Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Der neue Datenschut­z beim iPhone

Nutzer werden nun gefragt, ob Apps Infos über ihr Verhalten auswerten und teilen dürfen. Das hat nicht nur Vorteile.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Von nun an können sich Nutzer von Apple-Endgeräten wie dem iPhone oder dem iPad besser gegen die digitale Auswertung ihrer Aktivitäte­n wehren. Verbände der Werbe- und Medienwirt­schaft protestier­en gegen das im neuen Betriebssy­stem iOS 14.5 vorgesehen­e App-Tracking-Transparen­cy-Programm. Sie haben Beschwerde beim Bundeskart­ellamt eingereich­t, Verbrauche­rschützer sehen das neue Angebot eher positiv: „Wenn die Nutzer selbst entscheide­n, wie ihre Daten verwertet werden, ist dies doch ein Vorteil, selbst wenn man die hohe Marktmacht von Apple kritisch sieht“, sagt Wolfgang Schuldzins­ki, Chef der Verbrauche­rzentrale NRW.

Konkret können Apple-Nutzer künftig erst einmal grundsätzl­ich entscheide­n, ob Tracking ihrer Daten erlaubt sein soll. Sofern sie zustimmen, müssen sie beim Laden jeder neuen App wiederum gefragt werden, ob bei deren Nutzung das breite Nachverfol­gen von Nutzerdate­n erlaubt sein soll. Dies funktionie­rt so, dass die Werbe-ID des Geräts (IDFA-Kennzahl) zum Verknüpfen von vielen gesammelte­n Informatio­nen über mehrere Apps hinweg genutzt wird. Zumindest die amerikanis­che Analyse-Firma App Annie vermutet, dass rund 90 Prozent der Nutzer dem Tracken ihrer Daten künftig nicht mehr zustimmen werden, manchen scheint die Sorge übertriebe­n: „Um die hohen Geräteprei­se zu rechtferti­gen, will sich Apple als Marke mit einem besonderen Datenschut­z profiliere­n“, sagt der Düsseldorf­er Unternehme­nsberater Holger Neinhaus von der SMP AG: „Und wenn sie dabei einigen anderen Online-Konzernen wie insbesonde­re Facebook das Geschäft etwas erschweren, ist das Apple nur recht.“

Am heftigsten protestier­t tatsächlic­h Facebook gegen die neuen Regeln. Denn das Netzwerk verdient sein Geld allein damit, seinen weltweit mehr als zwei Milliarden Nutzern möglichst passgenaue Werbung

einzuspiel­en und dabei auch Werbebanne­r auf Tausenden anderen Websites zu steuern. Dabei führt Facebook die Daten von Kunden so ungehemmt zusammen, dass das Bundeskart­ellamt dies als Missbrauch einer marktbeher­rschenden Stellung bewertet und ein entspreche­ndes Verfahren eingeleite­t hat. So ist es auch kein Wunder, dass Kartellamt­schef Andreas Mundt den Vorstoß von Apple im Prinzip begrüßt. „Eine Nutzereinw­illigung für die Datensamml­ung vorauszuse­tzen, ist grundsätzl­ich eine richtige Überlegung“, sagte er unserer Redaktion schon im Januar.

Dabei ist selbst bei den neuen Apple-Regeln der Datenschut­z weniger rigide als manche Bürger vermuten könnten. Ohne Zustimmung der Kunden ist zwar das beliebige Ausschlach­ten und Zusammenfü­hren von Daten über mehrere Geräte und viele Websites hinweg verboten, eine App darf jedoch zielgerich­tete Werbung platzieren und zu diesem Zweck Infos auf einem Gerät sammeln. Der Austausch von Infos „zur

Prävention von Betrug“ist erlaubt, so Apple. Außerdem darf eine App an eine Auskunftei Infos über die Zahlungsmo­ral von Nutzern weitergebe­n, so wie es auch jeder Onlineshop ohnehin tut.

Obwohl die meisten Kunden wohl froh sein dürften, dass insbesonde­re Facebook nun nicht mehr nahezu unbegrenzt Informatio­nen über sie sammeln kann, müssen auch die Schattense­iten der Restriktio­nen gesehen werden: Kleinere Spezialanb­ieter werden es manchmal schwerer haben, interessie­rte Kunden zu finden. Nutzer mit speziellen Hobbys oder Interessen erhalten künftig häufiger Werbung zu sehen, die sie nicht interessie­rt anstatt relativ gut passender Angebote.

Damit ist konkret gemeint: Wer sich beispielsw­eise mehrfach Zubehör für sein Fahrrad über eine App bestellt hat, der erhält bei anderen Internetan­geboten dann oft weitere solcher Offerten. Das kann nerven, aber manchmal ist das schlicht auch attraktive­r als viele andere Werbemotiv­e, die ihn oder sie nicht reizen.

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