Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Im Seniorenhaus nur 62 Prozent geimpft
Leiterin Iris Baldus ist skeptisch gegenüber möglichen Besuchslockerungen in Alten- und Pflegeheimen. Sie wünscht sich zwar für die Bewohner wieder ein normaleres Leben, doch die Ansteckungsgefahr sei nach wie vor groß.
Einrichtungsleiterin Iris Baldus ist skeptisch gegenüber möglichen Besuchslockerungen in den Alten- und Pflegeheimen.
KORSCHENBROICH Den Lockerungen, die NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann für Alten- und Pflegeheime in Aussicht gestellt hat, sieht Iris Baldus mit sehr gemischten Gefühlen entgegen. Die Leiterin des Seniorenhauses in Korschenbroich sagt: „Auf der einen Seite tut es mir sehr leid für unsere Bewohner, wenn sie ihre Gäste nicht so empfangen können, wie es vor Corona möglich war.“Auf der anderen Seite sei ihr geradezu mulmig zumute, wenn jetzt wieder bis zu fünf Angehörige aus zwei Haushalten zu Besuch in Alten- und Pflegeheime kommen dürfen – Kinder unter 14 Jahren zählen nicht dazu.
Sie mache sich vor allem deshalb Sorgen, weil nur etwa 62 Prozent der Bewohner geimpft sind. Dass die Impfquote nicht höher ist, habe zwei Gründe: „Es kommen immer wieder neue Bewohner in unser Haus“, so Baldus. Und es habe sich nicht jeder Bewohner impfen lassen. Auch beim Personal sind bislang nur etwa 60 Prozent der Angestellten geimpft. Unter ihnen steige aber das Impfinteresse. „Sie können nachgeimpft werden mit einer entsprechenden Bescheinigung von uns“, erklärt Baldus.
Sie selbst hat ihre beiden Impftermine hinter sich. Den Impfstoff von Biontech/Pfizer habe sie beim ersten Mal bis auf einen blauen Fleck sehr gut vertragen. Der zweiten Impfung folgten grippeähnliche Symptome. „Aber da ich an einem Freitag geimpft worden bin, konnte ich mich am Wochenende erholen und war am Montag wieder fit für die Arbeit“, so Baldus.
Sie hofft, dass trotz des neuen Besuchsrechts Familienangehörige nicht in großen Gruppen kommen. Anmelden müssen sich die Besucher vorher nicht, sagt Baldus, erklärt aber auch, welche Bedingungen jedem Besuch vorausgehen. Denn entweder müssen die Besucher eine Testbescheinigung vorlegen oder sich im Haus testen lassen. Noch bis zum 26. März hat das Seniorenhaus Korschenbroich dabei Unterstützung durch Bundeswehrsoldaten. „Danach müssen wir wieder selbst testen“, sagt die Heimleiterin.
Bis zu 50 Tests pro Tag erfolgen durchschnittlich. Jeder Test dauert etwa 15 bis 20 Minuten. Zudem muss jeder, der testet, Schutzkleidung tragen: Haube, Handschuhe, Schutzkittel, FFP2-Maske. „Jeder, der in Kontakt mit den Bewohnern kommt, muss getestet werden“, erklärt Baldus. Dazu zählen Physiotherapeuten, Ärzte, aber auch Handwerker oder Lieferanten. Iris Baldus ist aber grundsätzlich froh, dass überhaupt wieder Besuche möglich sind. „Es war die schlimmste Zeit, als niemand in unser Haus durfte.“
Sehr gelassen nimmt Bewohnerin Benita Feldhaus die Corona-Regelungen hin. Die 90-Jährige ist vor allem froh darüber, dass das Haus so gut durch die Zeit gekommen sei. Es sei ihr schon schwer gefallen, dass ihr Sohn – er ist 68 Jahre alt und Rentner – sie eine Zeitlang nicht besuchen durfte. „Aber als das wieder möglich war, haben wir uns in einem anderen Gebäude getroffen und waren drei Tische voneinander getrennt. Das ging auch.“Ihre drei Enkel und fünf Urenkel habe sie aber schon sehr lange nicht mehr gesehen.
Die gebürtige Lettin, die im Alter von acht Jahren 1939 nach Deutschland kam und später 55 Jahre lang in Neuss gelebt hat, ist bereits zwei Mal geimpft. „Aus voller Überzeugung“, wie sie sagt. Nebenwirkungen hatte sie nicht, „ich habe alles sehr gut vertragen.“