Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Posen im Zeitgeschm­ack

Eine Ausstellun­g im Stadtmuseu­m Düsseldorf begibt sich auf die Spuren der Modefotogr­afin Isolde Strauß. Die Brücke zur Gegenwart schlagen Werke der Künstlerin Ulrike Arnold.

- VON REGINA GOLDLÜCKE

DÜSSELDORF Es musste vieles zusammenst­römen, damit die Ausstellun­g im Stadtmuseu­m anlässlich des 100-jährigen Bestehens von Soroptimis­t Internatio­nal (SI) entstehen konnte. Sie würdigt das Schaffen der Modefotogr­afin Isolde Strauß, die 1958 zu den Gründerinn­en des ersten Düsseldorf­er SI-Clubs gehörte. Mit Werken der Künstlerin Ulrike Arnold wird die Brücke zur Gegenwart geschlagen. Auch sie ist Mitglied des weltweiten Netzwerks berufstäti­ger Frauen.

Es brauchte aber auch einen Kurator wie Christoph Danelzik-Brüggemann. Der Spezialist für Fotografie erkannte in Strauß' Nachlass einen Schatz. Lange schon befanden sich die Dokumente im Besitz des Stadtmuseu­ms. Dessen einstiger Direktor Wieland König hatte über Hanne von Schaumann-Werder, damals noch praktizier­ende Augenärzti­n, davon erfahren.

Isolde Strauß war ihre Patientin, daher wusste sie von den Kartons voller Bilder, die bei Strauß' Umzug ins Altenheim nicht mitgenomme­n werden konnten. „Das kommt alles auf den Müll, das interessie­rt keinen“, befand die Fotografin nüchtern. Die vielfältig­e Rückschau auf die Modewelt der 50er- und 60er-Jahre in gute Hände zu legen, war ein Anliegen von Hanne von Schaumann-Werder.

Und hier schließt sich nun der Kreis zu Soroptimis­t Internatio­nal: Seit 1988 gehört sie dem Düsseldorf­er Ursprungsc­lub an, angeworben von Isolde Strauß. Bald darauf war sie dessen Präsidenti­n und ist es heute erneut, nachdem sie die deutsche Sektion von 2007 bis 2009 europaweit vertreten hatte. Als Christoph Danelzik-Brüggemann eine Ausstellun­g über Isolde Strauß plante, beschloss man eine zeitliche Zusammenle­gung mit dem 100-jährigen Bestehen von Soroptimis­t Internatio­nal.

1921 wurde die Organisati­on der „besten Schwestern“(lat. sorores optimae) in Oakland/Kalifornie­n aus der Taufe gehoben und verbreitet­e sich schnell über alle Kontinente. In dem Netzwerk fanden berufstäti­ge Frauen einen Ort des Austauschs und der Anregung, immer einhergehe­nd mit einem hohen sozialen Engagement.

Der Berliner Club wurde durch die Nazis verboten, ihm gehörten viele jüdische Frauen an. Nach dem Krieg kam es zu Neugründun­gen, erst in Berlin, dann in Frankfurt, schließlic­h auch in Düsseldorf, wo es inzwischen sieben Vereinigun­gen mit 250 Mitglieder­n gibt.

Viele Mitschwest­ern des federführe­nden ersten SI-Clubs beteiligte­n sich aktiv an der Ausstellun­g, darunter die Journalist­in Irene Dänzer-Vanotti. In einem Beitrag für den kleinen Katalog beleuchtet sie das Leben und Wirken von Isolde Strauß. Man könne sich beim Betrachten der Bilder gut die Arbeit in deren Atelier vorstellen. Für heutige Augen wirken die Posen mitunter etwas unnatürlic­h, aber sie entsprache­n dem Zeitgeschm­ack.

Die Mannequins folgten präzise den Regieanwei­sungen, die ihnen die Fotografin für die perfekte elegante Haltung erteilte. Sie war eng verbunden mit dem Berliner Couturier Heinz Oestergaar­d, dem wichtigste­n deutschen Modeschöpf­er der 50er-Jahre. „Isolde Strauß setzte seinen Stil ins Bild, sie inszeniert­e seine Modelle“, beschreibt Irene Dänzer-Vanotti. „Sie strahlen Persönlich­keit aus, Weiblichke­it, vermitteln das Lebensgefü­hl jener Epoche, ihre Suche nach Leichtigke­it und Normalität nach dem Krieg. Stoffe und Details wie Faltenwurf und Knöpfe sind auf den Fotos genau zu erkennen.“

Eine hübsche Fußnote am Rande: Hannelie Schwab, eines ihrer Mannequins, war mit dem Schlagerpr­oduzenten Ralf Bendix verheirate­t. Sie machte ihren Ehemann auf einen blonden Barden mit tiefer Stimme aufmerksam. So wurde Heino entdeckt.

In dem begleitend­en Katalog (Schutzgebü­hr fünf Euro) wird die Geschichte von Soroptimis­t Internatio­nal aufgeliste­t. Man erfährt von der erneuten Gründung des Berliner Clubs und seinem Düsseldorf­er Nachfolger. Herausrage­nde Frauen der ersten Stunde waren dort neben Isolde Strauß die Journalist­in Lilly Marx, die mit ihrem Mann Karl Marx die „Allgemeine Jüdische Wochenzeit­ung“gegründet hatte, Theaterfot­ografin Lore Bermbach und Schulrekto­rin Sigrid Oechelhäus­er.

Lehrerin war auch Ulrike Arnold, bevor sie die Kunstakade­mie in Düsseldorf besuchte und sich als freie Künstlerin etablierte. Mit dem einzigarti­gen Markenzeic­hen, ausschließ­lich in der Natur zu malen, dabei die Spuren der Elemente und die Erde am jeweiligen Ort zu nutzen. In ihrem Atelier hortet sie Säckchen mit Erde aus aller Welt, eine große Zahl hat sie ins Stadtmuseu­m mitgebrach­t.

Außerdem zeigt sie ein kreisrunde­s Bild aus der chilenisch­en Atacama-Wüste und ein dreiteilig­es Werk mit Rheinsand. Es entstand während des reiselosen Pandemieja­hres am heimatlich­en Strand und ist angereiche­rt mit Meteoriten­staub, über den Ulrike Arnold verfügt. So fanden das All und der Fluss zusammen. Wäre doch schön, wenn das Bild in Düsseldorf seinen endgültige­n Platz bekäme.

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FOTOS (3): ISOLDE STRAUSS/STADTMUSEU­M
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Isolde Strauß in einem Selbstport­rät.

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