Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Stadtrat-TV feiert Premiere
Erstmals haben die Erkelenzer Politiker nach einer Sitzung in den sozialen Medien ein gemeinsames Video veröffentlicht. Fortan werden sie so regelmäßig die Ratssitzungen zusammenfassen.
ERKELENZ Premiere im Erkelenzer Stadtrat: Nach der Sitzung am vergangenen Mittwoch gab es für Bürgermeister Stephan Muckel und die Fraktionschefs noch einen weiteren Termin. Oben, im Barbereich der Stadthalle, waren Scheinwerfer und eine Videokamera aufgebaut, in die die Politiker Statements einsprachen. Das Ziel: Den Erkelenzer Bürgern die politische Arbeit in den Ratssitzungen näherzubringen, aber auch erklären, wie Entscheidungen zustande gekommen sind und wie die Fraktionen argumentiert haben. Denn obwohl die Sitzungen stets öffentlich sind, verirrt sich in der Regel kaum ein Bürger ins Alte Rathaus oder die Stadthalle – erst recht nicht in Corona-Zeiten.
Vorausgegangen war eine lange Debatte im Rat über mehrere Monate. Die Bürgerpartei hatte gefordert, alle Rats- und Ausschusssitzungen zu filmen, über das Internet auszustrahlen und damit dem Beispiel vieler Städte in NRW zu folgen, etwa den Nachbarkommunen Mönchengladbach und Wassenberg. Dafür gab es trotz aller Bemühungen und zahlreicher Vorträge der Partei keine Mehrheit. Entscheidendes Argument war letztendlich, dass sich viele, vor allem ältere Ratsmitglieder aus mehreren Fraktionen unwohl dabei fühlten, gefilmt zu werden. Sie seien schließlich Ehrenamtler und keine Personen des öffentlichen Lebens. Und eine Sitzung, aus der manche Redebeiträge herausgeschnitten werden müssten, würde ein falsches Bild einer Debatte zeichnen.
Zudem argumentierte Marwin Altmann, Fraktionschef der CDU, die langatmigen Sitzungen werden wohl kaum auf Interesse stoßen – ähnlich wie bei einem Fußballspiel sei hinterher die Zusammenfassung interessanter: „Da will ich im Nachhinein auch nicht zwingend die ganzen 90 Minuten gucken, sondern lieber die Höhepunkte.“Es folgte ein gemeinsamer Antrag aller sechs Fraktionen, stattdessen die nun gestarteten Videostatements aufzuzeichnen.
„Wir wollen Positionen übermitteln, Diskussionen transparenter machen. Und das mit einem Video je Sitzungsperiode“, sagte Bürgermeister Muckel in seinem Eröffnungsstatement im ersten Video, das am Donnerstag, einen Tag nach der Sitzung, online ging. „Direkt, prägnant und informativ – da freue ich mich sehr drüber“, sagte Thorsten Odenthal von der FDP. Unter dem Namen „Rats-TV“soll es solche Videos jetzt regelmäßig geben. Jede Fraktion wird dann die Möglichkeit haben, sich zu äußern. Wer spricht, bleibt den Fraktionen überlassen. Die Beiträge sollen allerdings eine Länge von maximal drei Minuten haben, damit am Ende ein im Idealfall weniger als 15 Minuten langes Video herauskommt. Ausgespielt wird das auf Youtube, Facebook sowie auf Instagram.
Worüber die Politiker sprechen, ist freilich ihnen selbst überlassen. So erklärte Marwin Altmann, warum das Thema „Gewerbeflächenkonzept“, das im Februar die Gemüter vieler Erkelenzer erhitzte, im vergangenen Monat noch einmal von der Tagesordnung der Ratssitzung flog und wie es damit nun weitergehen soll. Dem Grünen Hans Josef Dederichs lag, wenig überraschend, das Thema Nachhaltigskeitshaushalt am Herzen: In drei verschiedenen Sitzungen hatten Dederichs und seine Fraktion zuvor mit Nachdruck darum gekämpft, die anderen Ratsmitglieder von der Sinnhaftigkeit eines solchen Haushalts zu überzeugen – vergeblich. Im Video erklärte Dederichs noch einmal, warum ihm das Thema so wichtig ist
– und warum er einen weiteren Antrag zu einer Stabsstelle Klimaschutz zurückzog.
Katharina Gläsmann von der SPD sprach über ihren „Herzenstagesordnungspunkt“sozialer Wohnbau, Thorsten Odenthal von der FDP drückte seinen Unmut über die neue Braunkohle-Leitentscheidung aus, Christopher Moll von den Freien Wählern erklärte noch einmal, dass er die Änderung eines Flächennutzungsplanes für kritisch hält, nach dem die Bauhöhe von Windrädern nicht mehr begrenzt sein soll. Es habe „gut funktioniert“, sagte Moll über die Aufzeichnung – und im zweiten Versuch habe er glatt eine Minute weniger gebraucht.
Die Bürgerpartei, die den Antrag gemeinsam mit den anderen Fraktionen gestellt hatte, fehlte derweil als einzige Fraktion bei der Videopremiere.