Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Tourismusbranche hofft auf Neustart
Im Erkelenzer Land setzt man auf viele neue Angebote und Aktionen, um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie für die Betriebe abzumildern. Die Umsatzverluste werden auf rund 660 Millionen Euro beziffert.
ERKELENZER LAND Die Tourismusbranche im Erkelenzer Land und am südlichen Niederrhein hat seit Beginn der Corona-Krise schwere Umsatzverluste zu verkraften und hofft, dass es bald wieder Aussichten auf Lockerungen gibt. Die Zahlen verdeutlichen, wie stark die Branche im vergangenen Jahr eingebrochen ist. „2019 hatten wir 2,4 Millionen Übernachtungen, 2020 waren es nur noch gut 1,4 Millionen. Das ist ein Minus von 40 Prozent“, erklärt die Geschäftsführerin des Niederrhein Tourismus, Martina Baumgärtner.
Damit fällt das Minus in der Region etwas moderater aus als in NRW (minus 46 Prozent). Dennoch sind die Umsatzverluste für die Branche mit rund 660 Millionen Euro immens. Das schlage sich auf die Wertschöpfung in der gesamten Region nieder. „Die Menschen sehnen sich nach Urlaub, nach Ausflügen, nach Erlebnissen in ihrer freien Zeit. Wir wollen Inspirationen geben für die Zeit nach dem Lockdown und Appetit machen auf die Region zwischen Rhein und Maas“, sagt Martina Baumgärtner. Es sei höchste Zeit für einen Neustart des Tourismus am Niederrhein. Die Branche stehe Gewehr bei Fuß und werde sich sehr schnell wieder auf der touristischen Karte sichtbar machen.
Dass die Natur immer geöffnet hat, kann man derzeit vor allem während der Wochenenden an vielen beliebten Ausflugszielen beobachten, zum Beispiel rund um Haus Wildenrath. Ulrich Schirowski, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Heinsberg, sagt, dass Fahrradfahren und Wandern zu Pandemiezeiten eine Renaissance erleben, „auch bei jungen Leuten“, wie Martina Baumgärtner ergänzt.
Schirowski verweist darauf, dass das Erkelenzer Land und das Heinsberger Land gerade in diesen Bereichen sehr viel zu bieten habe und nennt die West-Bike-Fahrradroute als ein Beispiel. Baumgärtner und Schirowski sind überzeugt, dass die Region nach dem Ende des Lockdowns beste Aussicht auf eine rasche Erholung hat und es möglicherweise zu einem Boom im touristischen Bereich kommt. „Wir sehen ja jetzt, wie wichtig die Bereiche Freizeit, Tourismus und Kultur sind, damit die Menschen nicht vertrocknen“, sagt Martina Baumgärtner.
Mit einem Niederrhein-Shop und der Take-away-Aktion hat der Niederrhein Tourismus die touristischen und gastronomischen Betriebe in der Krise unterstützt. Die Internetseite des Niederrhein-Tourismus wurde überarbeitet, besonders mit Blick auf Corona-Gesichtspunkte: „Wir wollen den Menschen Inspirationen geben, aber auch eine schnelle Orientierung, was geht und was man darf, gerade auch in den Osterferien“, erklärt Martina Baumgärtner. Flüsse, Seen und ausgedehnte Wälder sind ein attraktives Ziel für Wanderer und Radfahrer. Und sie sind immer geöffnet, unabhängig von Corona-Beschränkungen. Deshalb ziele die aktuelle Frühlingskampagne „Auf den Sattel, fertig, los...“mit vielen Tourenangeboten darauf ab.
Ulrich Schirowski kündigt an, dass die Tourismusbranche mit vielen neuen Aktionen auf sich aufmerksam machen wird, um die wirtschaftlichen Auswirkungen für die touristischen Betriebe im Erkelenzer Land abzumildern. „Es geht uns weniger darum, auf den einen unsicheren Neustarttermin nach möglichen Öffnungen hinzuarbeiten. Vielmehr verankern wir mit einer kontinuierlich starken Kommunikation und spannenden Erlebnisangeboten für Tagesgäste unsere Position als sympathische Ausflugsregion fest in den Köpfen“, sagt er. In Kooperation mit der Grünmetropole, dem Kreis Düren und der Städteregion Aachen wird derzeit einem Filetstück unter den überregionalen radtouristischen Angeboten neuer Glanz verliehen: Ab Mai lockt der 180 Kilometer lange Rurufer-Radweg nicht nur mit einer verbesserten Wegequalität an sich. Vielmehr soll er durch neue Erlebnis-Stationen zu einem attraktiven Angebot für eine breitere Zielgruppe werden.
Mit „Tim Berresheims Bilderreise“kommt Ende Mai ein brandneues und hochinnovatives touristisches Konzept ins Spiel. Die spannende Kombination aus einer Radtour, zeitgenössischer Kunst und Augmented Reality ist in Deutschland bislang einzigartig. Ein bisschen wie auf einer modernen Schnitzeljagd projizieren Fahrradfahrer auf der 80 km langen Strecke durch die reizvolle Landschaft mittels einer App über das Smartphone virtuelle Kunstwerke des zeitgenössischen Digitalkünstlers Tim Berresheim, der aus Wassenberg stammt, in die Wirklichkeit. Die Entwicklung dieses Angebotes ist – ebenso wie eine umfangreiche Social Media-Kampagne – gefördert durch Mittel des NRW-Wirtschaftsministeriums.
Einen Schwerpunkt bildet in diesem Jahr auch Joseph Beuys. Vor 100 Jahren wurde der Künstler von Weltruhm am Niederrhein geboren. Zum Beuys-Jahr 2021 soll man die Spuren des Künstlers mit dem Fahrrad verfolgen können, auch im Kreis Heinsberg. Schon bald würden dazu weitere Informationen folgen, kündigte Schirowski an.
Dass viele Museen am Niederrhein ihre Tore wieder für die Besucher öffnen konnten, habe bereits für eine erste Erleichterung gesorgt. Auch in den sozialen Medien bleibe das Heinsberger Land präsent. Schirowski: „Wir wollen parat stehen, sobald es Öffnungen gibt.“
Die Verantwortlichen hoffen, dass es bald wieder Aussichten auf Lockerungen gibt, etwa durch eine einheitliche Vorgehensweise, digitale Apps zur Registrierung und verstärkte Schnelltests von Gästen und Personal. „Die Betriebe sind gut vorbereitet, was Hygienekonzepte und deren Umsetzung anbelangt“, sagt Martina Baumgärtner: „Die Menschen sollen endlich wieder eine Auszeit vom Alltag nehmen und die Faszination des Niederrheins entdecken können.“