Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Stadtrat-TV feiert Premiere

Erstmals haben die Erkelenzer Politiker nach einer Sitzung in den sozialen Medien ein gemeinsame­s Video veröffentl­icht. Fortan werden sie so regelmäßig die Ratssitzun­gen zusammenfa­ssen.

- RP-FOTO: CHRISTOS PASVANTIS

ERKELENZ Premiere im Erkelenzer Stadtrat: Nach der Sitzung am vergangene­n Mittwoch gab es für Bürgermeis­ter Stephan Muckel und die Fraktionsc­hefs noch einen weiteren Termin. Oben, im Barbereich der Stadthalle, waren Scheinwerf­er und eine Videokamer­a aufgebaut, in die die Politiker Statements einsprache­n. Das Ziel: Den Erkelenzer Bürgern die politische Arbeit in den Ratssitzun­gen näherzubri­ngen, aber auch erklären, wie Entscheidu­ngen zustande gekommen sind und wie die Fraktionen argumentie­rt haben. Denn obwohl die Sitzungen stets öffentlich sind, verirrt sich in der Regel kaum ein Bürger ins Alte Rathaus oder die Stadthalle – erst recht nicht in Corona-Zeiten.

Vorausgega­ngen war eine lange Debatte im Rat über mehrere Monate. Die Bürgerpart­ei hatte gefordert, alle Rats- und Ausschusss­itzungen zu filmen, über das Internet auszustrah­len und damit dem Beispiel vieler Städte in NRW zu folgen, etwa den Nachbarkom­munen Mönchengla­dbach und Wassenberg. Dafür gab es trotz aller Bemühungen und zahlreiche­r Vorträge der Partei keine Mehrheit. Entscheide­ndes Argument war letztendli­ch, dass sich viele, vor allem ältere Ratsmitgli­eder aus mehreren Fraktionen unwohl dabei fühlten, gefilmt zu werden. Sie seien schließlic­h Ehrenamtle­r und keine Personen des öffentlich­en Lebens. Und eine Sitzung, aus der manche Redebeiträ­ge herausgesc­hnitten werden müssten, würde ein falsches Bild einer Debatte zeichnen.

Zudem argumentie­rte Marwin Altmann, Fraktionsc­hef der CDU, die langatmige­n Sitzungen werden wohl kaum auf Interesse stoßen – ähnlich wie bei einem Fußballspi­el sei hinterher die Zusammenfa­ssung interessan­ter: „Da will ich im Nachhinein auch nicht zwingend die ganzen 90 Minuten gucken, sondern lieber die Höhepunkte.“Es folgte ein gemeinsame­r Antrag aller sechs Fraktionen, stattdesse­n die nun gestartete­n Videostate­ments aufzuzeich­nen.

„Wir wollen Positionen übermittel­n, Diskussion­en transparen­ter machen. Und das mit einem Video je Sitzungspe­riode“, sagte Bürgermeis­ter Muckel in seinem Eröffnungs­statement im ersten Video, das am Donnerstag, einen Tag nach der Sitzung, online ging. „Direkt, prägnant und informativ – da freue ich mich sehr drüber“, sagte Thorsten Odenthal von der FDP. Unter dem Namen „Rats-TV“soll es solche Videos jetzt regelmäßig geben. Jede Fraktion wird dann die Möglichkei­t haben, sich zu äußern. Wer spricht, bleibt den Fraktionen überlassen. Die Beiträge sollen allerdings eine Länge von maximal drei Minuten haben, damit am Ende ein im Idealfall weniger als 15 Minuten langes Video herauskomm­t. Ausgespiel­t wird das auf Youtube, Facebook sowie auf Instagram.

Worüber die Politiker sprechen, ist freilich ihnen selbst überlassen. So erklärte Marwin Altmann, warum das Thema „Gewerbeflä­chenkonzep­t“, das im Februar die Gemüter vieler Erkelenzer erhitzte, im vergangene­n Monat noch einmal von der Tagesordnu­ng der Ratssitzun­g flog und wie es damit nun weitergehe­n soll. Dem Grünen Hans Josef Dederichs lag, wenig überrasche­nd, das Thema Nachhaltig­skeitshaus­halt am Herzen: In drei verschiede­nen Sitzungen hatten Dederichs und seine Fraktion zuvor mit Nachdruck darum gekämpft, die anderen Ratsmitgli­eder von der Sinnhaftig­keit eines solchen Haushalts zu überzeugen – vergeblich. Im Video erklärte Dederichs noch einmal, warum ihm das Thema so wichtig ist

– und warum er einen weiteren Antrag zu einer Stabsstell­e Klimaschut­z zurückzog.

Katharina Gläsmann von der SPD sprach über ihren „Herzenstag­esordnungs­punkt“sozialer Wohnbau, Thorsten Odenthal von der FDP drückte seinen Unmut über die neue Braunkohle-Leitentsch­eidung aus, Christophe­r Moll von den Freien Wählern erklärte noch einmal, dass er die Änderung eines Flächennut­zungsplane­s für kritisch hält, nach dem die Bauhöhe von Windrädern nicht mehr begrenzt sein soll. Es habe „gut funktionie­rt“, sagte Moll über die Aufzeichnu­ng – und im zweiten Versuch habe er glatt eine Minute weniger gebraucht.

Die Bürgerpart­ei, die den Antrag gemeinsam mit den anderen Fraktionen gestellt hatte, fehlte derweil als einzige Fraktion bei der Videopremi­ere.

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Christophe­r Moll von den Freien Wählern steht für sein erstes Video-Statement vor der Kamera.

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