Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Zakarias Zukunft und der Faktor Hütter
Beim 2:3 bei 1899 Hoffenheim kam er von der Bank. Was seine Zukunft in Gladbach angeht, könnte der neue Trainer eine Rolle spielen.
Denis Zakaria weiß, worauf es im Fußball ankommt. Auf das nötige Talent. Auf einen klaren Kopf. Und auch auf das Gespür, im richtigen Moment die richtigen Entscheidungen zu treffen. Auf dem Rasen. Und bei der Karriereplanung. Die hat er bisher gut hingekriegt. 2015 ging er von Servette Genf zu Young Boys Bern, 2017 kam der Wechsel vom Wankdorf zu Borussia in die deutsche Bundesliga. Nun, im Sommer 2021, könnte Zakaria zu einem europäischen Top-Klub gehen, das wäre der nächste Schritt. Interessiert sind viele, unter anderem Manchester City und der FC Liverpool. Sein Preis ist hoch, bis zu 45 Millionen Euro dürfte die Ablösesumme betragen.
Dass er Borussia im Sommer verlassen wird, wenn er seinen bis 2022 datierten Vertrag nicht verlängert, ist klar. Das hat Gladbachs Manager Max Eberl, der vor vier Jahren zwölf Millionen Euro nach Bern überwies für den lauf- und kampfstarken Sechser, am Samstag vor dem 4:0 gegen Eintracht Frankfurt noch mal gesagt. Topspieler ablösefrei werden zu lassen, das kann sich Gladbach nicht leisten. Es wird allenthalben vermutet, dass Zakaria ohnehin den richtigen Zeitpunkt gekommen sieht, sich zu verändern. Doch könnte eine andere Personalie die Situation grundlegend ändern: Denn neuer Trainer der Gladbacher wird einer, über den Zakaria zuletzt der „Sport Bild“sagte: „Er war wie ein Vater für mich“. Gemeint ist: Adi Hütter.
Zakaria, der bei Borussias 2:3 bei 1899 Hoffenheim am Mittwoch zunächst auf der Bank saß, weil Rückkehrer Christoph Kramer (war gelbgesperrt) den Job im zentralen Mittelfeld wieder bekam, lernte während zwei gemeinsamen Jahre in Bern vom Österreicher Hütter Pünktlichkeit und Disziplin, mit seiner Wucht und seiner schnellen Auffassungsgabe wurde er ein Fixpunkt in Hütters Team. „Denis ist der Prototyp eines modernen Fußballers“, sagte der frühere Bundesliga-Profi Stéphane Chapuisat, der Zakaria als Scout nach Bern brachte, in der „Sport Bild“über den jetzt 24-Jährigen. Und, dass Zakaria einer sei, für den es wichtig ist, das Gefühl zu haben, gebraucht zu werden.
Dass Hütter, der zwei Jahre mit und an Zakaria arbeitete, ihm genau dieses Gefühl geben würde in Gladbach, ist anzunehmen. Deswegen könnte der künftige Trainer ein wichtiger Faktor sein in Eberls Gesprächen mit Zakaria, die in diesen Wochen stattfinden, um zu klären, ob die Zukunft des Hochbegabten vielleicht doch über diese Saison hinaus in Gladbach liegt.
Klar ist: Hätte sich Zakaria nicht am 7. März 2020 bei einem Zusammenprall mit seinem Teamkollegen Yann Sommer eine Knorpel-Verletzung zugezogen, wäre das Thema vielleicht schon im vergangenen
Sommer durch gewesen. Vor der Verletzung war Zakaria auf dem bisherigen Höhepunkt seiner Schaffenskraft, er war der Dreh- und Angelpunkt in Gladbach. Doch dann fiel er acht Monate aus. Die allgemeine These ist, dass es ebenso lang wie die Verletzungspause dauert, wieder auf das alte Niveau zu kommen. Weswegen Zakaria in der aktuellen Spielzeit nur selten seinen schon gezeigten Leistungspeak erreicht.
So waren dann auch, wie nun gegen Hoffenheim, Christoph Kramer und Florian Neuhaus die Erstbesetzung der Doppelsechs in dieser Saison. Zakaria kam oft für Sonderaufgaben ins Spiel, zum Beispiel als Mittelmann einer defensiven Dreierkette. So war es auch in Sinsheim. Zakaria kam in der 68. Minute für Ramy Bensebaini, fortan spielte Borussia mit einer Dreierkette. Zakaria versucht auch Akzente nach vorn zu setzen, doch es war wie oft zuvor: Der große Dominator wie in der Vorsaison ist der Schweizer in dieser Spielzeit einfach nicht.
Auch das könnte ein Grund sein, vielleicht noch eine gewisse Zeit Borusse zu bleiben: um sich um gewohnten Umfeld und unter Anleitung seines Trainer-Ziehvaters wieder auf hohem Niveau zu stabilisieren und noch mal zu entwickeln. In einer Umfrage des Schweizer Nachrichtenportals „Nau.ch“raten ihm über 70 Prozent der User dazu.
Ein dritter Faktor in Zakarias Entscheidungsfindung
ist die sportliche Situation. „Ich fühle mich sehr wohl hier“, sagte er über Borussia. „Natürlich möchte ich mich für Europa qualifizieren und dort auf hohem Niveau spielen – das wollen wir alle“, erklärte er aber auch. Wie der Faktor Wohlfühlen, der Faktor Hütter, der Faktor Stabilisierung ist der Faktor Europa aber nur ein Punkt in der Entscheidungsfindung Zakarias. „Ich kann nicht sagen, dass ich meine Entscheidung nur davon abhängig mache“, sagte er.
Borussia hat die Zakaria-Nachfolge derweil sozusagen schon geregelt: Der 19 Jahre alte Kouadio Koné wurde für neun Millionen Euro bereits vom FC Toulouse verpflichtet. Er hat ähnliche Skills wie Zakaria und sammelt in der Rückrunde dieser Saison noch Spielpraxis in Frankreichs zweiter Liga. Indes: Das spricht nicht dagegen, den jungen Franzosen an der Seite Zakarias reifen zu lassen.