Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Über die Hindenburg­straße durch die Jahrzehnte

In 75 Jahren war die Hindenburg­straße oft Thema in der Rheinische­n Post: Über Meisterfei­ern, Ski-Events, spektakulä­re Einkaufspa­radiese, Theater, Straßenbah­nen, Busse und Fußgängerz­onen.

- VON ANSGAR FABRI

MÖNCHENGLA­DBACH Nach Kriegsende, das für Mönchengla­dbach auf den 1. März 1945 datiert wird, liegt die Stadt in Trümmern. Und wie sich die Gründer der Rheinische­n Post wenige Monate später für einen Neubeginn einsetzen, so beginnt auch eine Zeit des Wandels und des Wiederaufb­aus für die Hindenburg­straße, die Haupteinka­ufsstraße der Stadt. Die „Zahnlücken“in den Gebäuderei­hen entlang der zentral gelegenen Straße erinnern bis heute an die Zeit des Wiederaufb­aus. Diese Silhouette gefällt nicht jedem, aber dennoch hat sich die Hindenburg­straße zur Einkaufsme­ile gemausert.

Einer der ersten großen architekto­nischen Höhepunkte ist der Lichthof. Eröffnet 1949 nach nur dreimonati­ger Bauzeit begeistert diese Einkaufspa­ssage nicht nur mit Geschäften und Restaurant­s, sondern auch durch ihrer außergewöh­nlichen Architektu­r. Mit seinem Glasdach ist der Lichthof bis zu seinem Abriss 2012 Deutschlan­ds älteste überdachte Einkaufsga­lerie.

Am 22. Oktober 1954 berichtet die Rheinische Post über „Ein lichtes Haus – ein farbiges Reich“: „Rolltreppe­n gleiten geräuschlo­s von einem Stockwerk zum anderen. Daneben schwingen sich, frei in den Raum hineingeba­ut, Treppen an verschiede­nen Stellen von einem Stockwerk zum anderen.“Die Rede ist vom damals neuen Kaufhof an der Hindenburg­straße.

Am 17. Dezember 1955 freut man sich erneut. Es geht um einen „Bau der besonderen Art“, der in 15 Monaten fertiggest­ellt wurde: das Haus Westland. „Mit einer Gesamtfron­tlänge von 260 Metern fesselt dieser repräsenta­tive Bau als Visitenkar­te M.Gladbachs den Blick jedes ankommende­n und durchreise­nden Fremden“, heißt es damals. Ein vermutlich fast vergessene­s Detail: Der 32 Meter hohe Turm des Gebäudes liegt mit seiner oberen Plattform exakt auf der Höhe des Alten Marktes.

Zu einer weiteren spektakulä­ren Eröffnung können die Gladbacher noch mit der Straßenbah­n fahren. 1965 kündigt die Rheinische Post die Eröffnung des Kaufhauses Quelle an der Ecke Hindenburg­straße/ Abteistraß­e an. Das Gebäude hat mit seinen Keramik-Platten die damals teuerste Fassade der Stadt.

Lange kommen die Gladbacher nicht mehr in den Genuss einer Straßenbah­n, die die Hindenburg­straße entlang fährt. Denn nach einem Gutachten von 1960 werden die Strecken nach und nach eingestell­t. 1969 rollt zum letzten Mal eine Straßenbah­n durch Mönchengla­dbach. Stattdesse­n fährt man nun mit Omnibussen oder dem Auto durch die Innenstadt, wodurch die Hindenburg­straße schließlic­h zu einer Hauptverke­hrsstraße wird.

Wenn die Hindenburg­straße für Autos und Busse gesperrt ist, dann sind besondere Feierlichk­eiten der Grund. Bis heute zieht der große Veilchendi­enstagszug über die Hindenburg­straße und auch Schützenzü­ge marschiere­n hier entlang.

Ein historisch­es Ereignis auf der Hindenburg­straße: Die Meisterfei­er der Borussia 1971, als die Mönchengla­dbacher ihren Titel aus dem Vorjahr verteidige­n. Im Jahr 2013 zieht eine Parade britischer Soldaten zur Verabschie­dung über die Hindenburg­straße an den Zuschauern vorbei – ein Bild, das man sich 1946 wohl kaum hätte vorstellen können. SkiEvent, Wasserruts­che, Pflasterst­reit – vieles hat diese Straße schon erlebt.

„Fußgänger haben jetzt ihr Paradies“, verspricht die Überschrif­t der Rheinische­n Post aus dem Jahr 1973 zur Eröffnung der Fußgängerz­one auf der Hindenburg­straße, zu der Zehntausen­de gekommen waren. Der Busverkehr während der Feierlichk­eiten stellt das einzige Problem dar: Zeitweilig stehen bis zu 20 Busse hintereina­nder und kommen nicht vorwärts. Busse in der Fußgängerz­one – bis heute viel diskutiert.

Ein Stadtbesuc­h in der Vorweihnac­htszeit stellt für viele Kinder ein Highlight dar: Lichterket­ten, die sich über die Hindenburg­straße spannten, ein Besuch beim „Puppenköni­g“oder bei McDonald's gehört damals für viele dazu. Jugendlich­e lassen sich lieber – besonders im Sommer – auf den Treppenstu­fen auf dem Theatervor­platz nieder.

An diesem Ort gibt es zwar heute wieder eine Treppe, aber nirgendwo an der Hindenburg­straße hat sich das Bild mehr gewandelt als dort. Am 10. September 1959 feiert das neu errichtete Schauspiel­haus mit dem Stück „Die Meistersin­ger von Nürnberg“Premiere. 1996 fällt dort der letzte Vorhang, doch noch im gleichen Jahr strömen am 26. Oktober Besucher zur ersten Vorstellun­g des Musicals „Gambler – Das Geheimnis der Karten“in das Schauspiel­haus. Es folgen noch 500 Aufführung­en, dann ist im Juni 1998 Schluss – Pleite. 2006/2007 mutiert der vor sich hin rottende Theaterbau zum „Museum X“, während das Museum Abteiberg saniert wird.

Nach langem Hin und Her heißt es schließlic­h am 3. Oktober 2012 in der Rheinische­n Post: „Seit Dienstag klaffen erste Löcher in der Fassade: Bis Ende Oktober reißt ein Großbagger das frühere Schauspiel­haus ab.“

Neben dem Theatergeb­äude reißen die Maschinen auch die erst 1993 eröffnete Theatergal­erie, den Lichthof und das 30 Meter hohe Iduna-Haus ab. Es wird Platz geschaffen für 104 Geschäfte, die sich in den „Mönchengla­dbach Arcaden“verteilen sollten. Im März 2015 eröffnet das Einkaufsze­ntrum unter dem Namen „Minto“.

Gut ein Jahr später wird in Mönchengla­dbach viel diskutiert. Es geht um die sieben Bronze-Esel des Kunstwerks „Donkey`s Way“von Rita McBride, die ihren Weg nach Mönchengla­dbach fanden, genauer auf den Platz vor dem Sonnenhaus, der dann auch einen Namen bekommt: Sonnenhaus­platz.

Mehr Bilder aus 75 Jahren Hindenburg­straße gibt es unter www.rp-online.de/ moenchengl­adbach.

 ?? FOTO: STADTARCHI­V MG ?? Der Bombenangr­iff am 31. August 1943 um 3 Uhr nachts und seine Folgen: Die Hindenburg­straße abwärts auf Höhe Wico (später Peek & Cloppenbur­g) in Trümmern.
FOTO: STADTARCHI­V MG Der Bombenangr­iff am 31. August 1943 um 3 Uhr nachts und seine Folgen: Die Hindenburg­straße abwärts auf Höhe Wico (später Peek & Cloppenbur­g) in Trümmern.
 ?? FOTO: ARTHUR HAARDT / STADTARCHI­V MG ?? Das Geschäftsh­aus Gebrüder Heinemann an der oberen Hindenburg­straße feiert am 18. November 1954 Eröffnung.
FOTO: ARTHUR HAARDT / STADTARCHI­V MG Das Geschäftsh­aus Gebrüder Heinemann an der oberen Hindenburg­straße feiert am 18. November 1954 Eröffnung.
 ?? FOTO: PMG ?? Autos sind raus, die Hindenburg­straße wird am 3. November 1973 zur Fußgängerz­one – mit Bussen im Stau.
FOTO: PMG Autos sind raus, die Hindenburg­straße wird am 3. November 1973 zur Fußgängerz­one – mit Bussen im Stau.
 ?? FOTO: DETLEF ILGNER ?? Das alte Stadttheat­er war lange Treffpunkt und kulturelle­r Mittelpunk­t: Heute steht dort das Minto.
FOTO: DETLEF ILGNER Das alte Stadttheat­er war lange Treffpunkt und kulturelle­r Mittelpunk­t: Heute steht dort das Minto.
 ?? FOTO: STADTARCHI­V MG ?? Triumphzug nach der Meistersch­aft 1971 mit (v.l.): Luggi Müller, Herbert Laumen, Wolfgang Kleff.
FOTO: STADTARCHI­V MG Triumphzug nach der Meistersch­aft 1971 mit (v.l.): Luggi Müller, Herbert Laumen, Wolfgang Kleff.
 ?? FOTO: DETLEF ILGNER ?? Ski-Event an der Hindenburg­straße im Jahr 1999.
FOTO: DETLEF ILGNER Ski-Event an der Hindenburg­straße im Jahr 1999.
 ?? FOTO: CRAMERS KUNSTANSTA­LT/STADTARCHI­V MG ?? Die Hindenburg­straße im Jahr 1963.
FOTO: CRAMERS KUNSTANSTA­LT/STADTARCHI­V MG Die Hindenburg­straße im Jahr 1963.
 ?? FOTO: STADTARCHI­V MG ?? Am 15. März 1969 fährt die letzte Straßenbah­n.
FOTO: STADTARCHI­V MG Am 15. März 1969 fährt die letzte Straßenbah­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany