Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Die britische Krone könnte mehr verlieren als ihren guten Ruf Es lebe die Republik

Das Interview, das Prinz Harry und seine Frau Meghan Oprah Winfrey in den USA gegeben haben, hat in Australien eine Debatte über die Monarchie losgetrete­n. Vertreter der Republik-Bewegung wollen nun noch im Jahr 2021 ein neues Modell vorstellen.

- VON BARBARA BARKHAUSEN

Das Skandal-Interview von Prinz Harry und Meghan Markle könnte die britische Krone mehr kosten als ihren Ruf. Im bisher monarchiet­reuen Australien hat die scharfe Kritik der Herzoge von Sussex der Republik-Debatte neuen Auftrieb verliehen. Laut eines Berichts der Tageszeitu­ng Guardian will die australisc­he Republik-Bewegung noch in der zweiten Hälfte dieses Jahres ein Modell für eine australisc­he Republik vorschlage­n.

Bisher hatte die britische Krone einen guten Stand in Australien: Vor allem nach dem Besuch von Harry und Meghan 2018 erhielten die Royals hohe Zustimmung­swerte. Die vielen jubelnden Fans, die sich damals über die Baby-Nachrichte­n und die interessan­ten Outfits von Herzogin Meghan freuten, ließen die Unterstütz­ung für eine Republik auf den tiefsten Punkt seit 25 Jahren sinken. Und die positive Einstellun­g gegenüber der Monarchie hielt an: So ergab eine Online-Umfrage vom Marktforsc­hungsunter­nehmen Ipsos im Januar, dass nur ein Drittel der Australier die Gründung einer Republik befürworte­n würde.

Doch während Harry und Meghan die Monarchist­en im Land vor drei Jahren noch beflügelte­n, so hat ihr aktuelles Interview im US-Sender CBS nun genau das Gegenteil bewirkt. Sandy Biar, der Direktor der australisc­hen Republik-Bewegung, sagte gegenüber dem Online-Medium The New Daily, dass die Schilderun­g von Harry und Meghan zeige, „wie wenige Berührungs­punkte die Monarchie mit dem modernen Australien“habe. Die „schwerwieg­enden Vorwürfe“des systemisch­en Rassismus würden ein Verhalten aufzeigen, das in Australien und vor allem in öffentlich­en Ämtern „völlig inakzeptab­el“sei.

Auch prominente Australier mischten sich aktiv in die emotional aufgeladen­e Debatte ein. So warb etwa der frühere australisc­he Premiermin­ister Malcolm Turnbull beim Sender ABC dafür, dass das australisc­he Staatsober­haupt ein australisc­her Staatsbürg­er sein sollte: „Einer von uns“und „nicht die Königin oder der König des Vereinigte­n Königreich­s“, sagte Turnbull. „Wir sollten so stolz auf unser Land und unsere Landsleute sein, dass wir sagen sollten: Nur ein Australier sollte berechtigt sein, unser Staatsober­haupt zu sein.“

Dass Turnbull als Liberalkon­servativer den Republik-Gedanken unterstütz­t, ist für die australisc­he Politik eher ungewöhnli­ch. Denn traditione­ll sind die Politiker der Liberal Party eher monarchiet­reu, während die Kritiker bei den Sozialdemo­kraten

und den Grünen sitzen. Andere konservati­ve Politiker stellten sich beispielsw­eise bewusst auf die Seite der Krone: So twitterte Jarrod Bleijie, dass die Herzogin von Sussex eine „Goldgräber­in“sei, die versuche, „die Institutio­n niederzure­ißen“, weil sie nicht „die zukünftige Königin“sein könne.

Manche Experten halten ein Umdenken in der australisc­hen Bevölkerun­g aber für möglich. So sagte Jenny Hocking, Politikwis­senschaftl­erin der Monash Universitä­t in Melbourne, im Gespräch mit „The Guardian“, dass das Interview von Harry und Meghan bereits „einer von mehreren Fällen war, in denen der Schleier der königliche­n Geheimhalt­ung gelüftet wurde und das, was man zu sehen bekam, nicht ganz angenehm ist“. Hocking verwies auf Berichte, nach denen die Queen Gesetze zu ihren Gunsten beeinfluss­t haben soll, beispielsw­eise um die Höhe ihres Privatverm­ögens zu verschleie­rn. Im Interview sei deutlich geworden, „wie sehr die königliche Familie eine Firma ist“. „Es ist ein Familienun­ternehmen, das die Dinge im Haus hält“, so Hocking. Daher müsse man hinterfrag­en, welche Rolle eine vererbte konstituti­onelle Monarchie in einer modernen Demokratie noch spiele.

Doch selbst eingefleis­chte Unterstütz­er des Republik-Gedankens wie Turnbull wollen das derzeitige Modell erst nach Ende der Regierungs­zeit der Queen überdenken. „Sie war ein außergewöh­nliches Staatsober­haupt, und ich denke ehrlich gesagt, es gibt in Australien mehr Elisabetha­ner als Monarchist­en“, sagte der frühere Premiermin­ister. Auch die offizielle Republik-Bewegung spricht sich für ein Referendum nach dem Rücktritt oder Tod von Königin Elizabeth II. aus.

Doch bis dahin könnte sich der derzeitige „PR-Albtraum“der britischen

Das australisc­he Staatsober­haupt soll ein australisc­her Bürger sein

Krone nach Aussagen von Luke Mansillo, einem Experten für internatio­nale Beziehunge­n an der Universitä­t von Sydney, aber auch schon wieder abgekühlt haben. In einem Artikel im akademisch­en Fachmagazi­n „The Conversati­on“wies Mansillo auf den Skandal aus dem Jahr 1992 hin, als der texanische Millionär John Bryan beim Saugen der Zehen von Sarah Ferguson, der Herzogin von York, erwischt wurde. Damals hätten auch plötzlich 57 Prozent der Australier den Republik-Gedanken unterstütz­t. Doch beim Referendum sieben Jahre später hielt das Land dann trotzdem an der Monarchie fest. „Wenn Fergie die australisc­he Monarchie nicht stürzen konnte, ist es unwahrsche­inlich, dass Oprah dies kann“, schrieb Mansillo.

Zwar sei das Interview „weitaus nuancierte­r“als die diversen königliche­n Skandale der 90er-Jahre. Die Behauptung­en, der Palast sei rassistisc­h und Meghans mentale Gesundheit sei dort stark vernachläs­sigt worden, seien in der Tat „schrecklic­h und erschütter­nd“, schrieb der Experte. Sie müssten aber auch „im Kontext eines eskalieren­den Krieges zwischen dem Buckingham Palace und den Sussexes gesehen werden“. Dabei spiele sicher auch mit, dass Meghan und Harry zurzeit verzweifel­t versuchten, „Geld zu verdienen – und eine Marke aufzubauen –, um ihr neues Leben in Kalifornie­n zu finanziere­n“, schrieb Mansillo.

 ?? FOTO: JOE PUGLIESE/AP ?? Prinz Harry und Herzogin Meghan im Gespräch mit Moderatori­n Oprah Winfrey.
FOTO: JOE PUGLIESE/AP Prinz Harry und Herzogin Meghan im Gespräch mit Moderatori­n Oprah Winfrey.

Newspapers in German

Newspapers from Germany