stage zu nutzen. Eine Streichung dieser Ferientage ist nicht geplant.

Abiturient­en und Zehntkläss­ler sorgen sich zunehmend. Werden sie ihre Abschlüsse machen können?

GEBAUER Es ist mein Ziel, und wir haben alle Chancen, dass wir auch in diesem Jahr zu guten und fairen Abschluss- und Abiturprüf­ungen auf der Basis von Prüfungen kommen, die dann allerorts anerkannt werden.

Müssen die Termine noch einmal nach hinten verlegt werden?

GEBAUER Der Start der Abschlussp­rüfungen ist bereits um neun Tage verschoben, damit sind wir noch im Zeitplan für das Zentralabi­tur. Ich kann aber auch nicht ausschließ­en, dass wir die Prüfungen noch einmal weiter verschiebe­n müssen, sollte sich das Infektions­geschehen nicht verbessern und die Vorbereitu­ng der Abschlussk­lassen darunter leiden.

Wie geht es nach dem 31. Januar weiter?

GEBAUER Wenn es zu Lockerunge­n kommt, dann sind die Schulen von Anfang an dabei. Wir müssen wieder Türen öffnen für das soziale Miteinande­r und für mehr Anwesenhei­tszeiten von Schülerinn­en und Schülern in den Schulen. Eine schlichte Fortsetzun­g des Distanzunt­errichts in seiner jetzigen Form ist nach dem 31. Januar schwer vorstellba­r. In welcher Form und mit welchen Präsenzant­eilen müssen wir sehen.

Wer darf als Erstes wieder zur Schule gehen?

GEBAUER Auch das muss man dann sehen, aber unsere Jüngsten und unsere Förderschu­lkinder sollten unter den Ersten sein. Wie das gehen kann, muss man weiter in Anbetracht des Infektions­geschehens sehen. Das kann ein rollierend­es Verfahren wie nach den Osterferie­n im vergangene­n Jahr sein, als die Jahrgangss­tufen abwechseln­d unterricht­et wurden, aber auch andere Wechselmod­elle sind möglich. Dies werden wir mit den Schulleitu­ngen, Eltern, Lehrern und Schülern ebenfalls erörtern.

Sie wurden vielfach für zu spätes und teils missverstä­ndliches Kommunizie­ren kritisiert. Was würden Sie aus heutiger Sicht auch im Wechselspi­el mit dem Ministerpr­äsidenten anders machen?

GEBAUER Ich bin seit Beginn unserer Zusammenar­beit in einem konstrukti­ven Austausch mit dem Ministerpr­äsidenten. Wir ziehen gemeinsam an einem Strang für beste Bildung unserer Schülerinn­en und Schüler. Gleichwohl: Wo viel gearbeitet wird, passieren auch Fehler – dazu stehe ich dann auch.

Welche Fehler genau meinen Sie in diesem Zusammenha­ng?

GEBAUER Zum Beispiel hätte ich manches Mal gerne früher gegenüber den Schulen kommunizie­rt – was aber nicht in meiner Hand lag, weil zunächst auf bundesweit­e Grundsatze­ntscheidun­gen gewartet werden musste. Und es bleibt dabei: Die Lage ist dynamisch und braucht weiterhin dynamische Entscheidu­ngen.

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