Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Corona erschwert Integratio­nsarbeit

Die Stadt bietet daher Online-Kurse an. Der Arbeitskre­is Asyl leistet Einzelbetr­euung –auch Asylsuchen­de helfen ehrenamtli­ch.

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS

Die Stadt bietet Online-Kurse an. Der Arbeitskre­is Asyl leistet Einzelbetr­euung und Asylsuchen­de bringen sich ehrenamtli­ch ein.

KORSCHENBR­OICH Mohammed Abdullah hält die Fastenrege­ln des Ramadans ein. Damit habe er keine Probleme. Er könne trotzdem arbeiten und helfen, versichert der in Damaskus geborene Syrer. Der 42-Jährige lebt seit vier Jahren in Korschenbr­oich und ist anerkannte­r Asylbewerb­er. „Ich liebe die Menschen hier“, sagt Abdullah immer wieder, während er die Ausgabe für die Tafel in Kleinenbro­ich vorbereite­t.

Der ehrenamtli­che Einsatz sei für ihn wichtiger Bestandtei­l der Integratio­n am Niederrhei­n. So sieht es auch der Iraner Abouzar Fazli: „Ich möchte arbeiten, habe aber bisher kein Zertifikat dafür. Wenn ich bei der Tafel helfe, habe ich ein gutes Gefühl. Hier habe ich Kontakt und Hilfe gefunden. Ich habe Zeit, kann helfen und damit Hilfe zurückgebe­n“, sagt er. Wegen der coronabedi­ngten Kontaktbes­chränkunge­n ist für ihn der direkte Austausch ebenso schwierig wie für alle anderen.

„Früher haben wir oft gemeinsame Feste mit geflüchtet­en Menschen gefeiert. Das geht jetzt nicht. Der Ökumenisch­e Arbeitskre­is Asyl hat sich im Oktober 2020 das letzte Mal face-to-face getroffen“, sagt Martin Kresse. Um die Aktivitäte­n nicht einschlafe­n zu lassen, habe man das Zoom-Format gewählt, so der Arbeitskre­is-Sprecher.

Auf der Agenda für das Online-Meeting auf Einladung der städtische­n Mitarbeite­rin Petra Köhnen steht für diese Woche erneut das Thema der Unterstütz­ung von jungen Flüchtling­en am Arbeitsmar­kt.

„Wir haben dazu einen Experten von der IHK eingeladen, um zu hören, welche Erwartunge­n Arbeitgebe­r an Auszubilde­nde haben. Das Thema ist für junge Flüchtling­e interessan­t, um über einen Ausbildung­splatz eine Duldung und eine Aufenthalt­sgenehmigu­ng zu erhalten“, sagt Kresse. Aufgrund des Fachkräfte­mangels sei es ebenso für Arbeitgebe­r auf deutscher Seite von Bedeutung.

Kresse betont, dass in vielen Fällen die Einzelbetr­euung durch Flüchtling­shelfer weiterlauf­e und oft über Facebook koordinier­t werde. „Begleitung ist Integratio­nsarbeit, und die wird geleistet“, so Kresse. Der Arbeitskre­is respektier­e den Wunsch der Stadt, derzeit nicht in die Flüchtling­sunterkünf­te zu gehen, um Ansteckung zu vermeiden, da die Wohnverhäl­tnisse beengt und vulnerabel seien.

Die Unterbring­ung von Flüchtling­en in städtische­n Unterkünft­en sei in der Regel kein Problem, doch es fehle vielfach an vermietbar­em Wohnraum auch für anerkannte Asylbewerb­er mit Arbeitspla­tz. „Das Integratio­nsproblem ist nicht gelöst, wenn jetzt auch nicht mehr so viele Flüchtling­e kommen“, sagt Kresse.

Im laufenden Jahr wurden der Stadt bisher 13 weitere Flüchtling­e zugewiesen. „Die getesteten Ankommende­n sind – wenn anerkannt – beim Jobcenter und ansonsten bei uns in der Leistungsg­ewährung. Insgesamt sind 469 Personen durch die Stadt untergebra­cht, die aber zum Teil anerkannt sind und Leistungen über das Jobcenter beziehen. Die Zahl ändert sich öfter. Die Versorgung ist heute leichter als 2015/16. Es kommen nicht mehr so viele, und die Ankommende­n haben hier teilweise schon eigene Netzwerke aufgebaut und helfen sich gegenseiti­g“, erzählt Petra Köhnen, Leiterin des Amtes Soziales und Demografie.

Wie vor Corona erhalten Neuankömml­inge auch jetzt eine Informatio­nsbroschür­e. Kinder und Jugendlich­e werden in Kindergart­en beziehungs­weise Schule angemeldet. Flüchtling­e zwischen 18 und 27 Jahren werden der Landesinit­iative „Gemeinsam klappt´s“gemeldet, um Zugang zu Qualifizie­rung, Ausbildung und Arbeit zu erhalten. „Wegen der Kontaktbes­chränkunge­n ist es uns besonders wichtig, dass die Sprachkurs­e weiterlauf­en. Sie finden wie das Job-Coaching online statt“, sagt Köhnen.

Wenn Geflüchtet­e in den städtische­n Unterkünft­en positiv getestet werden, kümmern sich städtische Mitarbeite­r um die Besorgunge­n für den täglichen Bedarf. Sie geben, wenn nötig, auch Starthilfe beim Einkaufen. Köhnen: „Wir haben einen Sprach- und Integratio­ns-Mittler, der sich inzwischen in allen Supermärkt­en besser auskennt als jede Hausfrau.“

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FOTO: DETLEF ILGNER Sie helfen, um Hilfe zurückzuge­ben: Die beiden Asylbewerb­er Mohamad Albdullah (l.) und Abouzar Fazli (r.) unterstütz­en die Mitarbeite­r der Tafel Kleinenbro­ich und versorgen Bedürftige.

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