Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Zakarias Formkurve drückt die Ablöse
Der Mittelfeldspieler wird Borussia im Sommer wohl verlassen. Seine Verletzungspause läuft ihm immer noch nach.
Denis Zakaria wird Borussia Mönchengladbach in diesem Sommer wohl verlassen. Der Schweizer hat eine lange Verletzungszeit hinter sich.
Es dürfte eine von Denis Zakarias Lieblingsszenen in dieser Saison sein: Mitte Januar setzte er im Auswärtsspiel beim VfB Stuttgart an der Mittellinie zum Sprint an, wurde von Lars Stindl steil geschickt, ließ die komplette Stuttgarter Abwehr hinter sich und schoss den Ball an Torhüter Gregor Kobel zum zwischenzeitlichen 2:1 vorbei ins Netz.
Da waren sie wieder: der Antritt, die Dynamik und das Tempo, das der Schweizer eine ganze Zeit lang wie selbstverständlich Woche für Woche auf den Platz gebracht hat. Das gelang vor allem in der Hinrunde der Saison 2019/20, im ersten Jahr unter Trainer Marco Rose, als Borussia mit Zakaria als zentralerm Balleroberer vor der Abwehr an die Tabellenspitze stürmte.
Nun, im März 2021, ist die Realität eine andere. Zakaria hat eine lange Verletzungszeit hinter sich, ist bis heute nicht wieder der Alte. Der Knorpelschaden, den er vor mehr als einem Jahr bei einem unglücklichen Zusammenprall mit Mitspieler Yann Sommer erlitten hatte, zog neben einer Operation lange Monate in der Reha nach sich.
Seit seinem Comeback im vergangenen November kam er in 24 Spielen zum Einsatz und stand zwölfmal in der Startelf. Durchgespielt hat er aber nur fünfmal. Dass er noch längst nicht wieder die Leistungen aus der Zeit vor seiner Verletzung zeigen kann, sieht auch sein Trainer so. „Er muss es ein Stück weit akzeptieren, dass er noch ein paar Tage und Wochen braucht, bis er wieder auf einem Top-Niveau ist. Aber wir werden ihn dabei unterstützen“, sagte Rose nach dem 3:0Sieg beim FC Schalke 04.
Dort bekamen Christoph Kramer, der nach seiner Verletzung wieder zurück war, und Florian Neuhaus den Vorzug. Beide haben sich in Zakarias monatelanger Verletzungspause zu einem eingespielten Duo entwickelt. Spielt Zakaria, fehlt ihm meist die gewohnte Präsenz und damit auch die Raffinesse, die ihm in der Vergangenheit oft half, binnen Zehntelsekunden den Ball zu erobern und spielentscheidende Situationen einzuleiten. Als Borussia mit 0:1 gegen Bayer 04 Leverkusen verlor, hatte Zakaria gerade einmal 35 Ballkontakte, extrem wenige für einen Sechser. „Es gibt die Faustregel, dass man die Zeit, die man verletzt war, auch wieder braucht, um auf das Niveau von vorher zu kommen“, sagte Rose.
Neben Zeit benötigt Zakaria weiter viele Spiele, um sich wieder auf ein internationales Level hochzuarbeiten. „Er selbst braucht auch Geduld. Ich weiß, dass er sehr auf seine Leistung schaut und es ihm wichtig ist, dass er der Mannschaft hilft“, sagte Rose. Aber: In zwei Monaten ist die Saison bereits gelaufen. Und so steigt mit jeder Woche, die aktuell vergeht, die Wahrscheinlichkeit, dass Zakaria nie mehr auf absolutem Top-Niveau im Borussia-Trikot zu sehen sein wird.
Im Sommer 2022 läuft sein Vertrag aus, eine Verlängerung soll er abgelehnt haben. Er selbst würde gerne jedes Jahr Champions League spielen, das kann ihm Gladbach nicht garantieren. Manager Max Eberl hatte in der Vergangenheit mehrmals betont, mit Spielern wie Matthias Ginter, Nico Elvedi, der kürzlich aber verlängert hat, und Zakaria nicht in ein letztes Vertragsjahr zu gehen und damit auf eine Ablösesumme zu verzichten. Doch wie viel kann Gladbach durch einen Zakaria-Verkauf tatsächlich verdienen?
An dem 24-Jährigen haftete vor seiner Verletzung ein Preisetikett von mehr als 40 Millionen Euro. Dann kamen seine schwere Verletzung mit einem geschädigten Knie, die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie und die laufende Saison, in der Zakaria nicht mit Leistung überzeugen konnte, hinzu. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren dürfte es beinahe unmöglich sein, einen Verein zu finden, der bereit ist, Gladbach ohne Bonuszahlungen um viel mehr als 25 Millionen Euro zu bereichern.
Zakaria dürfte das am langen Ende egal sein, er und sein Berater wissen, dass Eberl den Preis zwar frei verhandeln kann, aber ohne Verkauf im Sommer der ablösefreie Abgang im Jahr danach droht. Auch, weil Gladbach die erneute Champions-League-Qualifikation bei elf Punkten Rückstand auf Platz vier mit hoher Wahrscheinlichkeit verpasst, ist der Verein auf Transfererlöse angewiesen. Die Möglichkeit, für sich zu werben, hat Zakaria nach der Länderspielpause noch in maximal acht Pflichtspielen. Es werden wohl seine letzten für Borussia sein nach vier Jahren im Verein.