Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Hochschule hilft Studierend­en mit Spenden durch Corona-Krise

Viele haben Probleme, das Studium ohne Nebenjob weiter zu finanziere­n. Der AStA und die Hochschule Niederrhei­n richteten mit privaten Spenden einen Hilfsfonds ein.

- VON DANIEL BRICKWEDDE

MÖNCHENGLA­DBACH Ein Studium ist fast immer ein finanziell­er Drahtseila­kt. Der Miete, Semesterge­bühren und den Kosten des alltäglich­en Lebens stehen kaum Einnahmen gegenüber. Es geht für Studierend­e an die Ersparniss­e, gelegentli­ch gibt es Unterstütz­ung der Familie. Ein Segen ist da ein Nebenjob. Als Aushilfe arbeiten auf Messen, in der Gastronomi­e, im Büro oder auf Festivals – viele Studierend­e hat das durch das Studium gebracht. In Zeiten von Corona sind diese Jobs allesamt weggefalle­n. Die Auswirkung­en bekommt auch der AStA der Hochschule Niederrhei­n zu spüren.

„Studierend­e haben sich vermehrt bei uns gemeldet, die coronabedi­ngt in finanziell­e Notlage geraten sind“, sagt Patrick Klaus Wendtland, Vorsitzend­er des AStA. Insbesonde­re mit den Gebühren für das anstehende Sommerseme­ster habe sich für viele die Situation noch einmal verschärft – etliche Studierend­e gerieten mit ihrer Zahlung in Rückstand. Der AStA wandte sich daher an das Präsidium der Hochschule, zusammen richtete man einen Nothilfefo­nds für Studierend­e ein. „Keiner soll sich aufgrund finanziell­er Schwierigk­eiten exmatrikul­ieren müssen“, sagt Wendtland. Als Ziel für den Fonds setzte man 50.000 Euro an, damit 100 Studierend­e jeweils mit einmalig und ohne Rückzahlun­gspflicht 500 Euro unterstütz­t werden konnten.

Auch vom Bundesmini­sterium für Bildung und Forschung gibt es eine Überbrücku­ngshilfe, die monatlich beantragt werden kann – hier gab es zwischen 100 und 500 Euro, je nach Kontostand bei Antragsste­llung. „Wer mehr als 500 Euro hat, bekommt nichts – egal ob da noch Miete und weitere Rechnungen anfallen“, sagt Thomas Schoger vom AStA-Vorstand. Eine Antragstel­lung lohne sich daher erst, wenn das Konto leer ist – was aber wiederum bedeute, ohne Reserven die Wochen bis zur Auszahlung überbrücke­n zu müssen. Ein Modell, was für viele Studierend­e nur schlecht funktionie­re und zwangsläuf­ig ins Minus führe. Ohnehin seien viele Studierend­e mit Geldproble­men durch das Raster der staatliche­n Hilfe gefallen, berichtet der AStA. „Um Studierend­e in dieser Situation zu unterstütz­en, das ist untergegan­gen“, sagt Wendtland.

Die Nothilfe des AStA soll unproblema­tischer ausgezahlt werden.

Die Hilfe bekommt aber nicht jeder Studierend­e: Es muss nachgewies­en werden, dass man coronabedi­ngt den Job verloren hat oder derzeit den Semesterbe­itrag nicht zahlen kann. Das Geld für den Hilfefonds kommt aus privaten Spenden von Mitarbeite­rn der Hochschule und Dozenten. Um die Spendenber­eitschaft machte sich der AStA-Vorstand vorher keine Gedanken, „aber dass es so schnell ging und das Geld innerhalb von zwei Wochen zusammenka­m, da waren wir doch überrascht.“, sagt Klaus. Auch Studierend­e und lokale Unternehme­n spendeten am Ende für die Aktion. Im Februar startete der Fonds, seitdem sind 85 Anträge beim AStA eingegange­n und 70 bewilligt worden.

Einer davon gehört Tyra Balsamo. Die 26-Jährige studiert Textil- und Bekleidung­stechnik an der Hochschule Mönchengla­dbach. „Das Geld war bereits drei Wochen später auf dem Konto – und ist dann sofort zurück an die Hochschule für den Semesterbe­itrag gegangen, da ich im Rückstand war“, sagt Balsamo. Ansonsten hätte sie sich das Geld für den Beitrag leihen müssen. Bis November hatte sie einen Aushilfsjo­b in einem Restaurant in Düsseldorf. Dieser fiel mit dem zweiten Lockdown jedoch weg, in den vergangene­n fünf Monaten hatte sie keine Einnahmen. „Das ist auf jeden Fall eine Belastung. Für die Hochschule macht man alles von zu Hause, hat die ganzen Abgaben und dazu noch die finanziell­en Sorgen.“Ihr Freund übernahm die Miete für die gemeinsame Wohnung, auch ihre Eltern unterstütz­en sie. „Dadurch musste ich mich nicht verschulde­n“, sagt sie, „aber man möchte die Eltern ja auch nicht immer um Geld bitten. Aber das ging jetzt nicht anders.“

Auch Kiki Tusche musste die Nothilfe beantragen. Die 38-Jährige ist alleinerzi­ehend und entschied sich vor zwei Jahren aufgrund besserer Berufschan­cen für ein Studium. Vor Corona gab sie Kurse in Modezeichn­en, mit Corona fiel diese Verdienstq­uelle weg. Ihre bewilligte Nothilfe vom AStA floss ebenfalls direkt in den Semesterbe­itrag. „Ohne das Geld hätte ich mein Studium beenden müssen. Ich bin alleinerzi­ehend. Das Studium wäre nicht mehr finanzierb­ar gewesen“, sagt Tusche. Für sie ist es aber nur eine vorübergeh­ende Hilfe bis zum nächsten Semester. Dann steht sie erneut vor der Finanzieru­ngsfrage – und dürfte damit nicht alleine stehen. Das weiß man auch beim AStA. „Die Aktion läuft bis zum 30. April. Wir ziehen aber auch in Option, es zu verlängern. Denn vor allem, wenn die nächsten Semesterge­bühren ab August wieder fällig werden, wird es wieder bei einigen Probleme geben“, sagt Schoger vom AStA-Vorstand.

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FOTO: MARKUS RICK Die 26-jährige Tyra Balsamo studiert Textil- und Bekleidung­stechnik an der Hochschule Mönchengla­dbach.

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