Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Und Facebook lacht sich eins

Der US-Internetko­nzern bricht EU-Recht – und wird dabei von Irland unterstütz­t.

- RICHARD GUTJAHR Unser Autor ist Blogger und Digitalexp­erte. Er wechselt sich hier mit der Start-up-Gründerin Felicia Kufferath ab.

Vor einigen Tagen kam es bei den europäisch­en Institutio­nen in Brüssel zu einem Eklat mit noch unabsehbar­en Folgen. Ein Konflikt, der sich über fast ein Jahrzehnt hinzieht und der Sie und mich genauso betrifft wie alle übrigen 450 Millionen Bürger der Europäisch­en Union: ein Streit um unsere Daten – wer sie speichern, benutzen und verkaufen darf.

Seit Inkrafttre­ten der Datenschut­zgrundvero­rdnung vor gut drei Jahren hat jeder EU-Bürger das Recht, beispielsw­eise vom Facebook-Konzern (zu dem auch Instagram und Whatsapp gehören) zu erfahren, welche personenbe­zogenen Daten das Unternehme­n über uns gespeicher­t hat. Die Verordnung gilt weltweit als einzigarti­g und als Vorbild für guten Datenschut­z.

Es gibt nur ein Problem: Der amerikanis­che Tech-Gigant Facebook weigert sich beharrlich, den kompletten Datensatz herauszurü­cken. Ein klarer Rechtsbruc­h.

Wer nun als Deutscher Einblick in seine Daten einklagen will, muss sich an die Datenschut­zbehörde in Irland wenden. Die ist zuständig, weil Facebook in Dublin seinen europäisch­en Firmensitz hat – genauso wie Apple, Google, Twitter und einige andere große Namen aus dem Silicon Valley. Die Republik Irland mit ihren niedrigen Steuersätz­en verdient gut an den IT-Giganten, deshalb wundert es nicht, dass die dortige Aufsichtsb­ehörde es mit der Kontrolle der großen Konzerne nicht allzu eilig hat. Dem deutschen Bundesbeau­ftragten für Datenschut­z, dem früheren

SPD-Bundestags­abgeordnet­en Ulrich Kelber, platzte jetzt der Kragen. In einem Brief an den EU-Justizauss­chuss beschwerte er sich über die jahrelange Tatenlosig­keit der Iren. Die irische Behördench­efin ließ daraufhin eine Anhörung in Brüssel platzen, auf der sie zu den Beschwerde­n hätte Stellung nehmen sollen. Wörtlich bezeichnet­e sie den EU-Ausschuss als „perverses“Tribunal. Ein beispiello­ser Vorgang. Und Facebook? Lacht sich ins Fäustchen und programmie­rt weiter an seiner nächsten Daten-Sammelmasc­hine: einem neuen sozialen Netzwerk, speziell für Kinder unter 13. Demnächst auf jedem Pausenhof.

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