Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Die einsamen Stühle im Jardin du Luxembourg
DÜSSELDORF „Sehnsucht nach dem Jetzt“ist ein verlockender Titel, den das Weltkunstzimmer für seine Ausstellung gewählt hat. Die Künstler unter Bärbel Möllmann bleiben jedoch cool. So kippt Ulrike Koetz zehn leere Küchenschränke kommentarlos auf den Boden. Ulrike Möschel führt oxidierte Metallwinkel wie das Gestänge eines Kinderdrachens vom Boden zur Decke. Und Julia Murakami bastelt gläserne Puppenstuben für Szenen aus Märchen, um die Figuren in einer bunten Peepshow sterben zu lassen. Das klingt nicht nach Sehnsucht.
Doch es gibt Ausnahmen. Renate Herter filmt eine Serie zurückgelassener Parkstühle im Jardin du Luxembourg in Paris. Der Betrachter assoziiert die Touristen, die ohne Corona dort sitzen würden. Thyra Schmidt ist auf derselben Spur. Da steht ein Mädchen vor einem Piano-Spieler und überlegt, ob es sich ein Eis kaufen oder dem Pianisten das Geld geben soll.
Wie ein Ausbruchsversuch aus dem Lockdown wirkt Andreas Kempes Beschäftigung mit der geschlossenen Ateliertür. Er suggeriert das Gefühl, die Tür werde sich öffnen und ein Eingeschlossener ins Freie treten. Eine große Ausstellungswand gönnt sich die Kuratorin Möllmann für ihre Camera-obscura-Szene: Am ersten Tag des Lockdown übernachtete sie im Hotel Residenz und verwandelte das Hotelzimmer 52 direkt über dem Worringer Platz in einen dunklen Raum. Sie ließ nur noch ein Loch für die Linse am Fenster für den Lichteinfall frei. So entstand ein auf dem Kopf stehendes, seitenverkehrtes Bild des Außenraums. Viel bescheidener, zugleich grandios als Grafit- und Tuschezeichnung ist das Memorialbild des ostdeutschen Künstlers Klaus Walter auf die Schmuckarchitektur der DDR.
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