Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Erste Einigung auf Änderung des Infektionsschutzgesetzes
An diesem Dienstag will die Bundesregierung eine Änderung auf den Weg bringen. Die Verhandlungen sind kompliziert. Doch es gibt erste Bewegungen.
BERLIN Mit einer Änderung des Infektionsschutzgesetzes will der Bund – in Absprache mit den Ländern und den Bundestagsfraktionen – mehr Einheit in der Pandemiebekämpfung erreichen. Die Verhandlungen sind kompliziert, bereits an diesem Dienstag will das Bundeskabinett eine Formulierungshilfe für eine Änderung im Parlament auf den Weg bringen. Ein Überblick über erste Einigungen.
Welche Punkte sind nicht mehr strittig, wo hakt es noch? Regierungssprecher Steffen Seibert hielt sich am Montag bedeckt und verwies auf noch laufende Verhandlungen. Aus der SPD-Spitze hieß es jedoch, dass die Kinderkrankentage auf 30 Tage pro Jahr ausgeweitet werden sollen und die Koalition darin einig sei. Die Verhandlungen zu Ausgangssperren, die beispielsweise SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach häufig als wirksam bewirbt, gestalteten sich besonders schwierig. Offen blieb auch die Frage, ob ab einer Inzididenz von 200 nur noch Distanzunterricht an Schulen möglich sein soll. Einig wurde die Bundesregierung hingegen bei einer Testpflicht für Unternehmen.
Welche Regeln beim Testen sollen in Firmen gelten? Bundesarbeitsminister
Hubertus
Heil (SPD) will die Betriebe per Verordnung verpflichten, ihren Präsenzbeschäftigten mindestens einmal pro Woche einen Corona-Test anzubieten. Dies sieht der Entwurf für eine Änderung der Arbeitsschutzverordnung vor, die am Dienstag dem Kabinett vorgelegt werden soll. Für bestimmte Beschäftigtengruppen hat der Arbeitgeber demnach sogar zwei Tests pro Kalenderwoche anzubieten. Dies gelte für Beschäftigte, die in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht seien – oder „die unter klimatischen Bedingungen in geschlossenen Räumen arbeiten, die eine Übertragung des Coronavirus Sars-Cov-2 begünstigen“. Die Kosten sollen die Arbeitgeber tragen, so Heil. Zudem werden alle anderen geltenden Corona-Schutzregeln im Arbeitsschutz bis zum 30. Juni verlängert. Dazu gehört, dass Arbeitgeber das Arbeiten von zu Hause anbieten müssen.
Was kritisieren die Wirtschaftsverbände daran?
Die Testpflicht sei eine „Misstrauenserklärung gegenüber den Unternehmen und ihren Beschäftigten“, erklärte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter. „Die Testpflicht führt zu mehr Bürokratie und diskreditiert das freiwillige Engagement der Unternehmen zunehmend.“Auch Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer sagte: „Eine gesetzliche Testpflicht für unsere Handwerksbetriebe halten wir weiter weder für notwendig noch zielführend. Das ist eine gesetzgeberisch unnötige Aktion und der Versuch, die beim Staat liegende Verantwortung für die Pandemiebekämpfung auf die Wirtschaft zu verlagern.“Die große Mehrheit der Betriebe sei längst freiwillig dabei, ihre Beschäftigten zu testen oder bereiteten dies unmittelbar vor. Der CDU-Wirtschaftsrat rechnet damit, dass die Tests die deutschen Unternehmen monatlich mehr als sieben Milliarden Euro kosten. Grundsätzlich können die Firmen die Kosten für Schnelltests im Rahmen der Überbrückungshilfe III geltend machen, wenn sie die Voraussetzungen dafür erfüllen.
Was sieht der Gesetzentwurf des Bundes zu Ausgangssperren vor? Im Entwurf des Infektionsschutzgesetzes sind nächtliche Ausgangssperren zwischen 21 und 5 Uhr in Regionen mit Inzidenzwerten über 100 vorgesehen. Kritik kommt aus den Ländern, die den Inzidenzwert von 100 nicht als alleiniges Kriterium dafür akzeptieren wollen. Vielfach wird ein Wert von 200 gefordert. Noch ist unklar, ob es dazu kommt. Auch die Ärzte sehen die geplanten Regeln zur Ausgangssperre kritisch. „Ein besonders tiefer Einschnitt in die persönlichen Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger ist ohne Frage die mit der Notbremse vorgesehene Ausgangssperre“, sagte Ärztepräsident Klaus Reinhardt.