Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Knapp ein Drittel arbeitet im Homeoffice
Das Münchner Ifo-Institut sieht bei der mobilen Arbeit in der Pandemie „noch viel Luft nach oben“.
BERLIN In deutschen Unternehmen arbeiten derzeit 31,7 Prozent der Beschäftigten laut einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung teilweise oder vollständig im Homeoffice. Dies geht aus der repräsentativen Befragung der Ökonomen bei Unternehmen im März hervor. „Deutschland hat noch viel Luft nach oben“, sagte Oliver Falck, Leiter des Ifo-Zentrums für neue Technologien. „Wir schätzen das Potenzial für Homeoffice auf 56 Prozent der Beschäftigten.“
Im Februar hatten die Münchner Wirtschaftsforscher noch eine Heimarbeitsquote von 30,3 Prozent ermittelt. „Homeoffice könnte im Kampf gegen die Corona-Pandemie viel mehr als Mittel des sozialen Abstands bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Wirtschaft eingesetzt werden“, zeigte sich Ifo-Experte Falck überzeugt. Gleichzeitig zeige die vergleichsweise niedrige Quote, wie wichtig in den Betrieben konsequente Corona-Tests am Arbeitsplatz seien. Die Bundesregierung will in der kommenden Woche entscheiden, ob sie eine Testpflicht in Unternehmen einführt.
Der Anteil der Beschäftigten im Homeoffice unterscheidet sich stark nach Sektoren. Während er bei den Dienstleistern im März bei 42,6 Prozent lag, erreichte er im verarbeitenden Gewerbe 23,4 Prozent und im Handel 19 Prozent (Großhandel: 24,3 Prozent, Einzelhandel: 11,4 Prozent). Die weitgehend stabile Quote an Beschäftigten, die teilweise oder vollständig im Homeoffice arbeiten, verberge möglicherweise einen Rückgang bei der individuellen Homeoffice-Nutzung, erklärte Falck.
Aktuelle Mobilitätsdaten von Google zeigten, dass die Arbeitsmobilität in Deutschland bereits seit der zweiten Februarhälfte wieder steige und aktuell auf dem Niveau von Oktober 2020 – also vor dem zweiten Lockdown – liege. Diese Werte legten nahe, dass insgesamt wieder mehr Beschäftigte zumindest teilweise im Betrieb arbeiteten.
„Die Studie beschreibt in beeindruckender Weise die Erfolge, die Arbeitgeber und Beschäftigte bei mobilen Arbeitsformen in der letzten Zeit erreicht haben“, sagte Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände. Er äußerte sich aber skeptisch zu den für die Zukunft genannten Zahlen: „Ein dickes Fragezeichen mache ich bei den Potenzialbetrachtungen. Ob und wer mobil arbeitet, ist eine Entscheidung, die Beschäftigte und Arbeitgeber gemeinsam treffen“, so Kampeter. „Eine wissenschaftliche Potenzialbetrachtung ist dagegen ein theoretisches Konstrukt, welches weder die betrieblichen Realitäten noch die Präferenzen der Beteiligten hinreichend abbildet. Keine Umfrage und kein wissenschaftliches Institut kann entscheiden, wie Beschäftigte in den Betrieben eingesetzt werden“, sagte Kampeter.