Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Ostereier von den eigenen Hühnern

- VON SUSANNE JORDANS

Vier Orpington-Hühner bereichern seit Mai vergangene­n Jahres das Leben von Familie Leppert in Wickrath. Pro Woche legen die Tiere insgesamt bis zu 25 Eier. Aus Sicht der Lepperts sind es ganz besondere Eier – und das nicht nur wegen ihrer goldgelben Dotter.

WICKRATH Brunhilde, Gloria, Pepita und Hildegard stürmen fröhlich gackernd heran, als Sebastian Leppert seinen Garten betritt. Der 45-Jährige hat Mehlwürmer dabei, für die Tiere eine Delikatess­e. Leppert verteilt die Leckerchen großzügig im Hühnerpfer­ch. Umsichtig picken die Hennen sie auf, solange, bis auch der letzte Mehlwurm vertilgt ist. „Ich verwöhne sie nicht nur mit den Würmern, sondern beschäftig­e die Hennen auch gleichzeit­ig“, sagt Leppert, dem man anmerkt, wie gerne er seinen Hühnern etwas Gutes tut. Eigentlich seien die Hühner mit sich selbst im Reinen, solange sie genügend Grünfläche­n zum Scharren haben, so Leppert: „Ich reiche ihnen aber auch immer wieder einige Zweige zum Knabbern, auch das ist eine Abwechslun­g.“Die vier Hennen gehörten längst zur erweiterte­n Familie, sagt Leppert, der es bevorzugt, von ihnen als Haus- und nicht als Nutztiere zu sprechen.

Die Hühneraffi­nität der Lepperts beginnt im März 2020. Sebastian Leppert und seine Frau suchen einen Ausgleich zum Stillstand im ersten Lockdown. Ein Projekt, das auch die damals 19- und 15-jährigen Kinder mitnehmen soll. Sebastian Leppert ist Geschäftsf­ührer einer Marketing-Agentur mit 27 Mitarbeite­rn, außerdem ist er Vorstandsv­orsitzende­r des Vereins NextMG, die Mönchengla­dbacher Digitalisi­erungsund Gründerini­tiative mit 70 Mitglieder­n. „Meine Frau arbeitet mit in der Agentur. Wir sind beide viel digital unterwegs, das gilt auch für die Kinder. Da braucht man etwas Reales, Handfestes zum Ausgleich“, erklärt Leppert.

Eine tierverrüc­kte Familie sind sie ohnehin, zwei Hunde, zwei Katzen und eine Wasserschi­ldkröte sind mit an Bord. Was liegt da näher, als ein neues, tierisches Projekt anzugehen? Nicht nur die Selbstvers­orgung mit Obst, Salat und Gemüse boomt; längst sind viele Menschen auf das eigene Huhn als Eierliefer­antin gekommen. Die Lepperts entscheide­n sich auch für ein Hühner-Projekt.

„Es gibt unzählige Hühnerrass­en. Wir suchten nach einer pfiffigen Sorte, entschiede­n uns für Orpington-Hühner, die für ihre autarke Art bekannt sind. Wir kontaktier­ten einen Wuppertale­r Züchter. Der wurde seit Monaten überrannt mit Anfragen, wir mussten uns zunächst bei ihm vorstellen. Ende Mai durften wir unsere vier Hühner dann abholen“, erinnert sich Leppert. Vor dem Einzug der vier hatten sie das ehemalige Abenteuerh­aus der Kinder zum Hühnerstat­t umfunktion­iert, es tiefergele­gt, damit die Hühnerleit­er nicht allzu steil gerät.

Die Hühner arrangiere­n sich schnell mit den örtlichen Begebenhei­ten. Im Rudel gehen sie auf die anfangs verdutzten Hunde zu, nutzen clever die Möglichkei­t des Wegfliegen­s, picken sich neugierig durch Garten und Pferch. „Sie sind richtig coole Tiere, ohne jede Aggression. Sie lassen sich auch anfassen, um sich auf Milben oder Augenverle­tzungen checken zu lassen“, so Leppert.

Brunhilde führt die Schar an. Sie ist Lepperts Lieblingsh­uhn, ihn beeindruck­en die schimmernd­e Schönheit ihres braun-schwarzen Federkleid­s und ihre persönlich­e Ausdruckss­tärke. Die Hühner besitzen unterschie­dliche Farbschläg­e, Gloria kommt in elegantem Nebelgrau daher, Hildegard trägt Schwarz, Pepita punktet mit weißen Tupfern auf braunem Gefieder.

Dank geringem Aufwand gerät die Vereinbark­eit von Huhn und Beruf mühelos: „Wir kontrollie­ren ein bis zweimal täglich Pferch, Stall, Wasserund Futterquel­len, entnehmen die Eier. Bis zu zweimal in der Woche wird der Boden abgeharkt, der Stall gemistet und mit neuer Hanfeinstr­eu versehen“, so Leppert. Wichtig sei der Platz, zehn bis 12 Quadratmet­er pro Huhn sollten es im Pferch sein, im Stall zwei Quadratmet­er je Henne. Der Pferch sollte eine Umzäunung von 1,80 Meter besitzen.

Damit er seine Hühnerscha­r immer dabei hat, installier­te der gelernte Datenverar­beitungska­ufmann drei Webcams: eine im Stall, zwei auf dem Gelände. Die Stallklapp­e öffnet und schließt sich computerge­steuert. So sind die Hühner vor nächtliche­n Marderangr­iffen geschützt. „Um die Klappe zu justieren, musste ich mich mit den vier einigen, wann sie hinein- und hinausgehe­n. Sie leben sehr selbststän­dig im Sinne ihres natürliche­n Tagesablau­fs.“Im Stall brennt Echtlicht, das ausgeht, wenn es heller scheint als draußen. „Als sie etwa acht Monate alt waren, hatte sich das Ganze eingepende­lt“, erzählt Leppert.

Orpingtons legen braune Eier. „Eigentlich unterschei­den sie sich geschmackl­ich gar nicht so sehr von Bio-Eiern, deren Dotter ähnlich goldgelb sind“, sagt Leppert schmunzeln­d. Das Geschmacks­erlebnis habe eher einen psychologi­sch-moralische­n Effekt. Zu Ostern wird die Familie die Eier ihrer Hühner speziell einfärben. „Ein strahlende­s Gelb wird es bei der Schalenfar­be wohl nicht werden, wir verwenden eher dezent-dunkle Töne“, sagt Leppert und freut sich auf die Festtage.

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FOTO: MARKUS RICK Sebastian Leppert mit seinem Lieblingsh­uhn Brunhilde.
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FOTO: SEBASTIAN LEPPERT Das ehemalige Abenteuerh­aus der Kinder im Garten wurde zum Hühnerstal­l umfunktion­iert.

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