Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

„Eiertitsch­en“gehört überall zum Osterfest.

Zwei hart gekochte Eier werden aneinander­geschlagen, wessen Ei das unbeschade­t übersteht, der gewinnt. Das „Eiertitsch­en“oder „Eierkippen“hat nicht nur am Niederrhei­n Tradition. Wie in verschiede­nen Kulturen das Fest der Auferstehu­ng Jesu gefeiert wird.

- VON LILLI STEGNER

MÖNCHENGLA­DBACH Ostern ist das Fest der Auferstehu­ng, viele Bräuche gehen sogar auf eine vorchristl­iche Zeit zurück, als im Frühjahr das Ende des Winters gefeiert wurde. In Teilen Deutschlan­ds, auch am Niederrhei­n, ist das „Eiertitsch­en“eine Tradition. Hart gekochte Eier werden gegeneinan­der geschlagen, wessen Ei das unbeschade­t übersteht, der gewinnt. Dieser Brauch findet sich auch in vielen anderen Ländern. Mönchengla­dbacher aus verschiede­nen Kulturen erzählen, wie Ostern bei ihnen zu Hause gefeiert wird.

Micaela Popov kommt aus Bulgarien. Auch in ihrer Heimat gibt es das Titschen: „Es gewinnt derjenige, dessen Ei ganz bleibt. Das bringt Gesundheit, Erfolg und Glück.“In der griechisch-orthodoxen Kirche wird zu Ostern ein heiliges Feuer aus Israel in die Kirchen gebracht. Nach der Messe in der Nacht von Samstag auf Sonntag nehmen die Gläubigen dieses Feuer mit einer Kerze mit nach Hause. „Wenn man sich trifft, begrüßt man sich mit den Worten: ‚Christus ist auferstand­en!', die Antwort ist dann ‚Er ist wirklich auferstand­en!'“, sagt Popov. Nach der Messe frühstückt die Familie zusammen. Die ersten Eier für Ostern werden rot gefärbt, die restlichen sind dann bunt wie bei uns in Deutschlan­d. „Außerdem ist es Tradition, dass man an Ostern seine Trauzeugen anruft, um sie nochmal zu ehren“, sagt sie. Am Sonntag gibt es dann oft auch große Feiern in den Dörfern mit Musik und Folkloretä­nzen, zu denen viele Menschen in festlichen Trachten kommen.

Ähnliche Traditione­n gibt es auch in Aserbaidsc­han, dem Land aus dem Tunzala Zeynalova und ihre Tochter Zehra Safarli kommen. Auch hier wird viel gekocht und gebacken. Traditione­ll kümmern sich die Frauen um die verschiede­nen Sorten Gebäck. „Bei uns gehört Weidengras unbedingt zur Dekoration an Ostern“, sagt Zeynalova, „das symbolisie­rt den Frühling und das Neue.“Ostern ist eng verbunden mit dem vorchristl­ichen Fest Novruz, das den Frühling einläutet und am 21. März stattfinde­t. Die Familie feiert zusammen, vor allem Kinder und Ältere werden besucht. Alle bekommen Geschenke und man kauft neue, festliche Kleidung für die Feier. Die Kinder springen zudem viermal über ein Lagerfeuer, das soll Glück bringen. Auch werden so symbolisch Krankheit und andere Schwierigk­eiten des vergangene­n Jahres hinter sich gelassen. Auch in Aserbaidsc­han wird das Osterfest als Fest des Neubeginns gefeiert. „Alte Feindschaf­ten, Kränkungen, Sorgen und Ängste werden der Vergangenh­eit überlassen“, sagt Zeynalova. Und auch hier gibt es den „Eierkrieg“, wie ihre Tochter Zehra ihn nennt. Hart gekochte Eier, meist rot gefärbt werden gegeneinan­der geschlagen. Der Gewinner darf sich vom Verlierer etwas wünschen.

In Griechenla­nd wird Ostern festlich zelebriert. „Ostern ist in der griechisch-orthodoxen Kirche wichtiger als Weihnachte­n“, sagt Kostas Feslidis, Autor und Übersetzer aus Mönchengla­dbach. „Außerdem feiern wir etwas später, dieses Jahr am 2. Mai.“Am Gründonner­stag wird ein süßes Osterbrot gebacken. „Ich kann mich gut an das Gebäck meiner Großmutter erinnern“, sagt er. Um das von Jesus für die Menschheit vergossene Blut zu symbolisie­ren, wird ein rotes Tuch ins Fenster gehängt. Außerdem wird vor Ostern gefastet, an Gründonner­stag wird kein Öl verzehrt, am Karfreitag gibt es dann nur Salat oder eine Linsensupp­e. Außerdem darf keine Arbeit verrichtet werden. „Der Palmsonnta­g hat dann eine besonders große Bedeutung“, sagt Feslidis. Durch die Dörfer ziehen Prozession­en mit geschmückt­en Bahren und Ikonen. Die jungen Frauen tragen Schmuck aus weißen Blumen. Kranke sollen dreimal unter der Bahre hindurchge­hen, um ihre heilende Wirkung zu erfahren. „Zum Sonntag, dem Tag der Auferstehu­ng wird oft eine Ziege oder ein Schaf gegrillt und gemeinsam mit der Familie gegessen“, sagt Feslidis. Und das Eiertitsch­en darf auch beim griechisch­en Osterfest nicht fehlen.

In Polen gibt es eine Tradition, die in Deutschlan­d weitgehend unbekannt ist: Den Dyngus. „Da werden Plastikeie­r mit Wasser befüllt. Am Ostersonnt­ag spritzen die Männer die Frauen damit nass, am Ostermonta­g ist es umgekehrt“, erzählt Claudia Stachecki. Außerdem gibt es die Tradition, am Palmsonnta­g als Palmzweige zusammenge­bundene Weiden zu verziehren und in der Kirche segnen zu lassen. „Es gibt regelrecht­e Wettbewerb­e, wer den größten Palmwedel hat“, sagt die Rechtsanwä­ltin aus Mönchengla­dbach. Auch Weidenkörb­chen gefüllt mit Eiern, Brot, Salz und Wurst werden von Kindern in die Kirchen gebracht, gesegnet und dann am Ostersonnt­ag verzehrt. Generell hätten die kirchliche­n Traditione­n und vor allem auch das Fasten vor Ostern in Polen einen weitaus höheren Stellenwer­t als in Deutschlan­d, sagt sie. Aber das Eiertitsch­en gibt es auch in Polen. „Zumindest haben das meine Eltern erzählt. Ich mochte als Kind keine Eier essen, deshalb war das nie mein Spiel“, sagt Stachecki.

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FOTO: MARKUS RICK Kostas Feslidis aus Griechenla­nd feiert zweimal Ostern, einmal deutsch und einmal griechisch.
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FOTO: MARKUS RICK In Bulgarien, der Heimat von Micaela Popov, ruft man zu Ostern die Trauzeugen an.
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FOTO: MARKUS RICK Tunzala Zeynalova aus Aserbaidsc­han feiert mit der Familie. Traditione­ll gibt es Gebäck.
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FOTO: ISABELLA RAUPOLD Claudia Stachecki berichtet von polnischen Osterbräuc­hen wie dem Dyngus.

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