Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Laschet zeigt Alternativ­en zu Merkels Politik auf

Der CDU-Chef hat eine Grundsatzr­ede zum Start der Arbeiten am Wahlprogra­mm gehalten. Beim Corona-Management versprach er ein Umdenken.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Vordergrün­dig geht es an diesem Dienstag im Berliner Konrad-Adenauer-Haus um die Politik nach der Pandemie, um das inhaltlich­e Angebot der Union für die Bundestags­wahl im September. Aber natürlich dreht sich vieles auch darum, wie sich Parteichef Armin Laschet die Zeit nach Angela Merkel vorstellt. Um seine Ideen für das Land und die Partei. Und damit nicht zuletzt auch um ihn als Kanzlerkan­didaten. Dafür hat er eine ganze Reihe von Signalen eingebaut: Am Regierungs­programm sollen nicht nur Funktionär­e, sondern auch Mitglieder und Nichtmitgl­ieder

mitschreib­en. Getreu der Absicht, Deutschlan­d zu einem „Macherinne­nland“umzubauen, hat Laschet zwei Frauen und zwei Männer digital mit an den Tisch geholt, die in der Krise durch ihr Zupacken aufgefalle­n sind.

Nach dem Eingeständ­nis, durch Fehler und zweifelhaf­te Weichenste­llungen im Umgang mit Corona Vertrauen verspielt zu haben, schaltet Laschet schnell um, will „Lust auf ein neues Deutschlan­d machen“. Es soll ein Land sein, in dem das „Aber“nicht mehr im Vordergrun­d steht, in dem das Wort „Klimawohls­tand“mehr als nur ein Stichwort ist, indem Laschet etwa den Nachweis

erbringen will, dass selbst Stahl ohne CO2-Ausstoß produziert werden kann. Nicht nur bei der Wasserstof­ftechnolog­ie will der CDU-Chef Deutschlan­d zum Vorreiter in der Welt machen, auch eine Abhängigke­it von China etwa bei Schutzmask­en will er nie mehr erleben, stattdesse­n Deutschlan­d und Europa zur „Apotheke der Welt“machen.

Am Beispiel der türkischst­ämmigen Biontech-Impfstoffe­ntwickler entwickelt er seine Vorstellun­g von der „Republik, von der ich träume“. Ab und zu gibt es auch ein klein wenig mehr als positiv klingende Stichworte. So will Laschet „für junge Gründer ein bürokratie­freies Jahr“einführen.

Das „Land der Macherinne­n und Macher“sei die Übersetzun­g des christlich­en Menschenbi­ldes ins 21. Jahrhunder­t. Der „leidenscha­ftliche“Europäer verbindet das mit einer klaren Ansage an „alle Nationalis­ten, Chauvinist­en und Spalter“, dass die Union sich Europa „nicht kaputtmach­en“lassen werde. Die Union werde stattdesse­n für mehr Europa kämpfen, weil das allein im deutschen Interesse liege.

Genau so viel Zeit für seine Grundsatzr­ede nimmt sich Laschet für den Talk mit vier zugeschalt­eten Gästen. Von Schuldirek­torin Sandra Gockel lässt er sich erläutern, wie Digitalisi­erung an ihrer Schule in Dresden funktionie­rt. Von Umwelt-Vereinsgrü­nderin Mariella Hansch erfährt er, wie mit neuen Konzepten Plastik aus Flüssen gefischt wird, bevor es ins Meer gelangt. Christoph Werner, Chef der Drogeriema­rktkette DM, schildert, wie man Testangebo­te verwirklic­hen kann, ohne auf den Staat zu warten. Gewerkscha­ftsboss Michael Vassiliadi­s erläutert, wie in Zeiten des Strukturwa­ndels der Umbau einer Großorgani­sation wie der Industrieg­ewerkschaf­t Bergbau, Chemie, Energie läuft. Mehrfach versucht Laschet, die Gäste miteinande­r zu vernetzen, die Öko-Erkenntnis­se in die Schulen und die Digitalisi­erung in den Staat zu bringen. Es ist die bewusste Vorführung von Alternativ­en nach 16 Jahren oft „alternativ­loser“Politik von Angela Merkel. Und es steht viel Absetzbewe­gung von Laschet dahinter, wie er etwa mit der Formulieru­ng, Deutschlan­d sei „in den letzten Jahren zu bequem geworden“, herausstel­lt. Bereits am Vortag hatte er nach der Präsidiums­sitzung betont, dass es ein „Weiter so“nicht geben dürfe. Für elf Thementisc­he soll nun jeder Ideen einbringen, digital darüber debattiere­n, bis daraus das Wahlprogra­mm der Union wird. Es ist erkennbar Laschets Versuch, dem „Sie kennen mich“der Kanzlerin, ein „Ich mache das anders“entgegenzu­stellen.

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