Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Laschet zeigt Alternativen zu Merkels Politik auf
Der CDU-Chef hat eine Grundsatzrede zum Start der Arbeiten am Wahlprogramm gehalten. Beim Corona-Management versprach er ein Umdenken.
BERLIN Vordergründig geht es an diesem Dienstag im Berliner Konrad-Adenauer-Haus um die Politik nach der Pandemie, um das inhaltliche Angebot der Union für die Bundestagswahl im September. Aber natürlich dreht sich vieles auch darum, wie sich Parteichef Armin Laschet die Zeit nach Angela Merkel vorstellt. Um seine Ideen für das Land und die Partei. Und damit nicht zuletzt auch um ihn als Kanzlerkandidaten. Dafür hat er eine ganze Reihe von Signalen eingebaut: Am Regierungsprogramm sollen nicht nur Funktionäre, sondern auch Mitglieder und Nichtmitglieder
mitschreiben. Getreu der Absicht, Deutschland zu einem „Macherinnenland“umzubauen, hat Laschet zwei Frauen und zwei Männer digital mit an den Tisch geholt, die in der Krise durch ihr Zupacken aufgefallen sind.
Nach dem Eingeständnis, durch Fehler und zweifelhafte Weichenstellungen im Umgang mit Corona Vertrauen verspielt zu haben, schaltet Laschet schnell um, will „Lust auf ein neues Deutschland machen“. Es soll ein Land sein, in dem das „Aber“nicht mehr im Vordergrund steht, in dem das Wort „Klimawohlstand“mehr als nur ein Stichwort ist, indem Laschet etwa den Nachweis
erbringen will, dass selbst Stahl ohne CO2-Ausstoß produziert werden kann. Nicht nur bei der Wasserstofftechnologie will der CDU-Chef Deutschland zum Vorreiter in der Welt machen, auch eine Abhängigkeit von China etwa bei Schutzmasken will er nie mehr erleben, stattdessen Deutschland und Europa zur „Apotheke der Welt“machen.
Am Beispiel der türkischstämmigen Biontech-Impfstoffentwickler entwickelt er seine Vorstellung von der „Republik, von der ich träume“. Ab und zu gibt es auch ein klein wenig mehr als positiv klingende Stichworte. So will Laschet „für junge Gründer ein bürokratiefreies Jahr“einführen.
Das „Land der Macherinnen und Macher“sei die Übersetzung des christlichen Menschenbildes ins 21. Jahrhundert. Der „leidenschaftliche“Europäer verbindet das mit einer klaren Ansage an „alle Nationalisten, Chauvinisten und Spalter“, dass die Union sich Europa „nicht kaputtmachen“lassen werde. Die Union werde stattdessen für mehr Europa kämpfen, weil das allein im deutschen Interesse liege.
Genau so viel Zeit für seine Grundsatzrede nimmt sich Laschet für den Talk mit vier zugeschalteten Gästen. Von Schuldirektorin Sandra Gockel lässt er sich erläutern, wie Digitalisierung an ihrer Schule in Dresden funktioniert. Von Umwelt-Vereinsgründerin Mariella Hansch erfährt er, wie mit neuen Konzepten Plastik aus Flüssen gefischt wird, bevor es ins Meer gelangt. Christoph Werner, Chef der Drogeriemarktkette DM, schildert, wie man Testangebote verwirklichen kann, ohne auf den Staat zu warten. Gewerkschaftsboss Michael Vassiliadis erläutert, wie in Zeiten des Strukturwandels der Umbau einer Großorganisation wie der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie läuft. Mehrfach versucht Laschet, die Gäste miteinander zu vernetzen, die Öko-Erkenntnisse in die Schulen und die Digitalisierung in den Staat zu bringen. Es ist die bewusste Vorführung von Alternativen nach 16 Jahren oft „alternativloser“Politik von Angela Merkel. Und es steht viel Absetzbewegung von Laschet dahinter, wie er etwa mit der Formulierung, Deutschland sei „in den letzten Jahren zu bequem geworden“, herausstellt. Bereits am Vortag hatte er nach der Präsidiumssitzung betont, dass es ein „Weiter so“nicht geben dürfe. Für elf Thementische soll nun jeder Ideen einbringen, digital darüber debattieren, bis daraus das Wahlprogramm der Union wird. Es ist erkennbar Laschets Versuch, dem „Sie kennen mich“der Kanzlerin, ein „Ich mache das anders“entgegenzustellen.