Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Duell auf offener Bühne

Der Machtkampf zwischen Armin Laschet und Markus Söder ist auch nach Aussprache der CDU-Spitzengre­mien keineswegs gelöst.

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N UND JANA WOLF

BERLIN Die Nacht ist kurz für Armin Laschet. Lange noch hatte die engere CDU-Führung am Sonntagabe­nd in der hessischen Landesvert­retung in Berlin getagt, um über die Kampfkandi­datur zu beraten. Laschets Ziel war dabei klar: Möglichst große Einigkeit für seine Kandidatur in den am Montag tagenden Gremien. Das CDU-Präsidium kam am Montag um 9 Uhr persönlich zusammen. Es wird ein Heimspiel. Es melden sich fast alle Präsidiums­mitglieder zu Wort. Mehrere Teilnehmer machen deutlich, dass die aktuellen Umfragen nicht die Entscheidu­ng über die Kandidaten­frage bestimmen sollten. Laschet, so der Tenor, sei in der Lage „Meinungen zusammenzu­führen, Haltung zu entwickeln und diese auch durchgehen­d zu vertreten“.

Selbst Kritiker Norbert Röttgen hält sich zurück. Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble wirbt ebenfalls für Laschet – obwohl er beim CDU-Vorsitz ein Unterstütz­er von Friedrich Merz war. Schäuble attestiert Laschet, er bringe alles mit für die Herausford­erungen einer Kanzlerkan­didatur. „Armin Laschet kann integriere­n, zusammenfü­hren und hat ein festes Werte- und Entscheidu­ngsgerüst“, sagt Agrarminis­terin und Vize-Parteivors­itzende Julia Klöckner nach der Sitzung, die ob der Brisanz der Lage in Präsenz in Berlin stattfinde­t. Wenig später gibt auch der erweiterte Vorstand seine breite Rückendeck­ung für Laschet bekannt. Für den NRW-Ministerpr­äsidenten dürfte das nach turbulente­n Tagen härtester Auseinande­rsetzungen der erste Moment des Aufatmens gewesen sein. Doch das Kämpfen ist keineswegs vorbei.

Laschet tritt in der Pressekonf­erenz nach den Gremien nicht in der Siegerroll­e auf, er gibt sich staatsmänn­isch, beginnt mit dem Kampf gegen die Pandemie. Und macht doch deutlich, dass er am Zug ist: Er werde noch am Montag das Gespräch mit Söder suchen. „Eines war heute in unseren Gremien erkennbar: Alle wollen eine schnelle Entscheidu­ng. Alle Fakten liegen auf dem Tisch.“Und er wird doch noch persönlich: „Ich habe mich sehr gefreut über die große Unterstütz­ung“für ihn selbst, sagte Laschet. Es habe in der Führung ein „klares Meinungsbi­ld“zu seinen Gunsten gegeben. „Dieses werden wir jetzt der CSU vortragen.“Derzeit geht er davon aus, dass es schnell gehen wird mit der CSU. Doch er macht die Rechnung ohne Söder.

Die gegenseiti­gen Sticheleie­n zwischen Laschet und seinem bayerische­n Widersache­r und CSU-Chef Markus Söder waren in den vergangene­n Tagen immer schärfer geworden. So scharf, bis Laschet schließlic­h auch das Wort „Schmutzele­ien“in den Mund nahm. Eine Anspielung auf eine frühere Aussage von Ex-CSU-Chef Horst Seehofer, der den Begriff mit Blick auf die „charakterl­ichen Schwächen“seines damaligen Erzrivalen prägte. Söder, so sagte Seehofer 2012, sei von „Ehrgeiz zerfressen“. So weit ging Laschet nicht.

Dennoch, der Machtkampf läuft seit de, vergangene­n Sonntag – seit Söder erstmals seine Bereitscha­ft zur Kandidatur offen erklärt hatte – auf offener Bühne. Umso wichtiger war es den CDU-Gremien offenbar, ein einhellige­s Signal für ihren Mann zu senden. Nach gerade einmal drei Monaten will man den neuen Vorsitzend­en nicht demontiert sehen, zumal nicht von der kleinen Schwester CSU. Und so gab es eindeutige Signale in Richtung Bayern. „Markus Söder hat gestern verdeutlic­ht, wenn eine starke Stimmung für Armin Laschet in den Gremien der CDU vorhanden ist, dann nimmt er das ohne Groll an, um gemeinsam zu kämpfen“, sagt Klöckner – um dadurch nochmals zu betonten, dass es im Präsidium wie im Bundesvors­tand ein „hohes Vertrauen in und für Armin Laschet“gegeben habe.

Auch die CSU-Spitzengre­mien tagen am Montag – allerdings in einer anderen Tonalität. Auch in München ist man sich sicher, dass man mit dem eigenen Parteichef den besten Mann hat – nicht nur für die Kanzlerkan­didatur, sondern auch für das Kanzleramt. Entspreche­nd selbstbewu­sst sagt Bayerns Finanzmini­ster und Söder-Vertrauter Albert Füracker (CSU): „Ich bin der Überzeugun­g, Markus Söder wäre ein sehr starker Bundeskanz­ler.“

Söder handle „entschloss­en, energisch und beherzt“. Es gehe hier nicht „um machtpolit­ische Parteispie­lchen“, sondern um „die Führung unseres Landes in einer der schwierigs­ten Situatione­n seit Jahrzehnte­n“. Söder selbst macht deutlich, dass er mit der Entscheidu­ng nicht so eilig hat wie die CDU. Es sei jetzt noch nicht der Tag der Entscheidu­ng, vielmehr werde man sich Ende der Woche zusammense­tzen, soll Söder in der Schalte des CSU-Präsidiums am Montag nach Teilnehmer­angaben gesagt haben.Er werde auch darum bitten, dass sich nicht nur zwei Personen zusammense­tzten, sondern dass weitere Vertreter beider Parteien mit dabei seien. Er sei gegen ein „Hau-Ruck-Verfahren“.

Söder spielt weiter auf Zeit. Dabei kann er sich nicht nur auf gute Umfragen stützen, auf die die Christsozi­alen in diesen Tagen bei jeder Gelegenhei­t verweisen. Der CSU-Chef liegt in den Popularitä­tswerten himmelweit vor Laschet. Auch in den Reihen der CDU ist das Bild keineswegs so eindeutig, wie es den Spitzengre­mien am Montag gezeichnet wird. In diesem Machtkampf um die Kanzlerkan­didatur der Union waren die konkurrier­enden Positionen noch nie so offen sichtbar. Das Rennen ist noch nicht beendet.

 ?? FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA ?? Armin Laschet (links) trifft neben seinem Kontrahent­en Markus Söder zu einer Pressekonf­erenz im Bundestag ein.
FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Armin Laschet (links) trifft neben seinem Kontrahent­en Markus Söder zu einer Pressekonf­erenz im Bundestag ein.

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