Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Knochenerkrankungen auf der Spur
Im Winter und Frühling häufen sich in Praxen und Krankenhäusern Patienten mit Knochenbrüchen – durchschnittlich 2300 pro Tag deutschlandweit.
Die Gründe sind vielfältig: Fehlendes Sonnenlicht und Bewegungsmangel etwa, auch durch den coronabedingten Lockdown von Sportprogrammen und -stätten führen zu Vitamin-D-Mangel, Koordinationsstörungen und Muskelschwund; rutschige Untergründe begünstigen Stürze.
Jede zweite Frau und jeder fünfte Mann erleidet nach seinem 50. Lebensjahr einen Bruch. Doch mit Ruhigstellung oder Operation ist es nicht getan. Um eine gute Knochenheilung zu gewährleisten und um weitere Brüche zu vermeiden, gilt es jetzt zu prüfen, ob der Bruch durch den Sturz alleine oder durch eine Knochenerkrankung herbeigeführt wurde. Laut einer Studie wird nur jeder zehnte Patient mit Bruch weiter abgeklärt.
Manchmal braucht es detektivischen Spürsinn, um Knochen- von Muskelerkrankungen oder -schmerzen abzugrenzen. Knochenzellen kommunizieren durch kleinste flüssigkeitsgefüllte Kanäle miteinander und regulieren so je nach mechanischer Belastung mit Knochenan- und -abbau. Zwischen systemischer, generalisierter und lokaler Osteoporose sollte unterschieden werden. Letztere sind immer Hinweis auf eine sekundäre Osteoporose. Nächtliche Schmerzen, Nachtschweiß, Fieber und Gewichtsabnahme gelten als Warnhinweise. Erst nach gründlicher Erhebung der Krankengeschichte und körperlicher Untersuchung ist die Auswahl der Bildgebung vorzunehmen. Röntgen und CT lassen besonders die Knochenstruktur, das MRT Tumore und Knochenödeme und DXA-Messung die Knochendichte bestimmen. Osteoimmunologische Prozesse werden durch Entzündungen wie bei Paradontitis, rheumatischen Erkrankungen und entzündlichen Darmerkrankungen modifiziert. Zielgerichtete Laboruntersuchungen des Blutes und gegebenenfalls des Urins sind notwendig, um Entzündungen, Rheuma- oder Stoffwechselerkrankungen zu identifizieren. Diese Untersuchungen sind manchmal durch die Bestimmung von Knochenbiomarkern, Hormonen und Knochenbiopsien zu ergänzen. Chronische Magen-Darmentzündungen führen ebenso wie die Fehlernährung bei Veganern, Allergikern und Magersüchtigen zu einem Mangel der für den Knochenaufbau wichtigen Proteinen, Vitaminen und des Kalziums. Doch auch in der Normalbevölkerung weisen 90 Prozent einen Folsäure-, 40 Prozent einen Kalziumund 70 Prozent einen Vitamin-D-Mangel auf. Dabei führt ein Vitamin-D-Mangel nicht nur zur Osteomalazie, Osteoporose und Stürzen, sondern begünstigt Depression, Demenz und das Einnisten von Knochenmetastasen bestimmter Krebserkrankungen.
Erst nach Vorliegen aller Untersuchungsergebnisse stellt der osteologisch versierte Arzt die endgültige Diagnose und leitet eine spezifische Therapie ein. Die Diagnose Osteoporose darf erst nach dem Ausschluss anderer Krankheiten gestellt werden. Neben der Basistherapie einer Vitamin-Dund Kalzium-Einnahme gehört ein Bewegungsprogramm und die Reduktion von Nikotin und Alkohol. Eine immer größere Anzahl spezieller Medikamente stehen für die Behandlung von Knochenerkrankungen zur Verfügung. Um das Auftreten seltener Kieferentzündungen auszuschließen, gehören zahnärztliche Kontrollen zum Basisprogramm der erfolgreichen osteologischen Behandlung.