Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Wie Corona den Ticketkauf verändert
Die Pandemie wird den Besuch von Sportevents verändern. Die Themen Umtausch, Rückgabe, E-Ticket gewinnen an Bedeutung.
DÜSSELDORF Leere Ränge – sie sind zum Symbol des Profisports in der Corona-Pandemie geworden. Aber Auftritte ohne Fans sollen und können keine Dauerlösung sein, wenn es Sportarten, Ligen und Vereine nach der Krise weiterhin geben soll. Und die Zuschauer selbst wollen genauso zurück in die Hallen und Stadien. Doch Corona wird etwas verändern: das Ticketing im Sport. Die Frage ist nicht, ob, sondern wie. Wie flexibel werden Ticketkäufer künftig in Sachen Umtausch und Rückgabe sein, wie kulant die Veranstalter? Stirbt das Papierticket komplett aus? Und wie verändert Corona das System aus Angebot und Nachfrage?
Diese Fragen haben wir Experten gestellt.
Umtausch- und Rückgabemöglichkeiten Der Geschäftsführer der Mannheimer SAP-Arena und des Eishockey-Klubs Adler Mannheim, Daniel Hopp, rät davon ab, Umtausch und Rückgabe für Ticketkäufer flexibler zu gestalten. „Auch Veranstalter müssen wirtschaftlich planen und können nicht das Risiko eingehen, dass im Zweifel jeder sein Ticket zurückgeben kann, obwohl eine Veranstaltung stattfindet. Man wird nicht jedes Risiko auf den Veranstalter abwälzen können“, sagt der Sohn von SAP-Gründer und TSG-Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp. Markus Aretz, Kommunikationsdirektor bei Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach, sieht es anders. „Zukünftig wird der Zweitmarkt beim Thema Umtausch eine wesentlich größere Rolle spielen. Hierfür haben wir bereits entsprechende Vorbereitungen getroffen“, sagt er.
Für Thomas Ziwes-Strack ist Flexibilität seitens der Veranstalter sogar das Gebot der Stunde. Er ist Geschäftsführer der Kölner Agentur Capacity für Unternehmen im Bereich Experiential Marketing und Live-Kommunikation und sagt: „Die gesamte Tourismusbranche lebt in diesen schwierigen Zeiten eine maximale Flexibilisierung vor – dies wird im Kultur- und Veranstaltungssektor auch passieren Wer diese Flexibilität nicht verinnerlicht, wird es zukünftig extrem schwer haben.“
Das Endes des Papier-Tickets? Aretz sagt: „Es wird nicht gänzlich verschwinden, aber voraussichtlich an Bedeutung verlieren.“Die Gründe liegen auf der Hand: die Kurzfristigkeit im Kaufvorgang und die Nachhaltigkeit im Produktionsprozess. Hopp sieht es ähnlich: „Ich denke, dass die Anzahl der digitalen Tickets und auch die Nutzung des digitalen Bezahlens vor Ort deutlich zunehmen wird“, sagt er.
Dominik Schreyer geht dagegen davon aus, dass die gedruckte Eintrittskarte weiter auf dem Markt verbleibt. Er ist Professor für Sportökonomie an der Otto Beisheim School of Management (WHU) in Düsseldorf und sagt: „Obwohl bereits heute natürlich einiges für eine vollständige Umstellung auf den Einsatz digitaler Tickets spricht, gehe ich derzeit eher davon aus, dass wir noch eine ganze Zeit lang beide Varianten im Markt sehen werden.“Schließlich favorisierten ältere Zuschauer nach wie vor das Papierticket, und das besitze zudem einen größeren Erinnerungswert.
Angebot und Nachfrage Vor der Pandemie saßen die Veranstalter gefühlt am längeren Hebel, weil die Nachfrage der Fans größer war als das Angebot. Verschiebt sich der Hebel nun in Richtung Fans, weil die Veranstalter mehr anbieten müssen, um eine Halle oder ein Stadion zu füllen? Hopp widerspricht. „Ich habe überhaupt nicht das Gefühl, dass irgendjemand am längeren Hebel sitzt. Es herrscht Angebot und Nachfrage – dies war vor Corona so und wird auch nach der Pandemie so sein“, sagte er.
Und auch Aretz ist von der nachhaltigen Strahlkraft seines Produkts überzeugt. „Wir glauben nicht, dass das Interesse der Fans am Stadionerlebnis grundsätzlich nachlässt. Aber natürlich ist damit zu rechnen, dass es nicht direkt von null auf hundert gehen wird“, sagt er.
Schreyer ist da deutlich skeptischer und verweist auf die Tatsache, dass schon vor Corona mancher Dauerkarteninhaber gar nicht mehr zu jedem Spiel hinging. „Überspitzt gesagt: Die Zeiten, in denen ein Sportverein lediglich seine Tore
Rückgang Der Ticketverkäufer und Konzertveranstalter CTS Eventim hat für das vergangene Jahr massive Umsatzrückgänge verzeichnet.
Zahlen Der Umsatz sank 2020 um rund 82 Prozent auf 256,8 Millionen Euro. Es gab einen Verlust von 82,3 Millionen Euro. Im Jahr zuvor hatte der Konzern noch einen Überschuss von fast 133 Millionen Euro verzeichnet.
aufsperren musste, weil die Menschen ohnehin in Massen in die Stadien strömten, sind längst vorbei. Es wird vor allem ein Produkt geben müssen, das sich deutlich besser an den Wünschen der potenziellen Gäste orientiert. Ich bin sehr skeptisch, was eine zeitnahe Erholung der Nachfrage angeht“, sagt er.
Ziwes-Strack haben die vergangenen Monate gleichermaßen skeptisch gemacht. „Grundsätzlich muss uns aber bewusst sein: Die Menschen sind extrem verunsichert, und es wird Jahre dauern, bis wir wieder eine Vor-Corona-ähnliche Marktsituation haben werden. Darüber hinaus müssen wir als Veranstalter unsere Hausaufgaben machen und den Kunden schnell Sicherheit vermitteln. Wir sind uns dabei sicher, dass die Preise leicht steigen werden. Die Aufwände für Großveranstaltungen werden größer. Das treibt auch die Preise in die Höhe.“