Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Keller ist nicht mehr tragbar
Die verbale Entgleisung von DFB-Präsident Fritz Keller wirft viele Fragen auf. Wie vertrauenswürdig im Sinne von 7,1 Millionen Mitgliedern das Präsidium eigentlich zusammenarbeitet, wenn der Vorsitzende seinen Vizepräsidenten in einer Sitzung mit NS-Richter Roland Freisler vergleicht, ist da fast nachrangig. Drängender ist da schon die Frage, wes Geistes Kind Fritz Keller ist, wenn ihm dieser Vergleich erst in den Sinn und dann über die Lippen kommt. Und ist jemand nach solch einem Fehler als DFB-Präsident noch tragbar? Die Antwort lautet: nein.
Niemand kann Nazivergleiche äußern und weiter als oberster Repräsentant des größten nationalen Sport-Fachverbandes der Welt agieren. Keller steht für alle Kinder und Jugendlichen, die im Verein Fußball spielen. Er steht für Kampagnen des DFB gegen Rassismus und Antisemitismus, für den Wert des Ehrenamtes und der Sozialisierung durch Sport. Wie soll er das tun, wenn er nicht in der Lage ist, in einer Diskussion seinem Nebenmann etwas anderes an den Kopf zu werfen als einen Vergleich mit einem NS-Schergen?
Deswegen wäre der Rücktritt die logische Konsequenz. Als Zeichen dafür, dass Keller Verantwortung übernimmt für etwas, das der Ausübung seines Amtes widerspricht. Doch einen Rücktritt schließt er aus. Er will weitermachen. Das ist eine zwar immer gängigere, aber falsche Argumentation bei Verfehlungen: Ja, ich habe einen Fehler gemacht, aber wenn ich zurücktrete, flüchte ich vor meinen Aufgaben. Das ist ein Irrtum. Nicht mit dem Rücktritt würde Keller seine Arbeit im Stich lassen. Das hat er bereits mit der Entgleisung in der Präsidiumssitzung getan. Nun hat er nur noch eine Aufgabe: weiteren Schaden vom DFB abzuwenden.