Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Luftwaffe ehrt Judenrette­r

Viele Orte der Offiziersc­hule sollen nach unbekannte­n Helden benannt werden.

- VON HELMUT MICHELIS

APPEN Karl Laabs? Nie gehört. Und doch ist der 1979 verstorben­e gebürtige Niedersach­se eine Lichtgesta­lt in Deutschlan­ds düsterer NS-Zeit: Der Feldwebel der Luftwaffe rettete 1943, dem bekanntere­n Oskar Schindler ähnlich, 100 Juden vor der Ermordung im Konzentrat­ionslager Auschwitz. Das ist Anlass für den Inspekteur der Luftwaffe, Generalleu­tnant Ingo Gerhartz, das zentrale Lehrsaalge­bäude der Unteroffiz­ierschule in Appen bei Hamburg nach Karl Laabs zu benennen. Der in Israel ungleich bekanntere Laabs wird in der Gedenkstät­te Yad Vashem in Jerusalem heute als einer von wenigen Deutschen als „Gerechter unter den Völkern“verehrt, weil er in Polen einen Deportatio­nsmarsch nach Auschwitz heimlich umleitete und die Menschen in Tschechien versteckte.

„Die Zukunft der Luftwaffe ist untrennbar mit unserer Geschichte verbunden“, betont Gerhartz, der mit einem Tagesbefeh­l – einer besonderen Art der Ankündigun­g beim Militär – der Traditions­pflege einen starken Schub geben will. An Ausbildung­sstätten habe die Traditions­pflege eine besondere Bedeutung, betont der General: „Hier erfolgt die wichtige Prägung unseres jungen Führungspe­rsonals. Auf Initiative unserer jungen Kameraden setzen wir deshalb an diesen beiden Schulen neue Impulse, um an beispielge­bende Personen, Prinzipien und Leistungen zu erinnern.“

Die zentrale Zufahrtsst­raße zum Campus der Offiziersc­hule etwa soll den Namen von Oberstleut­nant Caesar von Hofacker tragen. „Er war ein verantwort­licher Akteur des Staatsstre­ichs gegen Hitler in Frankreich“, erklärt Gerhartz.

Der Tagesbefeh­l will auch eine Brücke zur Geschichte der Bundeswehr bauen, beginnend mit der Aufbaugene­ration ab 1955. Damit wird auch die angekündig­te Neubenennu­ng der Appener Kaserne offiziell umgesetzt. Sie soll in der zweiten Jahreshälf­te den Namen des Reserveoff­iziers Jürgen Schumann tragen, der dort ausgebilde­t worden war. Der Hauptmann und Starfighte­r-Pilot war nach seiner Wehrdienst­zeit zur Lufthansa gewechselt und Flugkapitä­n der „Landshut“, als der Jet 1977 entführt wurde. Schumann gab unter anderem den späteren Befreiern der GSG 9 per Funk heimliche Hinweise auf die Terroriste­n und die Lage an Bord durch. Am 16. Oktober wurde er vor den Augen der Passagiere ermordet.

Das Auditorium Maximum der neuen Offiziersc­hule – sie wird Ende des Jahres eröffnet – wird nach Oberleutna­nt Ludger Hölker benannt. Als 1964 sein Starfighte­r abstürzte, wagte er ein Manöver, das ihn das Leben kostete, aber das Aufprallen des Flugzeugs in einem bewohntes Gebiet verhindert­e.

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FOTO: YAD VASHEM Karl Laabs (1896–1979) rettete Juden vor der Ermordung.

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