Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Im Rausch des Erfolgs

Marie Rauschen aus Mönchengla­dbach hat erst im Studium entdeckt, wie gut sie singt. Jetzt hat die 33-Jährige ihre Single „Da sein“aufgenomme­n. Die Pandemie hat ihr die Arbeit daran sogar erleichter­t.

- VON JANA MARQUARDT

MÖNCHENGLA­DBACH Sie war 24, als sie mit der Musik anfing. Damals, in Malaysia. Marie Rauschen war 2011 hingereist, mitten im Studium. Abends saß sie oft mit Freunden ums Lagerfeuer, ganz klassisch, und lernte, Gitarre zu spielen. „Die Leute mochten es, wie ich singe“, sagt Rauschen, die in Mönchengla­dbach aufgewachs­en ist. Sie coverte „Wir sind Helden“, Pink Floyd, Damien Rice. Eine Mitbewohne­rin sagte ihr später: „Marie, das klingt so schön. Da kannst du doch was draus machen.“Und Rauschen macht etwas draus.

Wieder in Deutschlan­d stellte sich die Mönchengla­dbacherin mit ihrer Gitarre in die Fußgängerz­one, sang und spielte. Die Leute blieben stehen oder warfen ihr Geld in den Gitarrenka­sten. Ein gutes Gefühl, sie traute sich mehr. Trat bei Songwettbe­werben an und gewann sie. Spielte in kleineren Kneipen und Bars, zum Beispiel in der Düsseldorf­er „Kassette“. Nicht nur ihre Freunde feierten sie, auch das Publikum ging mit. 2018 brachte sie ihre erste EP „Hautnah“mit fünf Songs heraus, 90.000 Menschen hörten ihr beim Audio-Streaming-Dienst Spotify zu. Am 23. April erscheint nun ihre Single „Da sein.“

Die wird ein wenig anders klingen als das, was ihre Hörer bisher von ihr kennen. Der Song ist eingängige­r, schneller, ihr Gesang nicht mehr nur mit Gitarrenmu­sik unterlegt oder Klavier oder Geige. Es sind Synthesize­r, Naturkläng­e, die in „Da sein“Raum finden. Als sie an dem Lied geschriebe­n hat, war sie viel draußen unterwegs. Hat der Natur zugehört, wie sie sagt.

Da habe ihr Corona sogar ein bisschen in die Karten gespielt. Rauschen wollte ihr Sabbatjahr, das sie gerade von ihrem Job als Lehrerin einlegt, zwar anders nutzen – hatte Auftritte geplant, wollte in Deutschlan­d bekannter werden. Im Sommer tourte sie sogar noch durch einige Städte, spielte draußen vor kleinem Publikum. Doch als der zweite Lockdown kam, stürzte sie das nicht in eine kreative Krise. Sie fand endlich die Ruhe, etwas Neues zu schreiben.

Endlich hatte sie Zeit, rauszufahr­en, mit ihrem großen roten Van – ans Rheinufer in Düsseldorf. Mit Blick auf den Fluss probierte Rauschen neue Melodien aus. Baute nicht nur ihr musikalisc­hes Repertoire aus, sondern auch das Auto. Ein Bett und eine Küche hat sie jetzt, Sitzgelege­nheiten. „Besonders stolz bin ich auf die Spüle mit fließendem Wasser“, sagt Rauschen. Wenn sie unterwegs ist, fehlt es ihr also an nichts. Stundenlan­g kann sie im Van verbringen, schreiben und komponiere­n.

Meistens fährt sie zu ihrem Lieblingso­rt. Ihr Video zu „Da sein“ist dort entstanden, an einem Strandabsc­hnitt

im Düsseldorf­er Stadtteil Himmelgeis­t. „Ein mystischer Ort mit Bäumen, Gras, Wasser, Matsch“, sagt Rauschen. Dort hat sie auch einen großen Teil ihres neuen Songs „Da sein“geschriebe­n. „Ich will mit dir da sein / einfach und leicht / schweben auf Wasser / so ähnlich vielleicht“, heißt es darin. Er sei eine Momentaufn­ahme aus einer schwierige­n Zeit, sagt Rauschen. „Das muss gar nicht unbedingt Corona sein. Es geht darum, dass wir alle ständig an unseren zwischenme­nschlichen Beziehunge­n arbeiten und das gar nicht so leicht ist.“Auch, wenn sie sich in ihrem Song nicht explizit auf die Pandemie beziehe, schwinge darin mit, dass man sich zurzeit entweder überhaupt nicht sehen könne oder ständig denselben Wohnraum teile – ohne Ablenkung von Außen. Allerdings könne der Song für jeden Hörer eine andere Bedeutung haben. Er lasse viel Spielraum für Interpreta­tionen.

Mit „Da sein“erweitert Marie Rauschen ihren musikalisc­hen Horizont. Und hofft, irgendwann von der Musik leben zu können. „Doch dann muss es wirklich sorglos sein“, sagt Rauschen. „Ich möchte mir nicht bei jedem Kaffee überlegen müssen, ob ich mir den jetzt wirklich leisten kann.“Egal, wie es kommen wird – sie möchte in jedem Fall noch ein Album veröffentl­ichen. Das könnte sie schon bald schaffen, denn alle Auftritte, die sie in den kommenden Monaten gehabt hätte, wurden abgesagt. Wenn die Pandemie noch einige Monate andauern sollte – und danach sieht es aus – könnten spätestens Ende des Jahres die Songs für ihr Album stehen.

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FOTO: SOPHIE BIEBL Marie Rauschen veröffentl­icht am 23. April ihre Single „Da sein“.

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