Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Der neue Datenschutz beim iPhone
Nutzer werden nun gefragt, ob Apps Infos über ihr Verhalten auswerten und teilen dürfen. Das hat nicht nur Vorteile.
DÜSSELDORF Von nun an können sich Nutzer von Apple-Endgeräten wie dem iPhone oder dem iPad besser gegen die digitale Auswertung ihrer Aktivitäten wehren. Verbände der Werbe- und Medienwirtschaft protestieren gegen das im neuen Betriebssystem iOS 14.5 vorgesehene App-Tracking-Transparency-Programm. Sie haben Beschwerde beim Bundeskartellamt eingereicht, Verbraucherschützer sehen das neue Angebot eher positiv: „Wenn die Nutzer selbst entscheiden, wie ihre Daten verwertet werden, ist dies doch ein Vorteil, selbst wenn man die hohe Marktmacht von Apple kritisch sieht“, sagt Wolfgang Schuldzinski, Chef der Verbraucherzentrale NRW.
Konkret können Apple-Nutzer künftig erst einmal grundsätzlich entscheiden, ob Tracking ihrer Daten erlaubt sein soll. Sofern sie zustimmen, müssen sie beim Laden jeder neuen App wiederum gefragt werden, ob bei deren Nutzung das breite Nachverfolgen von Nutzerdaten erlaubt sein soll. Dies funktioniert so, dass die Werbe-ID des Geräts (IDFA-Kennzahl) zum Verknüpfen von vielen gesammelten Informationen über mehrere Apps hinweg genutzt wird. Zumindest die amerikanische Analyse-Firma App Annie vermutet, dass rund 90 Prozent der Nutzer dem Tracken ihrer Daten künftig nicht mehr zustimmen werden, manchen scheint die Sorge übertrieben: „Um die hohen Gerätepreise zu rechtfertigen, will sich Apple als Marke mit einem besonderen Datenschutz profilieren“, sagt der Düsseldorfer Unternehmensberater Holger Neinhaus von der SMP AG: „Und wenn sie dabei einigen anderen Online-Konzernen wie insbesondere Facebook das Geschäft etwas erschweren, ist das Apple nur recht.“
Am heftigsten protestiert tatsächlich Facebook gegen die neuen Regeln. Denn das Netzwerk verdient sein Geld allein damit, seinen weltweit mehr als zwei Milliarden Nutzern möglichst passgenaue Werbung
einzuspielen und dabei auch Werbebanner auf Tausenden anderen Websites zu steuern. Dabei führt Facebook die Daten von Kunden so ungehemmt zusammen, dass das Bundeskartellamt dies als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung bewertet und ein entsprechendes Verfahren eingeleitet hat. So ist es auch kein Wunder, dass Kartellamtschef Andreas Mundt den Vorstoß von Apple im Prinzip begrüßt. „Eine Nutzereinwilligung für die Datensammlung vorauszusetzen, ist grundsätzlich eine richtige Überlegung“, sagte er unserer Redaktion schon im Januar.
Dabei ist selbst bei den neuen Apple-Regeln der Datenschutz weniger rigide als manche Bürger vermuten könnten. Ohne Zustimmung der Kunden ist zwar das beliebige Ausschlachten und Zusammenführen von Daten über mehrere Geräte und viele Websites hinweg verboten, eine App darf jedoch zielgerichtete Werbung platzieren und zu diesem Zweck Infos auf einem Gerät sammeln. Der Austausch von Infos „zur
Prävention von Betrug“ist erlaubt, so Apple. Außerdem darf eine App an eine Auskunftei Infos über die Zahlungsmoral von Nutzern weitergeben, so wie es auch jeder Onlineshop ohnehin tut.
Obwohl die meisten Kunden wohl froh sein dürften, dass insbesondere Facebook nun nicht mehr nahezu unbegrenzt Informationen über sie sammeln kann, müssen auch die Schattenseiten der Restriktionen gesehen werden: Kleinere Spezialanbieter werden es manchmal schwerer haben, interessierte Kunden zu finden. Nutzer mit speziellen Hobbys oder Interessen erhalten künftig häufiger Werbung zu sehen, die sie nicht interessiert anstatt relativ gut passender Angebote.
Damit ist konkret gemeint: Wer sich beispielsweise mehrfach Zubehör für sein Fahrrad über eine App bestellt hat, der erhält bei anderen Internetangeboten dann oft weitere solcher Offerten. Das kann nerven, aber manchmal ist das schlicht auch attraktiver als viele andere Werbemotive, die ihn oder sie nicht reizen.