Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Frostige Aussichten für Eiskunstläufer
Bei der WM laufen die Deutschen der Weltspitze hinterher, lösen aber immerhin drei Olympia-Tickets.
STOCKHOLM (dpa) Dabei sein ist alles. Dieses Motto dürfte für die deutschen Eiskunstläufer bei den Winterspielen 2022 in Peking mehr denn je gelten. Sie konnten bei den Weltmeisterschaften in Stockholm zwar in drei der vier Disziplinen Olympia-Quotenplätze sichern, liefen, tanzten und sprangen aber weit von der Kufen-Elite entfernt. „Es als Weltspitzenleistungen anzusehen, da sprechen die Ergebnisse für sich“, sagte Claudia Pfeifer, die neue Sportdirektorin der Deutschen Eislauf-Union. „Nach einer schwierigen Saison mit drei von vier Olympia-Startplätzen nach Hause zu gehen, ist ein guter Erfolg.“
Die Aussichten auf die Peking-Spiele in elf Monaten sind dennoch eher frostig. Der 13. Rang der Berliner Paarläufer Annika Hocke/ Robert Kunkel war die beste Platzierung. Bei den Damen und im Eistanz kamen Nicole Schott (Essen) sowie
Katharina Müller/Tim Dieck (Dortmund) jeweils auf Platz 18. Auf Position 26 landete der dreimalige deutsche Meister Paul Fentz (Berlin). Im September muss er bei der Nebelhorn Trophy in Oberstdorf den zweiten Anlauf nehmen, um das Olympia-Ticket noch zu lösen.
Die frühere Rollkunstlauf-Weltmeisterin Pfeifer muss neuen Schwung in den deutschen Eiskunstlauf bringen, der bis zu den Winterspielen 2018 vor allem von den Erfolgen der Paarläuferin Aljona Savchenko lebte. Sie bescherte Deutschland mit Robin Szolkowy und danach mit Bruno Massot von 2006 an 23 Medaillen bei Olympia, WM und EM – darunter elf aus Gold. Ein Comeback der Olympiasieger Savchenko/Massot in China ist nicht ausgeschlossen und käme dem Verband sehr gelegen. „Sicherlich wäre das eine spannende Geschichte. Das würde den Konkurrenzkampf anheizen“, sagte Pfeifer. Der erste Schritt sei, dass die Beiden die Entscheidung treffen. „Wenn sie sie getroffen haben, werden wir gemeinsam das Bestmögliche herausholen.“Dies müsste jedoch zeitnah nach der WM erfolgen: „Die Uhr tickt.“Die 37-jährige Savchenko würde sofort auf das Eis zurückkehren, doch nicht nur ihr in der Schweiz lebender Ex-Partner Massot zögert. „Unser Wille allein reicht nicht. Wir brauchen auch Geld. Bisher
ist keiner da, der sagt, wir stehen hinter euch“, sagte Savchenko am Rande der WM.
Auch wenn aus der Sensationsrückkehr nichts werden sollte, ruhen die Hoffnungen der Deutschen Eislauf-Union auf dem Paarlauf, da das deutsche Spitzenduo Minerva Hase/Nolan Seegert (Berlin) verletzungsbedingt bei der WM fehlte. Sie waren bei der EM 2020 immerhin Fünfte geworden.
Unerreichbar wird die Schlittschuh-Macht Russland bleiben, deren Eiskünstler drei der vier Titel und sechs von zwölf Medaillen holten. Bei den Damen gingen sogar Gold, Silber und Bronze an die Russinnen. Nur bei dem vielleicht besten Medaillenkampf der WM-Geschichte standen die Herren aus dem großen Reich der Kufen im Abseits und staunten wohl auch über den Amerikaner Nathan Chen: Er veredelte seinen dritten WM-Triumph mit fünf perfekten Vierfach-Sprüngen.