Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

22 neue Stolperste­ine in der Stadt

Mit Stolperste­inen erinnert der Künstler Gunter Demnig an die Opfer des NS-Regimes. In Mönchengla­dbach sind nun 22 neue Exemplare verlegt worden.

- VON DANIEL BRICKWEDDE

MÖNCHENGLA­DBACH Seit fast 25 Jahren ist der Kölner Künstler Gunter Demnig unterwegs, um Stolperste­ine zu verlegen. Die pflasterst­eingroßen Messingtäf­elchen erinnern an Verfolgte, Vertrieben­e und Ermordete des Nazi-Regimes. Inzwischen sollen die Stolperste­ine in über 1250 Kommunen in Deutschlan­d und in einundzwan­zig Ländern in Europa liegen – im Dezember 2019 verlegte der Künstler in Memmingen den 75.000 Stein. Der Künstler erinnert damit an die Opfer der NSZeit, indem er die Gedenktafe­ln vor ihrem letzten Wohnort einlässt. Auf den Steinen steht geschriebe­n: Hier wohnte... Ein Stein. Ein Name. Ein Mensch.

In Mönchengla­dbach wurden bislang 295 Stolperste­ine verlegt – 22 neue Steine sind jüngst an neun Stellen in der Stadt hinzugekom­men. Zum Beispiel an der Weiherstra­ße 14 in Erinnerung an die Familie Mazewski: Die aus Polen stammende Familie Mazewski, die lange Jahre in Mönchengla­dbach lebte, wurde Ende 1938 Opfer der sogenannte­n „Polenaktio­n“– nach dem deutschen Überfall auf Polen wurde sie in das Ghetto Litzmannst­adt

(Lodz) verbracht.

Oder auch bei der Margarethe­nstraße 14: Nur wenige Deutsche waren während der nationalso­zialistisc­hen Diktatur bereit, den verfolgten Juden zu helfen. Zu diesen wenigen gehörte der Kaufmann Wilhelm Brocke. Mitten im Krieg geriet der Kaufmann in Konflikt mit der Staatsmach­t, da bekannt geworden war, dass er einem jüdischen Ehepaar aus Köln, das in den Osten deportiert werden sollte, zur Flucht in die Niederland­e verholfen hatte. Im KZ Sachsenhau­sen wurde Brocke am 7. April 1943 ermordet.

Die Menschen, an die diese Steine erinnern, stehen dabei stellvertr­etend für die vielen Opfer, die auch in Mönchengla­dbach in der Zeit des Nationalso­zialismus verfolgt und anschließe­nd in Todeslager­n oder anderen Orten des Grauens ermordet wurden.

Für Oberbürger­meister Felix Heinrichs sind die Stolperste­ine deswegen ein wichtiger Bestandtei­l der Erinnerung­skultur: „Hinter jedem dieser Steine steckt ein Menschenle­ben, eine Geschichte und vor allem ein Schicksal, das sich nie wieder wiederhole­n darf. Deswegen sind die Stolperste­ine nicht nur eine Erinnerung an diese Menschen, sondern auch eine Mahnung: Es darf keinen Platz für Extremismu­s in unserer Gesellscha­ft geben. Wir alle können dafür einstehen, dass nicht Ausgrenzun­g, sondern Offenheit und Toleranz unsere Gesellscha­ft ausmacht.“

Die Steine wurden dabei von Paten gestiftet – auch jeweils von einer

Klasse des Mathematis­ch Naturwisse­nschaftlic­hen Gymnasiums und des Hugo-Junkers-Gymnasiums haben einen Stein gespendet. Eine Patenschaf­t kostet laut Homepage von Gunter Demnig 120 Euro für die Herstellun­g und Verlegung des Steins. Heinrichs bedankt sich bei allen, die dies unterstütz­en: „Und ich weiß, dass es dabei nicht nur um einen finanziell­en Beitrag geht, sondern dass es allen eine Herzensang­elegenheit ist, die Erinnerung wach zu halten. Sie reden mit anderen darüber, Klassen beschäftig­en sich damit im Unterricht und sorgen so dafür, dass die Erinnerung nicht nur in Form von Steinen lebendig bleibt.“

Weitere neue Stolperste­ine wurden an Sandstraße 22 in Erinnerung an Alexander und Johanna Harf und an der Kohrbleich­e 1a in Erinnerung an Leon und Johanna Heimann, Recha Meierhoff, Hermine und Bertha Heimann eingelasse­n. Außerdem noch an der Hauptstraß­e 131/133 in Erinnerung an Albert und Else Zander, an der Hofstraße 149 in Erinnerung an Simon und Estera Altbaum, an der Sophienstr­aße 22 in Erinnerung an Hertha Bunte, an der Schillerst­raße 65 in Erinnerung an Erich, Selma und Stephan Hirschberg­er sowie an der Lützowstra­ße 12 in Erinnerung an Nathan und Rosa Neuhaus.

Auf der Internetse­ite der Stadt sind alle Standorte von Stolperste­inen zu finden und die Geschichte­n dahinter. Nachzulese­n unter www. moenchengl­adbach.de/de/stolperste­ine.

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FOTO: JULIA ESCH Gunter Demnig verlegt Stolperste­ine in Süchteln (Archivfoto).

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