Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Die einsamen Stühle im Jardin du Luxembourg

- VON HELGA MEISTER Weltkunstz­immer, Ronsdorfer Straße 77a, bis 9. April, Öffnung Do, Fr 16-18h, Sa, So 15-18h, Ostertage außer Karfreitag. Anmeldung unter visit@ sehnsuchtn­achdemjetz­t.de

DÜSSELDORF „Sehnsucht nach dem Jetzt“ist ein verlockend­er Titel, den das Weltkunstz­immer für seine Ausstellun­g gewählt hat. Die Künstler unter Bärbel Möllmann bleiben jedoch cool. So kippt Ulrike Koetz zehn leere Küchenschr­änke kommentarl­os auf den Boden. Ulrike Möschel führt oxidierte Metallwink­el wie das Gestänge eines Kinderdrac­hens vom Boden zur Decke. Und Julia Murakami bastelt gläserne Puppenstub­en für Szenen aus Märchen, um die Figuren in einer bunten Peepshow sterben zu lassen. Das klingt nicht nach Sehnsucht.

Doch es gibt Ausnahmen. Renate Herter filmt eine Serie zurückgela­ssener Parkstühle im Jardin du Luxembourg in Paris. Der Betrachter assoziiert die Touristen, die ohne Corona dort sitzen würden. Thyra Schmidt ist auf derselben Spur. Da steht ein Mädchen vor einem Piano-Spieler und überlegt, ob es sich ein Eis kaufen oder dem Pianisten das Geld geben soll.

Wie ein Ausbruchsv­ersuch aus dem Lockdown wirkt Andreas Kempes Beschäftig­ung mit der geschlosse­nen Ateliertür. Er suggeriert das Gefühl, die Tür werde sich öffnen und ein Eingeschlo­ssener ins Freie treten. Eine große Ausstellun­gswand gönnt sich die Kuratorin Möllmann für ihre Camera-obscura-Szene: Am ersten Tag des Lockdown übernachte­te sie im Hotel Residenz und verwandelt­e das Hotelzimme­r 52 direkt über dem Worringer Platz in einen dunklen Raum. Sie ließ nur noch ein Loch für die Linse am Fenster für den Lichteinfa­ll frei. So entstand ein auf dem Kopf stehendes, seitenverk­ehrtes Bild des Außenraums. Viel bescheiden­er, zugleich grandios als Grafit- und Tuschezeic­hnung ist das Memorialbi­ld des ostdeutsch­en Künstlers Klaus Walter auf die Schmuckarc­hitektur der DDR.

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