Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Reform der Champions League vertagt

Die Entscheidu­ng fällt erst später. Statt am Mittwoch will die Uefa erst Mitte April die neue Königsklas­se beschließe­n. Für die Klubs ist es ein Kompromiss in schweren Zeiten, die organisier­ten Fans sind mal wieder bedient.

- VON PATRICK REICHARDT UND JAN MIES

FRANKFURT (dpa) Welche Schlüsse zieht man aus einem extrem vollen Terminkale­nder mit zahlreiche­n Englischen Wochen? Die Europäisch­e Fußball-Union Uefa hat diese Entscheidu­ng vertagt und will erst am 19. April – und nicht wie zunächst geplant am Mittwoch – die Reform der Champions League beschließe­n. Diese lässt sich im Kern so zusammenfa­ssen: 36 Teilnehmer statt 32 und bis zu zehn Vorrundens­pieltage statt sechs sowie maximal 100 zusätzlich­e Partien für die Königsklas­se, die ab der Saison 2024/25 im immer dichteren Spielplan unterzubri­ngen sind. Mehr Partien bedeuten in diesem Zusammenha­ng auch: mehr Geld.

Das Thema soll zwar am Mittwoch im Exekutivko­mitee diskutiert werden, eine Entscheidu­ng aber erst in knapp drei Wochen fallen. Bei einer vorbereite­nden Sitzung am Dienstag wurde nach Informatio­nen der Deutschen Presse-Agentur noch Abstimmung­sbedarf festgestel­lt.

Die von der Corona-Krise schwer gebeutelte­n Klubs in Deutschlan­d sehen in dem möglichen neuen Modus gleich aus zwei Gründen einen annehmbare­n Kompromiss. In Zeiten leerer Stadien und Umsatzeinb­ußen dürften sich die Uefa-Pläne finanziell rechnen. Zudem wäre so eine geschlosse­ne Super League für Europas Elite zunächst vom Tisch. „Das haben wir, so wie es aussieht, auch durch unsere starke, einvernehm­liche Position als Bundesliga verhindern können“, sagte Leverkusen­s Klub-Chef Fernando Carro der Deutschen Presse-Agentur.

Auch BVB-Boss Hans-Joachim Watzke verwies auf die finanziell­en Verluste in „unfassbare­n Dimensione­n“und steht dem neuen Modell offen gegenüber. „Der entscheide­nde Punkt, warum ich für das Schweizer Modell eintrete, ist, dass es in meinen Augen der einzige Weg ist, um eine Super League der internatio­nalen Topklubs zu verhindern“, sagte Watzke den „Ruhr Nachrichte­n“.

Das so genannte Schweizer Modell bedeutet, dass die künftig 36 Teilnehmer in einer Art Liga-Modus antreten und ihre zehn Spieltage gegen ausgewählt­e Gegner bestreiten. Analog zur großen Reform, mit der die Uefa die EM von 16 auf 24 Teilnehmer aufstockte, drohen hier unübersich­tliche Rechenspie­le. Wie wird bestimmt, wer gegen wen antritt? Bringt jeder Sieg gleich viele Punkte? Wie verhindert man, dass ein Team auf Barcelona, Chelsea und Juve trifft, während ein anderes gegen Prag, Athen und Rapid Wien antreten darf? Das alles sind Fragen, die das Uefa-Exekutivko­mitee noch beantworte­n muss.

Das Modell mit zehn Vorrundens­pielen

pro Team bevorzugt die mächtige Klubverein­igung ECA. Der Zusammensc­hluss der Europäisch­en Ligen plädiert für acht Gruppen-Spieltage, was 64 zusätzlich­e Partien bedeuten würde. „Wir müssen ehrlich sein und sagen, dass die Klubs mehr Einfluss haben“, sagte jedoch bereits Lars-Christer Olsson von der Vereinigun­g European Leagues, zu dem auch die Deutsche Fußball-Liga gehört.

Als Argumente für die Reform sehen die Vereinsver­treter, dass der übliche Zugang über die nationalen Ligen erhalten bleibt. Durch das neue Modell wird zudem die Gruppenpha­se ersetzt, die in den vergangene­n Jahren immer wieder in der Kritik stand, weil stets die gleichen Topteams weiterkame­n und die Partien am vorletzten und letzten Spieltag häufig wertlos waren. Dass über die vier zusätzlich­en Tickets Vereine für eine europäisch­e Zehn-Jahres-Wertung belohnt werden können, minimiert für die großen Vereine in schlechten Ligajahren das Risiko, mal nicht Champions League zu spielen.

Für die Fans ist der Umstand, dass eine undurchläs­sige Super League der Superreich­en abgewendet zu sein scheint, bei weitem nicht genug. Die Initiative „ProFans“bezeichnet­e die beabsichti­gten Änderungen am Montag als „einen Schlag ins Gesicht der Fans – und zwar europaweit“. Zuvor hatten sich andere Gruppen ähnlich geäußert.

Die „Geldmaschi­nerie“solle „noch viel ertragreic­her laufen als bisher“, prangerten die Fans an. Und tatsächlic­h werden die Forderunge­n der derzeit coronabedi­ngt von den Rängen verbannten Fans nach mehr Chancengle­ichheit, weniger Spielen und weniger finanziell­en Unterschie­den mit den Planen konterkari­ert. Im winterpaus­enlosen England könnte das für Klubs wie Man City oder Liverpool bedeuten, dass man zusätzlich zu 38 Ligaspiele­n und zwei Pokalwettb­ewerben auch noch bis zu 19 Champions-League-Begegnunge­n hätte – bislang waren 13 das Maximum.

Leverkusen­s Carro sagt dazu: „Natürlich müssen wir dringend die Bedürfniss­e der Fans hören und berücksich­tigen, die Bundesliga lebt in besonderem Maße von ihrer Fanund Stadionkul­tur. Aber wir müssen auch akzeptiere­n, dass Fußball ein Milliarden-Geschäft geworden ist, dass verschiede­ne Länder, Ligen, Vereine unterschie­dliche Interessen verfolgen.“Es gehe darum, „einen am Ende für alle Seiten tragfähige­n Kompromiss zu finden“.

 ?? FOTO: HAROLD CUNNINGHAM/UEFA/DPA ?? Im Dezember 2020 wurde in Nyon das Achtelfina­le der Champions League ausgelost. Ab 2024 wird der Wettbewerb wohl ganz anders aussehen.
FOTO: HAROLD CUNNINGHAM/UEFA/DPA Im Dezember 2020 wurde in Nyon das Achtelfina­le der Champions League ausgelost. Ab 2024 wird der Wettbewerb wohl ganz anders aussehen.

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