Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Der Einfluss türkischer Rechtsextr­emisten wächst

Experten warnen vor 18.500 Grauen Wölfen unter Türken allein in Deutschlan­d. Ihr Auftreten sei moderater als in den Jahrzehnte­n zuvor.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Ihre Zahl von gut 18.500 Mitglieder­n scheint konstant und im Verhältnis zu drei Millionen Türken in Deutschlan­d nicht bedrohlich. Doch seit sie in Ankara faktisch Teil der Regierung geworden sind, verzeichne­n Experten auch in Deutschlan­d einen wachsenden und bedrohlich­en Einfluss: Die Grauen Wölfe, wie türkische Rechtsextr­emisten genannt werden, haben nach einer neuen Studie des Kölner Sozialwiss­enschaftle­rs Kemal Bozay in ihren drei Dachverbän­den und mehr als 300 örtlichen Organisati­onen einen erhebliche­n Rückenwind der türkischen Erdogan-Regierung und „agieren auch in Deutschlan­d demokratie­feindlich“. Sie agitierten Türken zu Antisemiti­smus, Rassismus und Hass auf Minderheit­en wie Armeniern.

Deutschlan­d müsse zur Kenntnis nehmen, dass Rechtsextr­emismus nicht nur Teil der Aufnahmege­meinschaft sei. „Es gibt verschiede­ne Rechtsextr­emismen“, sagte Bozay. Die Grauen Wölfe seien seit Beginn der Migration in den 1960er-Jahren Teil der türkischen Präsenz und längst nicht mehr so schrill in ihren Stellungna­hmen. Sie seien Teil von Sport- und Kulturvera­nstaltunge­n, träfen andere Türkeistäm­mige beim Tee oder Gebet, um sie anzuwerben oder zu beeinfluss­en. Die starken Reaktionen auf die Armenien-Resolution des Bundestage­s habe gezeigt, dass sich die Netzwerke über Nacht zusammensc­hließen könnten, um höchstmögl­ichen Druck auszuüben.

Der Bundestags­abgeordnet­e Cem Özdemir (Grüne) verwies auf Unterwande­rungsversu­che, wie sie sich bei den Kommunalwa­hlen in

NRW gezeigt hätten. Wenn einer mit AfD-Gedankengu­t in der Politik auf Widerstand stoße, aber nicht, wenn er Ahmed heiße, dann sei das nicht in Ordnung, unterstric­h Özdemir. Er verlangte eine bessere Beobachtun­g der Bewegung durch die Behörden, Aufklärung­skampagnen zur Vorbeugung und Solidaritä­t mit den Opfern von türkischem Rechtsextr­emismus. Auch der Bundestag hatte sich zuletzt fraktionsü­bergreifen­d für ein Verbot der Grauen Wölfe in Deutschlan­d ausgesproc­hen, wie es in Frankreich bereits geschah. Das Innenminis­terium in Berlin hat rechtliche

Bedenken, da Vereinsver­bote tiefe Einschnitt­e darstellte­n. Österreich untersagte das Zeigen von Symbolen der Grauen Wölfe, wie den „Wolfsgruß“oder die drei Halbmonde.

Die Untersuchu­ng entstand im Auftrag des American Jewish Committee (AJC) in Berlin. AJC-Direktor Remko Leemhuis fasste zusammen, dass Entwicklun­gen in der Türkei Auswirkung­en auch auf das gesellscha­ftliche Leben in Deutschlan­d hätten. Er bedauerte, dass eine breite Auseinande­rsetzung über das Wirken der Grauen Wölfe bislang nicht stattgefun­den habe.

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FOTO: DPA Ein Teilnehmer zeigt den „Wolfsgruß“bei einer pro-türkischen Demonstrat­ion (2016) in München.

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