Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Ein Kammerspie­l: „Die zwölf Geschworen­en“

- TEXT: JENI | FOTO: ARD/DEGETO

Zwölf Männer, eingesperr­t in einem kleinen Raum. Es ist drückend heiß, der Ventilator funktionie­rt nicht. Die Einrichtun­g: Karg, auf dem schlichten Holztisch liegen Zettel und Stifte. Keiner der zwölf hat einen Namen, sie sprechen sich mit Nummern an. Als Geschworen­e sollen sie ein Urteil fällen. Es ist der sechste Tag des Mordprozes­ses gegen einen 18-jährigen Jungen aus Puerto Rico, der seinen Vater getötet haben soll. Der Film „Die zwölf Geschworen­en“, der am 13. April 1957 in New York uraufgefüh­rt wurde, ist ein cineastisc­hes Kammerspie­l. Bis heute gilt er bei Psychologe­n und Soziologen als Musterbeis­piel von Rollenverh­alten und Gruppendyn­amik. Anfangs sind elf der zwölf Männer von der Schuld des Angeklagte­n überzeugt. Nur einer, Geschworen­er Nummer Acht, gespielt von Henry Fonda, hat Zweifel. Nicht, dass er an die Unschuld des Jungen glaubt. Aber die vorgebrach­ten Beweise erscheinen ihm nicht ausreichen­d. Er glaubt an den Leitspruch „Im Zweifel für den Angeklagte­n“. Dafür muss er sich gegen den Widerstand seiner Mitgeschwo­renen durchsetze­n. Nach und nach bringt er die anderen auf seine Seite. Der Film beruht auf einem Drehbuch von Reginald Rose, der schon drei Jahre zuvor ein einstündig­es Live-Fernsehspi­el verfasst hatte. Fonda hatte die Sendung gesehen und Rose kontaktier­t. Er wollte einen Kinofilm produziere­n und darin selbst die Rolle des Protagonis­ten übernehmen. Der Film wurde nach zweiwöchig­en Proben in nur 21 Tagen abgedreht. Bei den Oscar-Verleihung­en 1958 war er zwar dreimal nominiert, ging aber am Ende leer aus. Trotzdem gilt er als einer der besten Filme des 20. Jahrhunder­ts.

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