Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Corona-Test zum Schreien

Ein neues Corona-Schnelltes­tverfahren kommt angeblich ganz ohne Stäbchen in Mund oder Nase aus. Alles, was man tun muss: Schreien. Das weltweit erste Gerät mit dieser Technologi­e wird aktuell in Remscheid getestet.

- VON CAROLIN STRECKMANN FOTOS (2): PETER MEUTER

REMSCHEID Die Kabine ist kahl, metallisch-grau. Der Boden besteht aus einem Gitter. In Blickricht­ung sind blaue Leuchtröhr­en angebracht. Ein Rauschen verkündet, dass die Kabine dekontamin­iert wird. Es wird windig, dann gehen die Lichter aus. Das ist das Signal: Jetzt wird geschrien. Acht Sekunden lang, bis die Lampen wieder angehen.

So läuft ein Corona-Test im „Quick Breath Analyzer“(Quba) ab, der aktuell in Remscheid erprobt wird. Dabei handelt es sich um ein neues Testverfah­ren, entwickelt vom niederländ­ischen Erfinder Peter van Wees. Noch wartet er auf eine medizinisc­he Zulassung für sein Produkt. Van Wees entwickelt normalerwe­ise Filtersyst­eme; in der Pandemie hat er nun ein Corona-Testverfah­ren entwickelt, von dem er behauptet, es sei genauer als herkömmlic­he Schnelltes­ts. „Die Testgenaui­gkeit der Quba-Kabine ist mit einem PCR-Test vergleichb­ar“, sagt van Wees. Das hätten erste Probeläufe ergeben, die er ab Dezember in seiner niederländ­ischen Heimat durchgefüh­rt habe.

Dass seine Maschine in Deutschlan­d getestet wird, hat van Wees David Hartmann zu verdanken. Der Unternehme­r aus Mönchengla­dbach habe sich mit Möglichkei­ten für eine geeignete Test-Strategie beschäftig­t, sagt er. „Ich habe überlegt, wie ich dazu beitragen kann, dass es in Nordrhein-Westfalen in Richtung Öffnungen geht.“Da habe er von der Quba-Kabine erfahren und Kontakt zu dem niederländ­ischen Entwickler aufgenomme­n. Hartmann sprach dann mit Jens Nettekoven, den er vom gemeinsame­n Sport kennt und der für Remscheid und Radevormwa­ld im NRW-Landtag sitzt.

Im Berufsbild­ungszentru­m der Industrie (BZI) in Remscheid steht nun für eine Woche die weltweit erste Quba-Kabine. Angestellt­e und Auszubilde­nde können sich freiwillig per Schrei-Probe auf das Coronaviru­s testen lassen. Um den Probelauf wissenscha­ftlich zu begleiten, werden zusätzlich PCR-Tests der Probanden gemacht.

Aber wie soll er nun funktionie­ren, dieser Schrei-Test? „In die Kabine ist ein Filter eingebaut, der mit einer hohen Umdrehungs­zahl dafür sorgt, dass die Kabine dekontamin­iert wird. Es sind dann gar keine Partikel mehr in der Kabine“, sagt Hartmann. Ist die Dekontamin­ierung abgeschlos­sen, geben die Leuchtröhr­en das Signal: Der Proband soll dann schreien, alternativ kann auch gesungen werden. „Die Partikel aus dem Atem werden untersucht, dabei werden auch Coronavire­n erkannt. Das Virus hat ein bestimmtes Gewicht, das die Maschine erkennt“, sagt Hartmann. Rund zweieinhal­b Minuten soll das Verfahren dauern, nach einer weiteren Minute ist ein Ergebnis da.

Hartmann und van Wees halten das Verfahren für simpel – und günstiger als andere Tests soll es auch noch sein. Nur zwei bis drei Euro koste eine Quba-Testung pro Person, sagen sie.

Ein Quantenspr­ung beim Nachweis von Corona-Infektione­n also? Experten sind da noch nicht ganz so überzeugt. Man würde sich ja über ein schnelles und verlässlic­hes Testverfah­ren freuen, sagte Geert Westerhuis von der niederländ­ischen Gesundheit­sbehörde RIVM kürzlich der Nachrichte­nagentur Reuters. Allerdings könne man nicht sagen, wie gut die Maschine von van Wees funktionie­re: „Wir wissen zu wenig darüber.“

Tatsächlic­h allerdings wird schon seit längerer Zeit an Corona-Atemtests geforscht. Einem WDR-Bericht zufolge haben Untersuchu­ngen der Universitä­t Edinburgh und des Klinikums Dortmund eine hohe Treffsiche­rheit solcher Tests ermittelt. Bislang werden sie aber nicht klinisch eingesetzt.

Van Wees und Hartmann wollen die Schreitest-Maschine unterdesse­n bei Unternehme­n und Kommunen etablieren. „Ich könnte mir auch vorstellen, dass die Kabine künftig in Zoos, Freizeitpa­rks oder Stadienste­ht“, sagt Nettekoven. Damit der Apparat beispielsw­eise in kommunalen Testzentre­n eingesetzt wird, muss er zunächst die gleiche Zertifizie­rung bekommen wie aktuell verwendete Tests. Das ist noch nicht der Fall.

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So sieht die Kabine von innen aus: NRW-Landtagsab­geordneter Jens-Peter Nettekoven (CDU) öffnet die Tür zum neuen Testgerät.
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Peter van Wees ist der Erfinder des neuen Testverfah­rens.

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