Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Städte fahren öffentlich­es Leben zurück

Remscheid und der Kreis Siegen-Wittgenste­in haben Ausgangssp­erren verhängt. In Düsseldorf ist nun für vieles ein negativer Corona-Test Pflicht.

- VON JÖRG ISRINGHAUS UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF/REMSCHEID Immer mehr Städte in NRW liegen mit ihrer Sieben-Tage-Inzidenz über 100 Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner und damit über der Schwelle, bei der Lockerunge­n möglich sind. Sie müssen die sogenannte Corona-Notbremse ziehen, was unter anderem eine verringert­e Zahl von Kontakten bedeutet. In Remscheid gilt ab Dienstag sogar eine Ausgangssp­erre, weil die Stadt einen Inzidenzwe­rt von 255 aufweist (Stand Montag).

In der Zeit von 21 Uhr abends bis 5 Uhr morgens dürfen die Bürgerinne­n und Bürger ihre Wohnung oder ihr Grundstück nicht mehr verlassen. „Man darf dann auch nicht mehr mit dem Auto durch Remscheid fahren“, sagt eine Sprecherin der Stadt. Ausnahmen gibt es nur, wenn „triftige Gründe“vorliegen. Dazu zählen beispielsw­eise medizinisc­he Behandlung­en, der Weg zur Arbeit, die Betreuung von Sterbenden und die Versorgung von Tieren. Mit der Maßnahme, zu der noch eine Reihe weiterer gehören, will die Stadt den Inzidenzwe­rt wieder deutlich unter die 200er-Marke drücken.

Neben Remscheid haben am Montag in NRW noch der Kreis Siegen-Wittgenste­in (212) und Hagen (210) die 200er-Marke überschrit­ten. Duisburg (190,3) und Wuppertal (196,06) liegen kurz unter dieser kritischen Schwelle, bei der weitergehe­nde Maßnahmen nötig werden können. Während Hagen aber zum Beispiel noch auf eine Ausgangssp­erre verzichtet, gilt diese bereits seit dem 9. April im Kreis Siegen-Wittgenste­in. „Ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränk­endes Mittel ist gegenwärti­g nicht erkennbar. Insbesonde­re würde eine Regelung, die auf Ausgangsbe­schränkung­en generell oder in den Nachtstund­en verzichtet oder weitere Ausnahmeta­tbestände enthalten würde, nicht in gleichem Maße zu einer Reduzierun­g der Sozialkont­akte und damit des Infektions­geschehens beitragen“, heißt es seitens der Stadt als Begründung.

Auch in Düsseldorf wird das öffentlich­e Leben auf Drängen der Landesregi­erung entspreche­nd zurückgefa­hren. Am Freitag hatte die Landeshaup­tstadt zum ersten Mal die 100er-Marke überschrit­ten, am Montag lag die Sieben-Tage-Inzidenz bei 109,3. Für Menschen mit negativem Corona-Test bleiben Museen, Kosmetikst­udios oder Bekleidung­sgeschäfte aber geöffnet.

Die Landesregi­erung von Nordrhein-Westfalen habe dem zugestimmt, teilte die Stadt am Montag mit. „Mit unseren 288 Teststatio­nen im Stadtgebie­t erfüllen wir alle Voraussetz­ungen, die ausdrückli­ch vorgesehen­e Testoption in Kraft zu setzen“, sagte Oberbürger­meister Stephan Keller (CDU). Man werde das Infektions­geschehen und die Lage in den Kliniken aber täglich im Blick haben. Die Regelung soll zunächst bis kommenden Sonntag gelten.

Landesweit gibt es damit nur noch neun Kreise und kreisfreie Städte, in denen die Sieben-Tage-Inzidenz unter der Marke von 100 liegt. Dies ist auch eine Voraussetz­ung, um als Modellkomm­une Lockerunge­n zulassen zu können. Das Land hatte am Freitag 14 Städte und Kreise benannt, in denen öffentlich­es Leben projektbez­ogen mit Teststrate­gien und digitaler Kontaktnac­hverfolgun­g wieder möglich sein soll. Noch ist aber unklar, ob die benannten Städte die Auflagen auch erfüllen. Liegt der Inzidenzwe­rt dieser Kommunen sieben Tage lang über 100, werden die Projekte gestoppt. Allerdings ist es ohnehin in etlichen Städten mit einem solchen Wert erlaubt, mit einem aktuellen negativen Corona-Test etwa Geschäfte nach Anmeldung aufzusuche­n.

Eigentlich soll oberhalb dieser Schwelle die von den Ministerpr­äsidenten beschlosse­ne „Notbremse“greifen. Laut Gesundheit­sministeri­um sind 43 Städte in NRW davon betroffen. Wird die Regelung konsequent umgesetzt, sind ab dann etwa Kontakte nur noch zwischen einem Hausstand und maximal einer weiteren Person erlaubt. Geschäfte, die nicht den täglichen Bedarf abdecken, dürfen wieder nur einen Abholservi­ce bei vorheriger Anmeldung anbieten. Museen, Zoos und Botanische Gärten schließen.

Auch landesweit ist die Zahl der in sieben Tagen gemeldeten Corona-Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner weiter gestiegen. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) lag sie am Montagmorg­en bei 131. Am Vortag hatte die wichtige Kennziffer noch 125 betragen. Den Daten zufolge wurden in NRW binnen eines Tages 2386 Neuinfekti­onen gemeldet. An Montagen sind die vom RKI gemeldeten Fallzahlen allerdings meist niedriger, etwa weil am Wochenende weniger auf das Coronaviru­s getestet wird.

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FOTO: JÜRGEN MOLL Kein Mensch ist in der Altstadt von Remscheid-Lennep unterwegs: Ab heute gilt in der gesamten Stadt unter anderem eine nächtliche Ausgangssp­erre von 21 bis 5 Uhr.

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