Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Finanzminister trifft Gladbacher Wirtschaft.
Lutz Lienenkämper (CDU) stellte sich auf Einladung des Landtagsabgeordneten Jochen Klenner digital den Fragen und Sorgen Mönchengladbacher Unternehmer. Digitalisierung, niedrigere Abgaben und raschere Verfahren waren die häufigsten Wünsche.
MÖNCHENGLADBACH Die Pandemie bringt viele Fragen mit sich, besonders wenn es ums Geld geht. Und so war der Kreis der Teilnehmer groß, als der Mönchengladbacher Landtagsabgeordnete Jochen Klenner (CDU) NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) und führende Unternehmer aus Mönchengladbach virtuell zusammenbrachte. Mehr als 70 hatten im Büro oder im Homeoffice ihre Bildschirme aufgeklappt, um unter dem Titel „NRW-Rettungsschirm und Neustart nach der Pandemie“ins Gespräch zu kommen. „In der Runde sind engagierte Unternehmer, die für eine fünfstellige Zahl an Arbeitsplätzen stehen“, betonte Klenner. Lob erhielt er von Rolf Königs, Chef der Aunde-Group und Borussia-Präsident. „Jochen Klenner ist der verlängerte Arm nach Düsseldorf zur Landesregierung“, so der Textilunternehmer.
Auch der Minister begann mit Lob: „Wenn man in Deutschland etwas über Strukturwandel lernen will, ist man in Mönchengladbach richtig.“Die Pandemie habe bestimmte Branchen in Schwierigkeiten gebracht, die Rückkehr zur Normalität, zu „Zutrauen und ermöglichen in der Sozialen Marktwirtschaft“sei jedoch nah. Als Hilfe habe man einen Rettungsschirm von 45 Millionen Euro aufgespannt. Schöpfe man den aber aus, warnte Lienenkämper, müssten zur Tilgung mehr als fünf Jahrzehnte lang jedes Jahr 500 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt entnommen werden. Das Ziel sei Wirtschaftswachstum wie vor der Krise. Wenn Verwaltung digitalisiert, Verfahren beschleunigt, die Akteure innovativ und nach vorne denken würden, „können wir am Ende sogar gestärkt aus der Krise kommen“.
Schnellere Planverfahren wünschte sich auch IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz und fragte zudem nach der Höhe der Grundsteuer und möglichen Entlastungen von Kommunen. Letzteres sei schwer, betonte Lienenkämper, da die Finanztöpfe auf allen Ebenen eher leer als üppig gefüllt seien. Bei der Grundsteuer habe man sich in NRW für das Bundesmodell und gegen eine Öffnungsklausel entschieden.
Königs betonte die „Renaissance der Textilindustrie“und bedauerte, dass die Produktion ins Ausland abgewandert sei. Nun gelte es, den „Lohntourismus
zu beerdigen“und Arbeitsplätze zurück nach Deutschland zu bringen. Die Textilfabrik 7.0 mit ihrer „ersten Heimat“im Monforts Quartier sei darauf ausgerichtet. Dass C & A dort demnächst Hosen produzieren wird, sei ein gutes Signal. Das freute auch den Minister. Hartmut Wnuck setzte nach. DerVorsitzender desWissenscampus, der im alten Polizeipräsidium realisiert werden soll, verwies auf das geplante Konzept aus Innovation, Transformation, Forschung sowie Bildung und bat darum, rasch das Bewertungsgutachten vorzulegen, damit die Stadt das Landes-Areal erwerben könne.
Frank Mund sprach für die rund 17.000 Handwerker in Mönchengladbach. „Die Betriebe leben von vitalen Innenstädten.“Deren Niedergang müsse gestoppt und seitens des Landes mehr investieren werden. Lienenkämper verwies auf ein Programm seiner Kabinettskollegin Ina Scharrenbach zur Stärkung der Innenstädte, das bald weiter auf 30 Millionen Euro aufgestockt werde.
Kritik gab es auch. Detlef Braun, Geschäftsführer der Textilakademie, beklagte, dass die Textilfabrik 7.0 mit Robotik und künstlicher Intelligenz zwar innovativ aufgestellt sei. Das Bewertungsverfahren im Revierpakt, Voraussetzung für Fördergelder, dauere aber bis zu vier Jahre und widerspreche damit Innovationszyklen. Die Digitalisierung stocke ebenfalls, sagte Braun und berichtete vonlangwierigem postalischen Schriftverkehr mit der Bezirksregierung. Claus Schwenzer (Effertz-Tore) kannte Ähnliches von der NRW-Bank, wo Anträge nur in Papierform und nicht digital gestellt werden dürften. Lienenkämper teilte die Kritik und versprach zudem, sich für die Industrie einzusetzen: „Ohne sie lässt sich auch der Klimaschutz nicht finanzieren.“Wenig Hoffnung konnte er hingegen Projektentwickler Martin Dornieden machen, der eine Absenkung des einst von Rot-Grün auf maximale 6,5 Prozent gehobenen Grunderwerbsteuersatzes ansprach.