Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Hurra, hurra, die Schule beginnt – zu Hause
MÖNCHENGLADBACH Hurra, die Osterferien werden verlängert! Denn am Montag müssen die meisten Schülerinnen und Schüler in NRW nicht zur Schule, sie können weiterhin ganz entspannt zu Hause bleiben. Aber halt! So einfach ist das nicht. Und entspannt schon gar nicht. Denn ab Montag beginnt in Nordrhein-Westfalen zum dritten Mal „Homeschooling“. Sie haben es richtig gelesen. Zum dritten Mal! Zur Erinnerung: Homeschooling ist die Zeit, in der Eltern zu Hilfs-Lehrern werden und Wohnzimmer zu Behelfs-Klassenzimmern.
Die beiden vergangenen Lockdowns sind mir in bester Erinnerung. Was habe ich mich nach den Weihnachtsferien gefreut zu sehen, mit welchen innovativen Ideen die Kinder auf Distanz zum Lernen motiviert und unterrichtet würden. Online-Tutorials, interaktive Video-Lernspiele. Neue Lern-Apps fürs Handy … Schließlich hatte man doch bestimmt aus den Erfahrungen des ersten Lockdowns gelernt. Aber viele Schulen hatten ihre multimediale Innovationsfreude gut im Griff. Man merkte sie ihnen kaum an.
Und so wurden Eltern überhäuft mit Lerndokumenten, die sie per Mail bekamen, ausdruckten, zusammen mit den Kindern ausfüllten, scannten und an die Schulen zurückschicken durften. Ein Fax hätte es nicht schlechter gemacht. Innovationsniveau der 1990er Jahre. Informationen sammeln, ausdrucken, erklären, Blätter ausfüllen – Unterricht von morgens bis abends. Ganztagsschule mit Pausen. Und ganz nebenbei hatten und haben wir Eltern auch noch einen eigenen Job und wollen den Haushalt meistern.
Noch eine Erinnerung ans letzte Homeschooling: Ständig waren unsere Druckerpatronen leer, der Druckerpapierstapel schmolz wie Eis in der Sonne. Der Esstisch verwandelte sich in ein Meer aus Blättern, dazu Computer und Drucker im Dauereinsatz. Dann die Frage: Wann wird welches Fach per Videokonferenz unterrichtet und wo finden wir welche Aufgaben?!
Der Anblick unseres Esstisches – ich werde ihn nie vergessen. Ich gebe es offen zu: Irgendwann habe ich erst die Übersicht und dann auch den Glauben verloren. Beides fand sich wieder. Zum Glück.
Aber was war mit all den Eltern, die weder Platz noch Computer, Drucken oder stapelweise Papier hatten? Wer half ihnen, wenn sie sich nicht trauten, laut nach Unterstützung zu rufen?
Jetzt ist es also wieder so weit: Homeschooling Teil 3. Für mindestens eine Woche. Die Meldung kam am Donnerstag. Erst auf mein Handy. Dann in Radio und TV. Am vorletzten Ferientag!
Es bleiben genau ein Arbeitstag und zwei Wochenendtage, um zu reagieren. Schnell noch mal 1000 Blatt Papier und eine Palette Druckerpatronen kaufen. Und alle beruflichen Pläne für die nächste Woche umwerfen. Denn mit verlängerten Osterferien hat Homeschooling leider gar nichts zu tun. Im Gegenteil.
Vielleicht träume ich heute Nacht davon, dass die Bildungsministerin uns Aushilfs-Lehrern sechs Wochen Sommerurlaub schenkt. Und unseren Kindern eine 1+ fürs Durchhalten. Mal sehen, wovon wir in einer Woche träumen.