Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Gladbach geht der Platz für die Wirtschaft aus
Die Wirtschaftsförderung will schnell mehr Platz für Gewerbegebiete, sonst werde es schwierig mit neuen Ansiedlungen und neuen Jobs.
MÖNCHENGLADBACH Wer wachsen will, braucht Platz. Das weiß jeder Schneider. Und jeder Unternehmer. Doch Letztere haben gar nicht mehr so viel Raum zur Verfügung in Mönchengladbach, die Gewerbegebiete platzen aus allen Nähten. „Die Flächen sind endlich, die Potenziale haben sich deutlich reduziert“, warnt Wirtschaftsförderer Ulrich Schückhaus. „Wir müssen da schnell nachproduzieren. Potenzielle Flächen gibt es, sie müssen aber entwickelt werden.“Anfragen jenseits von 30.000 Quadratmetern könne man derzeit nicht bedienen, sagte Schückhaus bei der Jahrespressekonferenz der Wirtschaftsförderung WFMG.
Bereits im abgelaufenen Jahr ist die Summe an verkauften Flächen mit insgesamt 48.307 Quadratmetern auf einen Tiefstand gefallen, nachdem in den Jahren zuvor das doppelte oder sogar dreifache an Flächen an Unternehmen verkauft worden war. Vor allem etwa Amazon und Reuter in Rheindahlen haben dafür gesorgt. Solche großen Ansiedlungen, die Tausende Arbeitsplätze schaffen, sind im Moment kaum mehr drin.
Am meisten Raum gibt es noch im Nordpark (70.000 Quadratmeter) und in Rheindahlen (38.000 Quadratmeter). Ansonsten sind nur noch Restflächen zu haben, etwa in Hardt (5000), im Regiopark (7400), Güdderath (3200), Mülfort (7000) Eickesmühle (3200) und Abtsfeld in Neuwerk (8500). Am schnellsten dürfte es an der Broicher Straße in Rheindahlen gehen. Dort sollen 50.000 Quadratmeter an Gewerbeflächen entstehen. „Das kommt 2021 auf den Markt“, kündigt Schückhaus an. „Wir sind in der Bauleitplanung und Erschließung.“
Am meisten Potenzial sieht die Wirtschaftsförderung in Güdderath-West, wo weitere mehr als 230.000 Quadratmeter entwickelt werden könnten. Außerdem am Flughafen, wo 140.000 Quadratmeter an Potenzialfläche ausgemacht wurden, und an der Erftstraße in Giesenkirchen mit 130.000 Quadratmetern. An der Beckrather Straße in Wickrath stellt sich die WFMG ein nachhaltiges Gewerbegebiet mit 16.000 Quadratmetern Fläche vor, das besondere Vorgaben macht was etwa Begrünung, Energiegewinnung und Verkehr angeht.
Für Oberbürgermeister Felix Heinrichs ist klar, dass „Wirtschaftsförderung die Überlebensstrategie einer Stadt“ist. Vieles wird auch an der Ampel-Kooperation im Stadtrat hängen, in der die Grünen ein starkes Gewicht haben. Mit Blick auf die Corona-Krise, die die Wirtschaft bisher einigermaßen verschont hat, könne einem angesichts der Entwicklung der Arbeitslosigkeit schon „Angst und Bange“werden, wie Heinrichs sagte. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist um knapp 3000 auf fast 100.875 gefallen, dafür stieg die Zahl der Arbeitslosen im vergangenen Jahr auf mehr als 14.000. „Aber viele Unternehmen nutzen die Krise auch, ihr Geschäftsmodell weiter zu entwickeln“, sagte Heinrichs. „Die kleinen und mittelständischen Unternehmen sind die Stärke unserer Wirtschaft.“
Die Unternehmen haben im abgelaufenen Corona-Jahr trotz der Krise Investitionen nicht aufgeschoben. Insgesamt wurden im regionalen Wirtschaftsprogramm Zuschüsse in Höhe von rund 4,4 Millionen Euro für Investitionen von 35,4 Millionen Euro beantragt. Das habe 85 neue Arbeitsplätze geschaffen. Die Beratungsleistungen der WFMG seien aber gerade in Krisenzeiten stärker gefragt. Insgesamt wurden elf Existenzgründungen, zwölf Expansionen, 26 Bestandssicherungen und elf Neuansiedlungen begleitet. Das habe unterm Strich 803 Arbeitsplätze in der Stadt gesichert oder neu geschaffen. Das waren in den Vorjahren aber auch stets deutlich mehr gewesen. Allein 2017 (2100 Jobs) und 2018 (1300 Jobs) gab es zahlreiche Neuansiedlungen – für die inzwischen allerdings die Flächen fehlen.
Bleibt die Unterstützung von Gründern als ein Schwerpunkt. David Bongartz, Prokurist der WFMG, nannte die Stadt ein „Gründernest am Niederrhein“. 15 Start-ups wurden 2020 eng betreut und etliche Geschäftsbeziehungen zu etablierten Unternehmen entwickelt. Beim Gründerstipendium NRW wiesen sechs der acht empfohlenen Gründungsvorhaben einen Bezug zu Mönchengladbach auf. „Das ist keine Eintagsfliege“, sagt Bongartz. „Mönchengladbach ist das Oberzentrum für Gründer am Niederrhein.“