Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Alternativ­en aus Berlin oder Frankreich

Wie ist die Defensive aufgestell­t, welche Facetten fehlen, wer kann sie einbringen? Wir stellen Optionen vor.

- VON KARSTEN KELLERMANN UND JANNIK SORGATZ STACHE/DPA

Borussias Abwehr ist rätselhaft. Es gibt deutlich mehr Gegentore als in der Vorsaison. Dennoch verteidige­n die Gladbacher eigentlich gut, das Personal passt. Nico Elvedi hat seinen Vertrag bis 2024 verlängert, so lange gilt auch das Arbeitspap­ier von Stefan Lainer, Ramy Bensbaini ist bis 2023 gebunden. Drei Viertel der üblichen Viererkett­e sind also gebunden, mit dem letzten Viertel, Abwehrchef Matthias Ginter ist Manager Max Eberl in Verhandlun­gen, was über 2022 hinaus sein könnte.

Es gibt „Unwägbarke­iten“, doch sei er „sehr, sehr offen“zu verlängern, gab Ginter nochmal bekannt, nun gilt es, die Faktoren, die dem noch im Wege stehen, zu klären. Es würde sich sehr passend anfühlen, wenn es im Sommer in Anlehnung an Mönchengla­dbachs Kennzeiche­n und Ginters Initialien heißt: „MG - MG 2024“. Noch aber besteht auch die Option, dass Ginter geht.

Definitiv nicht mehr da ist in der neuen Saison Oscar Wendt, der nach zehn Jahren Borussia zu IFK Göteborg wechselt. Wendt war der Backup von Bensebaini und das nicht selten. Es braucht also einen guten Mann hinter dem Algerier. Eberl sollte daher versuchen, Valentino Lazaro von Inter Mailand fest zu verpflicht­en. Damit hätte er einen vielseitig­en Spieler im Kader, der auf den Seiten alles spielen kann. Zum Beispiel auch den Flügelvert­eidiger vor einer defensiven Dreierkett­e. Die lässt der künftige Gladbach-Trainer Adi Hütter in Frankfurt bevorzugt spielen.

Weswegen Eberl weniger nach einem Wendt-Ersatz als nach einem zusätzlich­en Innenverte­idiger Ausschau halten sollte, und das unabhängig davon, ob Ginter bleibt oder geht. Zwar kann auch Bensebaini den Job in einer Dreierkons­tellation machen, doch würde neben Tony Jantschke ein entwicklun­gsfähiger Ersatz gut tun. Talent Jordan Bayer ist mangels großer Perspektiv­e ein

Wechselkan­didat. Mit einem neuen Mann könnte Eberl die Defensive um ein paar Facetten erweitern.

Ginter und Elvedi haben „sehr ähnliche Stärken“, wie das Statistik-Portal „CreateFoot­ball“eruiert hat: Beide sind gute Passpieler, Ginter tut zudem viel für den Spielaufba­u, beide haben eine gute Zweikampf-, aber eine weniger gute Kopfball-Quote.

So wäre ein Verteidige­r hilfreich, der „noch mal andere Komponente­n verkörpert“, ein Mann, der mehr über die Physis kommt, der dem Gegner auch mal weh tut – wie einst Martin Stranzl. „CreateFoot­ball“hat sich deshalb anhand von Leistungsd­aten für uns auf die Suche nach Abwehr-Kandidaten begeben, die zu Borussia passen würde. Unter seinen vier Vorschläge­n befinden sich gleich drei Linksfüßer, sie wären sozusagen verspätete Nachfolger von Dante und Álvaro Dominguez, wobei die beiden ebenfalls für das standen, was Borussia mit Elvedi und Ginter bereits abdeckt.

Ein Name, den die zahlenbasi­erte Suche ausgespuck­t hat, ist der von Nayef Aguerd. Der marokkanis­che Nationalsp­ieler wechselte im vergangene­n Sommer von Dijon zu Stade Rennes. Eberl würde also mal wieder in Frankreich zuschlagen, wo wegbrechen­de TV-Einnahmen die Klubs neben der Corona-Krise zusätzlich geschwächt haben. Aguerd kommt zwar auch übers Passspiel, soll darüber hinaus aber wahnsinnig zweikampfs­tark sein und ist mit 25 noch entwicklun­gsfähig. Bei den Pässen mit Raumgewinn übertrifft er Ginter und Elvedi sogar statistisc­h gesehen.

Maximilian Wöber ist ebenfalls Linksfuß und spielt bei RB Salzburg. Der 23-jährige Österreich­er stammt aber aus der Jugend von Rapid Wien, ging als Teenager zu Ajax Amsterdam und versuchte bereits beim FC Sevilla sein Glück. Hütters Landsmann kann auch etwas am Ball, besticht aber vor allem durch seine Erfolgsquo­te im Luftzweika­mpf. Loic Badé überrascht in Frankreich mit Aufsteiger RC Lens, er wäre mit 21 Jahren der Mann mit dem größten Entwicklun­gspotenzia­l, Borussia soll ihn beobachtet haben. Doch Badé wird schon bei Schwergewi­chten wie dem FC Liverpool gehandelt.

Am Geld könnte es auch bei einem Kandidaten aus der Bundesliga scheitern. Felix Uduokhai wurde bereits fürs DFB-Team nominiert und ist der wertvollst­e Profi des FC Augsburg. Der 23-Jährige Linksfuß soll beim BVB auf dem Zettel stehen und wäre für Gladbach wohl nur als unmittelba­rer Ginter-Einsatz zu stemmen, falls der im Sommer geht.

Für Bundesliga-Erfahrung und finanziell­e Machbarkei­t steht deshalb einer, den nicht das Zahlenscou­ting ausgespuck­t hat, der aber schon aufgrund einer Ausstiegsk­lausel über fünf Millionen Euro in Borussias Gedankensp­ielen vorkommen sollte: Union Berlins Marvin Friedrich, 25 Jahre, 1,92 Meter groß. Oder Eberl fahndet in Elvedis Schweizer Heimat nach einer Alternativ­e: Leonidas Stergiou hat mit 19 schon 78 Spiele für St. Gallen gemacht. Er könnte bei Borussia weiter wachsen.

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FOTO: SOEREN Union Berlins Marvin Friedrich (r) gegen Borussias Marcus Thuram.

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