Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Städte fahren öffentliches Leben zurück
Remscheid und der Kreis Siegen-Wittgenstein haben Ausgangssperren verhängt. In Düsseldorf ist nun für vieles ein negativer Corona-Test Pflicht.
DÜSSELDORF/REMSCHEID Immer mehr Städte in NRW liegen mit ihrer Sieben-Tage-Inzidenz über 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und damit über der Schwelle, bei der Lockerungen möglich sind. Sie müssen die sogenannte Corona-Notbremse ziehen, was unter anderem eine verringerte Zahl von Kontakten bedeutet. In Remscheid gilt ab Dienstag sogar eine Ausgangssperre, weil die Stadt einen Inzidenzwert von 255 aufweist (Stand Montag).
In der Zeit von 21 Uhr abends bis 5 Uhr morgens dürfen die Bürgerinnen und Bürger ihre Wohnung oder ihr Grundstück nicht mehr verlassen. „Man darf dann auch nicht mehr mit dem Auto durch Remscheid fahren“, sagt eine Sprecherin der Stadt. Ausnahmen gibt es nur, wenn „triftige Gründe“vorliegen. Dazu zählen beispielsweise medizinische Behandlungen, der Weg zur Arbeit, die Betreuung von Sterbenden und die Versorgung von Tieren. Mit der Maßnahme, zu der noch eine Reihe weiterer gehören, will die Stadt den Inzidenzwert wieder deutlich unter die 200er-Marke drücken.
Neben Remscheid haben am Montag in NRW noch der Kreis Siegen-Wittgenstein (212) und Hagen (210) die 200er-Marke überschritten. Duisburg (190,3) und Wuppertal (196,06) liegen kurz unter dieser kritischen Schwelle, bei der weitergehende Maßnahmen nötig werden können. Während Hagen aber zum Beispiel noch auf eine Ausgangssperre verzichtet, gilt diese bereits seit dem 9. April im Kreis Siegen-Wittgenstein. „Ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel ist gegenwärtig nicht erkennbar. Insbesondere würde eine Regelung, die auf Ausgangsbeschränkungen generell oder in den Nachtstunden verzichtet oder weitere Ausnahmetatbestände enthalten würde, nicht in gleichem Maße zu einer Reduzierung der Sozialkontakte und damit des Infektionsgeschehens beitragen“, heißt es seitens der Stadt als Begründung.
Auch in Düsseldorf wird das öffentliche Leben auf Drängen der Landesregierung entsprechend zurückgefahren. Am Freitag hatte die Landeshauptstadt zum ersten Mal die 100er-Marke überschritten, am Montag lag die Sieben-Tage-Inzidenz bei 109,3. Für Menschen mit negativem Corona-Test bleiben Museen, Kosmetikstudios oder Bekleidungsgeschäfte aber geöffnet.
Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen habe dem zugestimmt, teilte die Stadt am Montag mit. „Mit unseren 288 Teststationen im Stadtgebiet erfüllen wir alle Voraussetzungen, die ausdrücklich vorgesehene Testoption in Kraft zu setzen“, sagte Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU). Man werde das Infektionsgeschehen und die Lage in den Kliniken aber täglich im Blick haben. Die Regelung soll zunächst bis kommenden Sonntag gelten.
Landesweit gibt es damit nur noch neun Kreise und kreisfreie Städte, in denen die Sieben-Tage-Inzidenz unter der Marke von 100 liegt. Dies ist auch eine Voraussetzung, um als Modellkommune Lockerungen zulassen zu können. Das Land hatte am Freitag 14 Städte und Kreise benannt, in denen öffentliches Leben projektbezogen mit Teststrategien und digitaler Kontaktnachverfolgung wieder möglich sein soll. Noch ist aber unklar, ob die benannten Städte die Auflagen auch erfüllen. Liegt der Inzidenzwert dieser Kommunen sieben Tage lang über 100, werden die Projekte gestoppt. Allerdings ist es ohnehin in etlichen Städten mit einem solchen Wert erlaubt, mit einem aktuellen negativen Corona-Test etwa Geschäfte nach Anmeldung aufzusuchen.
Eigentlich soll oberhalb dieser Schwelle die von den Ministerpräsidenten beschlossene „Notbremse“greifen. Laut Gesundheitsministerium sind 43 Städte in NRW davon betroffen. Wird die Regelung konsequent umgesetzt, sind ab dann etwa Kontakte nur noch zwischen einem Hausstand und maximal einer weiteren Person erlaubt. Geschäfte, die nicht den täglichen Bedarf abdecken, dürfen wieder nur einen Abholservice bei vorheriger Anmeldung anbieten. Museen, Zoos und Botanische Gärten schließen.
Auch landesweit ist die Zahl der in sieben Tagen gemeldeten Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner weiter gestiegen. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) lag sie am Montagmorgen bei 131. Am Vortag hatte die wichtige Kennziffer noch 125 betragen. Den Daten zufolge wurden in NRW binnen eines Tages 2386 Neuinfektionen gemeldet. An Montagen sind die vom RKI gemeldeten Fallzahlen allerdings meist niedriger, etwa weil am Wochenende weniger auf das Coronavirus getestet wird.