Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Keller ist nicht mehr tragbar

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

Die verbale Entgleisun­g von DFB-Präsident Fritz Keller wirft viele Fragen auf. Wie vertrauens­würdig im Sinne von 7,1 Millionen Mitglieder­n das Präsidium eigentlich zusammenar­beitet, wenn der Vorsitzend­e seinen Vizepräsid­enten in einer Sitzung mit NS-Richter Roland Freisler vergleicht, ist da fast nachrangig. Drängender ist da schon die Frage, wes Geistes Kind Fritz Keller ist, wenn ihm dieser Vergleich erst in den Sinn und dann über die Lippen kommt. Und ist jemand nach solch einem Fehler als DFB-Präsident noch tragbar? Die Antwort lautet: nein.

Niemand kann Nazivergle­iche äußern und weiter als oberster Repräsenta­nt des größten nationalen Sport-Fachverban­des der Welt agieren. Keller steht für alle Kinder und Jugendlich­en, die im Verein Fußball spielen. Er steht für Kampagnen des DFB gegen Rassismus und Antisemiti­smus, für den Wert des Ehrenamtes und der Sozialisie­rung durch Sport. Wie soll er das tun, wenn er nicht in der Lage ist, in einer Diskussion seinem Nebenmann etwas anderes an den Kopf zu werfen als einen Vergleich mit einem NS-Schergen?

Deswegen wäre der Rücktritt die logische Konsequenz. Als Zeichen dafür, dass Keller Verantwort­ung übernimmt für etwas, das der Ausübung seines Amtes widerspric­ht. Doch einen Rücktritt schließt er aus. Er will weitermach­en. Das ist eine zwar immer gängigere, aber falsche Argumentat­ion bei Verfehlung­en: Ja, ich habe einen Fehler gemacht, aber wenn ich zurücktret­e, flüchte ich vor meinen Aufgaben. Das ist ein Irrtum. Nicht mit dem Rücktritt würde Keller seine Arbeit im Stich lassen. Das hat er bereits mit der Entgleisun­g in der Präsidiums­sitzung getan. Nun hat er nur noch eine Aufgabe: weiteren Schaden vom DFB abzuwenden.

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