Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Ärzte erhalten noch weniger Impfdosen

Hausärztin Heidi Kuhrke hatte gehofft, mehr Vakzine zu erhalten. Doch nächste Woche reichen sie nur für 22 Patienten.

- VON BÄRBEL BROER UND ANGELA WILMS-ADRIANS

KORSCHENBR­OICH Heidi Kuhrke ist sauer: „Die Versorgung für uns Hausärzte mit Impfdosen ist eine Katastroph­e“, sagt die Hausärztin. Maximal 50 Impfdosen konnten sie und ihre Kolleginne­n für die vergangene Woche bestellen. Erhalten hatten sie aber nur 30. Inzwischen hat Heidi Kuhrke die Bestätigun­g für nächste Woche erhalten: „Wir bekommen pro Arzt nicht mehr, sondern weniger Impfdosen“, musste sie feststelle­n. Ab Montag erhalten die drei Ärzte jeweils nur 22 Impfdosen – zwölf von Biontech/Pfizer, zehn von Astrazenec­a.

Insgesamt seien das mit drei Ärzten gerade mal 66 Patienten, die in einer Woche in ihrer Praxis am Brauhaus versorgt werden können. „Und bald müssen wir auffrische­n, dann stagniert die Anzahl der Erstimpfun­gen“, sagt die Fachärztin für Allgemeinm­edizin, Psychosoma­tik und Ernährungs­medizin. „Dabei sind wir froh, endlich impfen zu können.“

Patienten über 60 Jahre – auch wenn sie schwerstkr­ank sind – mit Astrazenec­a zu impfen, sei kein Problem, so Kuhrke. „Schwierige­r wird es für die priorisier­ten Patienten, die unter 60 Jahre alt sind, aber zu den höheren Stufen zählen – darunter beispielsw­eise Chemothera­pieoder Dialysepat­ienten sowie Patienten mit schwersten Lungenerkr­ankungen“, sagt Kuhrke. „Dafür reicht die Anzahl von Biontech-Impfdosen nicht aus.“

Kuhrke macht ihrem Ärger Luft: „Wir sind alle hochmotivi­ert und bereit, viel zu arbeiten, werden aber von der Politik derzeit instrument­alisiert, was weder den Patienten noch der Sache dient.“Seit die hausärztli­chen Praxen impfen dürfen, „telefonier­en unsere Mitarbeite­r derzeit alle über 80-Jährigen an“, berichtet Kuhrke, „Dabei stellen wir fest, dass davon längst nicht alle geimpft sind. Dazu kommen die Schwerstkr­anken, die noch kein Impfangebo­t hatten.“

Diese Patienten zu versorgen, werde vorrangige Aufgabe der nächsten Wochen sein. „Immer unter Berücksich­tigung, dass diese Personengr­uppen in sechs Wochen wieder aufgefrisc­ht werden müssen“, sagt Kuhrke. Die Patienten werden derzeit zu separaten Zeiten einbestell­t. „Meist am sprechstun­denfreien Nachmittag oder am Wochenende, damit wir uns zunächst dafür Zeit und Ruhe nehmen können sowie Routine entwickeln können“, sagt Kuhrke.

Die Unterlagen würden die Patienten zuvor von der Homepage der Praxis herunterla­den oder sie erhalten diese per Post. „Das klappt recht gut und reibungslo­s“, bilanziert Kuhrke die ersten Tage. Diese kleine Patienteng­ruppe sei ja auch überschaub­ar. Medizineri­n Kuhrke vergleicht die Abläufe mit der Grippeschu­tz-Impfung: „In diesen Zeiten haben wir bis zu 80 Patienten am Tag neben der Sprechstun­de geimpft. Da sind 30 Personen in der Woche jetzt kein Problem.“

Die Arztpraxen erhalten die Impfdosen wiederum über die Apotheken. Diese beziehen die Impfstoffe über den pharmazeut­ischen Großhandel. „Die Dokumentat­ion ist für Ärzte und Apotheken aufwändig. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, damit viele Menschen geimpft werden können“, sagt David Rönsberg. Der Inhaber der Gutenbergu­nd Ahorn-Apotheken in Kleinenbro­ich beschreibt Bestellung und Verteilung der Impfdosen: Der Ablauf erfolge wöchentlic­h mit geradezu getakteten Vorgaben. Doch der bestellte Impfstoff durch die Ärzte entspreche nicht unbedingt der tatsächlic­h gelieferte­n Menge.

Die Ärzte erfahren von der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g eine bestellbar­e Maximalmen­ge und reichen bis dienstags 12 Uhr die Rezepte bei der Apotheke ein, über die sie den Impfstoff beziehen. Bis dienstags 15 Uhr übermittel­t wiederum die Apotheke die Bestellung­en an den Großhändle­r und erhält zwei Tage später eine Rückmeldun­g über die tatsächlic­h verfügbare Menge.

Daraufhin informiert sie die Arztpraxen, damit diese die Patienten einbestell­en können. Montags werden die Impfdosen an die Apotheken ausgeliefe­rt. Der tiefgekühl­t zu lagernde Impfstoff von Biontech/ Pfizer wird zuvor vom Großhändle­r frühmorgen­s aus der Kühlung genommen und aufgetaut. „Dann kann er 120 Stunden unter acht Grad Celsius gelagert werden. Manche Arztpraxen konzentrie­ren die Impfungen auf einen Tag, andere verteilen sie auf mehrere“, sagt Rönsberg.

Die Apotheken übernehmen die Verteilung der speziell zu transporti­erenden und zu lagernden Impfdosen an die Arztpraxen. Insbesonde­re der Impfstoff von Biontech/ Pfizer sei empfindlic­h. Apotheker Rönsberg erklärt: „Es ist wichtig, penibel darauf zu achten, dass die Behälter keinen Erschütter­ungen ausgesetzt sind.“

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FOTO: BB In solchen Kühlkisten wird der Impfstoff angeliefer­t, zeigt Apotheker David Rönsberg aus Kleinenbro­ich.

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