Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Rathaus aufgeschlossen
Nachbessern beim Geropark, Hinterfragen der rigiden Gestaltungssatzung, Suche nach sinnvoller Flexibilität in der Pandemie. Im Rathaus weicht das starr Prinzipielle auf. Bitte mehr davon!
Der einzelne Mönchengladbacher mag das vielleicht nicht so wahrnehmen: Aber es gibt hier sehr viele Menschen, die ihre Stadt sehr lieben. Sie wollen sich einbringen, Strukturen verändern, ihre Heimat mit kreativen Ideen nach vorne bringen, bewahren, verbessern, kritisieren, was ihrer Ansicht nach schief läuft. Die Mönchengladbacher sind selbstbewusster geworden. Doch es ist auch Frustration zu spüren. Denn zu oft sind viele von ihnen vor Wände gelaufen, wurden nicht ausreichend ernst- oder mitgenommen.
Keine Frage: Beteiligung kann nerven, wenn eine gute Idee auf dem Tisch liegt. Es ist anstrengend, sich mit Kritikern auseinanderzusetzen. Allen kann man es sowieso nicht recht machen. Und irgendwann muss eine Entscheidung fallen. Aber wenn es gut läuft, steht am Ende nicht nur ein besseres Ergebnis, sondern ein breiter akzeptiertes.
Die neue politische Mehrheit im Rathaus ist angetreten mit dem Versprechen, das zu ändern. Und ein halbes Jahr nach der Kommunalwahl scheint langsam etwas in Bewegung zu kommen.
Bei der geplanten Umgestaltung des Geroparks regte sich von verschiedenen Seiten Protest: Anwohner, Altstadtinitiative, Naturschützer, die Grünen und viele mehr meldeten sich zu Wort. Der Ärger entzündete sich vor allem an der geplanten
Fällung älterer Bäume. Formal ohne Basis. Zwar hatte es Gelegenheit gegeben, sich zu beteiligen, allerdings wurde das nicht allzu offensiv beworben.
Felix Heinrichs, der neue OB, reagierte in diesem fortgeschrittenen Stadium der Planung, machte sie transparent, ermöglichte Bürgern, sie zu kommentieren, hörte sich in einer digitalen Sprechstunde ihre Argumente und Sorgen an, knüpfte das Paket an der einen und anderen Stelle noch mal auf. Nichts Revolutionäres, aber das Signal stimmte: Er hatte als damaliger SPD-Fraktionschef den Umbau des Parks mit auf den Weg gebracht, war aber bereit, zuzuhören und nachzubessern.
Anderes Beispiel: Nächste Woche wird die Ampel-Mehrheit aus SPD, Grünen und FDP die Gestaltungssatzung auf den Prüfstand stellen. Das ist jenes Regularium, das für ein ordentlicheres Stadtbild sorgen soll, was gut ist, das aber in der Praxis Gastronomen und Einzelhändlern das Leben ohne Not noch schwerer machte. Sie durften keine Blumenkübel vor ihre Tür stellen, mussten nicht genehme Ladenschilder abschrauben, Möbel und Markisen mussten eng gefassten Vorgaben entsprechen. Das hat in den vergangenen Jahren für reichlich Verärgerung gesorgt. Nicht nur bei den Betroffenen, auch bei vielen Bürgern. Jetzt wird nachjustiert. Gut so.
Auch in der Pandemie versucht die Rathaus-Spitze einen eigenen Weg zu finden. Die Bewerbung als Modellkommune, die Öffnungen in einigen Bereichen unter klar definierten Bedingungen erlaubt, war richtig. Der Zuschlag des Landes ein Erfolg für Mönchengladbach. Dass der Start angesichts steigender Inzidenz-Zahlen verschoben wird, versteht sich von selbst. Dennoch ist ein Konzept für die Balance zwischen Sicherheit und Lockerungen nötig. Denn die Sehnsucht nach beidem ist groß, Existenzen hängen davon ab.
Das Starre weicht auf, lässt das Andersdenken zu. Bitte mehr davon. Kluge Köpfe gibt es viele in der Stadt.