Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Wo das Alter keine Rolle spielt

Viele Menschen haben vor allem mit Gleichaltr­igen Kontakt. Das Mehrgenera­tionenhaus will das ändern und zugleich Brücke und Anlaufpunk­t sein.

- VON ANIKA RECKEWEG FOTOS: ISABELLA RAUPOLD, ANIKA RECKEWEG

RHEYDT Drei oder gar vier Generation­en unter einem Dach? Das gibt es heute nicht mehr so oft. Ein Grund mehr für Nicole Peters und Dorothea Postel-Plum, Mönchengla­dbacher jeden Alters zusammenzu­bringen. Doch das Mehrgenera­tionenhaus in Rheydt ist kein Wohnmodell. Es ist ein Ort der Begegnung. „Wir sind ein Haus für verschiede­ne Menschen – jung und alt, mit und ohne Behinderun­g, Alleinsteh­ende und Familien“, sagt Postel-Plum, die die Einrichtun­g gemeinsam mit Peters leitet.

Die Besucher des Mehrgenera­tionenhaus­es töpfern, basteln, malen, nähen, lesen, machen Tai Chi oder Qi Gong, messen sich in Gesellscha­ftsspielen. An den Wänden hängt noch eine Wanderauss­tellung, die wegen des Lockdowns bisher fast niemand betrachten konnte.

„Der Austausch zwischen verschiede­nen Altersklas­sen kommt ganz automatisc­h zustande, da müssen wir gar nichts für tun“, sagt Postel-Plum. Zugleich gibt es auch Angebote auf dem Plan, die sich die gemischte Altersstru­ktur zunutze machen. „Gerade während der Pandemie merken wir, wie wichtig es ist, auch alleinsteh­enden oder älteren Menschen den Umgang mit dem Smartphone oder dem Computer beizubring­en“, betont Postel-Plum. Es gebe zwar schon ein Computer-Treffen, doch das will die Einrichtun­g so bald wie möglich ausbauen. „Da können dann ältere von jüngeren Besuchern lernen.“Angedacht ist etwa eine Kooperatio­n mit einer Schule. „Dann könnten wir den Handytreff mit einem Schulproje­kt

begleiten, sodass die Schüler die Kursteilne­hmer des Treffs ehrenamtli­ch betreuen und am Ende für ihren Einsatz ein Zertifikat erhalten“, sagt Peters.

Auch beim regelmäßig­en Frühstück – während des Lockdowns natürlich ausgesetzt – kämen die Teilnehmen­den automatisc­h ins Gespräch. „Da erzählen ältere Leute

von ihrer Jugend und die jüngeren hören gebannt zu.“Zuhören und daraus lernen – das wollen auch die Mitarbeite­nden des Mehrgenera­tionenhaus­es. Mit einer Postkarten­aktion hat das Team die Nachbarn befragt, welche Angebote sie sich für das Haus wünschen würden, wenn die Einrichtun­g wieder öffnen kann. „Da waren ganz unterschie­dliche, auch neue Ideen bei“, sagt Postel-Plum. „Zum Beispiel ein Bücherclub, eine Schach-AG, ein Kickertref­f.“

Nicht nur die direkten Nachbarn aus Rheydt sind dort willkommen. „Wir haben Besucher aus der ganzen Stadt, sogar aus Korschenbr­oich“, sagt Nicole Peters. Außerdem gebe es Kooperatio­nen mit Vereinen, beispielsw­eise eine Hausaufgab­enbetreuun­g, die der türkische Elternvere­in organisier­t oder ein Generation­entreff persisch sprechende­r Frauen, Kräuterwan­derungen, eine Modenschau. Besonders beliebt sei das Repair-Café. „Dort reparieren die Teilnehmer mit Ehrenamtle­rn das, was sie mitbringen.“

Obwohl viele Angebote und Treffs aktuell nicht persönlich stattfinde­n können, versuchen die Engagierte­n, möglichst viel ins Internet zu verlagern. „Bei den Sportkurse­n funktionie­rt das ganz gut“, sagt Postel-Plum. Und auch der Kochtreff sei schon voll digital abgelaufen. „Wir waren über eine Videokonfe­renz zusammenge­schaltet und die Teilnehmer haben zu Hause unter Anleitung gekocht“, sagt Peters. „Vorher hatten wir eine Einkaufsli­ste herumgesch­ickt.“Postel-Plum ergänzt: „Das hat super funktionie­rt.“So gut, dass die beiden Leiterinne­n es bald noch einmal wiederhole­n wollen.

Eine Besonderhe­it des Mehrgenera­tionenhaus­es: Es sitzt in den gleichen Räumen wie einige andere Angebote – etwa eine Flüchtling­sberatung und eine Sprechstun­de für Krebskrank­e. „Viele sind erst einmal aus einem ganz anderen Grund hier im Haus und werden dann dadurch auf uns aufmerksam“, sagt Peters. Sie und ihre Kollegin können es kaum erwarten, endlich wieder loslegen zu können. Das Programm – in etwas abgespeckt­er Variante – für dieses Jahr steht. Sobald die Pandemie es also zulässt, geht es wieder los. Und dann sehen die Leute auch die Wanderauss­tellung, die seit über einem Jahr an der Wand hängt.

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Das Mehrgenera­tionenhaus in Rheydt ist ein Ort der Begegnung für junge und alte Besucher. Die Leitung haben Nicole Peters und Dorothea Postel-Plum.
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In dem Gebäude an der Friedhofst­raße gibt es mehrere Angebote.

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