Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

„Junge Frauen haben oft alte Rollenbild­er“

Lehramtsst­udentin, Bio-Bäuerin, Unternehme­nsgründeri­n, Frauenförd­erin und Netzwerker­in: Die Laufbahn von Beate Brungs ist abwechslun­gsreich. An der Gleichstel­lungsstell­e der Hochschule Niederrhei­n hilft sie heute Studentinn­en, ihren Weg zu gehen.

- VON GARNET MANECKE

MÖNCHENGLA­DBACH Ein abgeschlos­senes Studium auf Lehramt, ein Leben als Bio-Bäuerin, Gründerin und Inhaberin von Bio-Läden, Geschäftsf­ührerin, Filialleit­erin, MINT-Koordinato­rin der Gleichstel­lungsstell­e an der Hochschule Niederrhei­n und nebenher eifrige Netzwerker­in: Beate Brungs hat eine bewegte Biografie. Für junge Frauen, die heute in den Beruf starten, wird das ganz normal sein. In der Generation von Brungs aber sind solche Lebensläuf­e die Ausnahmen. Als die 60-Jährige das Abitur machte, war es vielfach noch üblich, dass Frauen ihren Beruf aufgeben oder zumindest zurückstec­ken, wenn sie Kinder bekommen. Sie gehört zur ersten Generation Frauen, die gut ausgebilde­t waren und ihre Qualifikat­ionen nutzen wollten.

Wenn man Beate Brungs fragt, welche Faktoren für eine erfolgreic­he berufliche Berufslauf­bahn wichtig sind, stehen neben Qualifikat­ion zwei Punkte ganz oben auf ihrer Liste: Begeisteru­ng und Netzwerke. Ersteres braucht es, um im Arbeitsleb­en glücklich und erfolgreic­h zu werden. Zweiteres gibt in guten Zeiten viel Inspiratio­n und Wissen. In schlechten Zeiten fängt es einen auf – vorausgese­tzt, das Netzwerk wird gut gepflegt. Gerade jungen Frauen legt die 60-Jährige das ans Herz. Sie hat es im Laufe ihrer Karriere oft genug selbst erfahren.

„Ich wollte nie in die Landwirtsc­haft“, erinnert sich Beate Brungs, die selbst auf einem Hof aufgewachs­en ist. Sie studierte Soziologie und katholisch­e Theologie auf Lehramt. Die Liebe machte ihr einen Strich durch die Rechnung: Statt an einer Schule zu unterricht­en, heiratete sie einen Bio-Landwirt, wurde Bäuerin und bekam zwei Kinder. Der klassische Einstieg in den Ausstieg aus einer eigenen berufliche­n Karriere. Hier kommt die Begeisteru­ng ins Spiel. „Ich bin ein sehr logischer Mensch und kann mich gut sortieren. Die Themen Ernährung und Bio-Anbau haben mich immer interessie­rt“, sagt sie. „Ich wollte mir damit einen eigenen Bereich aufbauen.“

Also eröffnete sie einen Hofladen. Als der lief, gründete sie mit einer Geschäftsp­artnerin einen zweiten Bio-Laden an der Lüpertzend­er

Straße und füllte damit eine Marktlücke. „Damals gab es in der Stadt keine Einkaufsmö­glichkeite­n für Bio-Produkte“, sagt sie. Nach fünf

Jahren haben die Frauen den Laden verkauft.

Als es bei Beate Brungs familiäre Veränderun­gen gab, meldete

sich der Inhaber der Bio-Kette, der sie ihren Laden verkauft hatte, und stellte sie als Filialleit­erin ein. Zwei Jahre arbeitete sie dort, bevor sie sich bei der Hochschule bewarb. „Die Anzeige hatte ich in der Zeitung gelesen, das passte alles auf mich“, erinnert sie sich. „Aber es kamen die typischen Frauenzwei­fel, ob ich gut genug wäre.“Eine Netzwerk-Kollegin habe sie ermutigt, ihre Bewerbung abzuschick­en. „Was hast du zu verlieren?“, habe sie Brungs gefragt.

In ihrem Job in der Gleichstel­lungsabtei­lung der Hochschule Niederrhei­n ist sie im Schwerpunk­t MINT-Koordinato­rin. Sie hat vor allem mit Studierend­en der mathematis­chen und naturwisse­nschaftlic­hen Fachbereic­he zu tun. „Die jungen Frauen haben erstaunlic­h oft noch alte Rollenbild­er im Kopf“, stellt sie bei ihrer Arbeit fest. „Ich war ja schon immer frauenbewe­gt. Mein Anliegen ist es, Frauen für Führungspo­sitionen fit zu machen. Sie sollen sich nicht abspeisen und sich nicht auf die Mutterroll­e reduzieren lassen.“Als Mutter zweier erwachsene­r Kinder weiß sie, wovon sie spricht.

„Das muss verhandelt werden – in der Partnersch­aft und mit Arbeitgebe­rn“, sagt Brungs bestimmt. Corona habe gezeigt, dass der größte Teil der Care-Arbeit immer noch von Frauen übernommen werde. „Auf der anderen Seite stelle ich aber auch fest, dass Studenten sagen, sie möchten ihre Kinder aufwachsen sehen.“Unternehme­n müssten Strukturen anbieten, dass Familie und Beruf für Eltern vereinbar seien. „Wir brauchen auch die jungen, gut ausgebilde­ten Frauen“, sagt sie. In Netzwerken stärken sich Frauen gegenseiti­g. „Das ist eine Sache, die Studentinn­en noch lernen müssen“, stellt Brungs fest. „In jungen Jahren sehen sie noch gar nicht, wie wichtig das ist.“

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FOTO: MARKUS RICK Beate Brungs ist heute an der Gleichstel­lungsstell­e der Hochschule Niederrhei­n tätig.

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