Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
25 Städte mit Tests gegen Lockdown
Viele Kommunen und Kreise wollen die umstrittene Chance nutzen, Läden mit Tests trotz sehr hoher Corona-Werte offenzuhalten. Aber Köln verzichtet wegen eines zu hohen Risikos. Wir erklären, was die neue Regelung bedeutet.
DÜSSELDORF Die Landesregierung hat mit Wirkung von diesem Montag an eine neue, für viele Bürger wichtige Sonderklausel in die Corona-Restriktionen eingeführt. Wie bundesweit als „Notbremse“vereinbart, werden in Städten und Kreisen zwar Lockerungen zurückgenommen, wenn die Inzidenz dort drei Tage lang über der Marke von 100 Neuinfektionen pro Woche und 100.000 Einwohnern lag. Aber Bürger in Nordrhein-Westfalen, die einen tagesaktuellen Schnelltest mit negativem Ergebnis vorweisen können, dürfen trotzdem Geschäfte, Museen oder Zoos aufsuchen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema. Grundsätzlich gilt dabei: Geschäfte des täglichen Bedarfs, insbesondere der Lebensmittelhandel, sind weiterhin uneingeschränkt betretbar.
Trend 25 der 31 Städte und Kreise, die nach den Werten von Freitag Inzidenzwerte von mehr als 100 hatten, haben beim Land beantragt und dann genehmigt bekommen, die Schnelltest-Option einzuführen. Dies sind unter anderem die Städteregion Aachen, Duisburg, Leverkusen, Gelsenkirchen, Wuppertal, Solingen und Herne sowie die Kreise Borken, Euskirchen, Herford, Kleve, Mettmann, Oberbergischer Kreis, Recklinghausen, Rhein-Erft und Wesel. Hinzu kommen Essen und Dortmund.
Vorsichtiges Köln Remscheid, der Kreis Düren und vier andere Kommunen nutzen die Testoption nicht. Die Stadt Köln erklärt ausdrücklich, sie verzichte auf einen Antrag, weil die Fallzahlen zu schnell steigen. Die Stadt Düsseldorf liegt bisher unter dem Inzidenzwert von 100. Sie hat bisher noch nicht entschieden, ob sie eine Testoption nutzen würde, falls dies nötig wäre.
Testangebot Das Land erklärt, dass es mit mindestens 4800 Teststellen genügend Angebot gäbe, sich untersuchen zu lassen. Die Gebiete, die auf Schnelltests setzen, mussten jeweils erklären, sie gingen von genügend Kapazität aus. Dabei sind Städte und Kreise verpflichtet, im Internet die verfügbaren Teststationen anzugeben. Beim Kreis Kleve war diese Liste per Google beispielsweise in rund einer Minute mit den Suchwörtern „Kreis Kleve“und „Corona-Test“zu finden. Weit mehr als 50 Testmöglichkeiten sind verzeichnet. Der Apothekerverband Nordrhein erklärt, dass die Apotheken in NRW pro Woche 500.000 kostenlose Bürgertests durchführen. „Unser Angebot wird immer weiter ausgebaut. Termine können online gebucht werden, aber oft sind auch spontane Tests möglich“, sagt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein.
Warnungen Kritiker der NRW-Testoption fürchten, dass die Infektionszahlen alleine darum steigen könnten, weil wieder mehr Menschen unterwegs sind. „Wir brauchen die konsequente Umsetzung der Notbremse“, sagte am Wochenende denn auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Der „Flickenteppich in der Corona-Bekämpfung“müsse beendet werden, womit er offensichtlich auch die Sonderregel in NRW meinte, aber auch eine vergleichbare Regel im rot-rot-grün regierten Berlin. Auch Thomas Kutschaty, SPD-Chef in NRW, ist vorsichtig: Der Oppositionsführer im Landtag wirbt zwar seit Monaten dafür, mit viel mehr Tests eine Öffnung des öffentlichen Lebens zu ermöglichen, aber ein Schnellschuss während massiv steigender Infektionszahlen sei riskant. Er dringt auch darauf, dass Testergebnisse in eine App eingetragen werden, wogegen aktuell viele Kunden nur ein Papiertestat erhalten.
Chance Peter Achten, NRW-Vorsitzender des Handelsverbands HDE, begrüßt die Testoption, um Geschäften das Überleben zu retten, wie es etwa Tübingen vormache. Besuche im Handel würden wegen des vorgeschriebenen Abstands nur minimal zum Infektionsgeschehen beitragen, doch durch das erzwungene breite Testen würden mehr Infizierte gefunden. Diese Chance sieht auch Thomas Preis vom Apothekerverband: „Je mehr Menschen wir testen, umso besser können wir Corona bremsen.“Diejenigen, die positiv getestet würden, müssten sich von anderen Menschen fernhalten, um diese zu schützen. Und sie müssten dann noch einen PCR-Test machen, um das Ergebnis zu überprüfen. „Manchmal ist es zwar falscher Alarm, aber nur selten übersehen die Schnelltests ein Risiko. So schützen wir uns alle“, sagte er.